17. Sturmregiment Kaas
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 Der perfekte Moment

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van_Arden

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BeitragThema: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptySa Aug 09, 2014 12:51 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment

Das Publikum applaudiert nicht

Der Wind kitzelte die Nase der Offizierin. Auf Jaguada herrschte oft Wind, eine hervorragende Wetterlage, um einem Scharfschützen die Arbeit schwer zu machen - oder zumindest das Training mit einigen unvorhergesehenen Details zu versehen. Dieser Planet war in vielem ein ziemlicher Gegensatz zu Dromund Kaas, an dessen feuchtwarmes Klima die meisten der Sturmregimentler gewöhnt sein dürften. Hier war es auch warm, aber viel weniger feucht von oben, ein Umstand, den Lienas van Arden gar nicht als so schlecht empfand.
Der Dschungelregen auf Kaas konnte einem auch irgendwann ziemlich auf die Nerven gehen, vor allem, weil er ungern aufzuhören schien. Die Tage, an denen es im Standardjahr auf Kaas nicht regnete, konnte man vermutlich an einer Hand abzählen. Einer der Mundwinkel der Frau mit dem Milchcafteint zuckte leicht empor. Wann war sie das letzte Mal lange genug auf Kaas gewesen, um Unterschiede in der Wetterlage wirklich festzustellen? Selbst nach der letzten Abkommandierung in die Kaserne des 17. Sturmregiments hatte sie allem Beachtung geschenkt ausser dem Wetter. Es war auch einfach zu viel zu tun gewesen. Neue Gesichter, dazu die Namen auswendig zu lernen. Die Funktionen. Die vielen technischen Probleme in ihrem Quartier, dessen Vorbewohner offensichtlich eine Menge wirklich mieses Karma zurückgelassen hatte. Die ersten Ausbildungseinheiten mit PFC Jiros, die ersten Bekanntschaften.

Das Wetter irgendwann als die einzige Konstante in einer sich ansonsten schnell verändernden Welt anzusehen, kam ihr in diesem Moment vor wie stiller Hohn. Jahrelang war es von entscheidender Bedeutung gewesen, auf das Wetter zu achten und heute ließ sie sich gehen. Still richtete sie den Blick durch das auf ihrem treuen Gewehr montierte Zielfernrohr auf das Trainingsziel, welches sich in zwei Kilometern Entfernung bewegte. Der Schießwart von Fort Asha hatte ihr ein Geländeteil zugewiesen und ebenso eine Holodrohne ausgeliehen, damit sie trainieren konnte - wenngleich der stille Protest darüber, dass er einer Einheitsfremden ein solches Gerät aushändigen musste, und dazu einer Scharfschützin, seinem feisten Gesicht anzusehen gewesen war.
Aber auch ein Scharfschütze musste trainieren, um das Gefühl für den perfekten Moment nicht zu verlieren. Diesen Augenblick vollkommener körperlicher Stille, in der alle Eventualitäten in den Schuss eingeplant waren, damit dieser nicht fehlging. Wetter, Windrichtung, Bewegung des Ziels, Entfernung, Atmung des Schützen.

Die Monate, in denen sie eben jene Technik erlernt hatte, schienen ein halbes Leben lang zurück zu liegen, so weit entfernt, dass die Lienas von damals ein anderer Mensch gewesen war. Ein unschuldigerer Mensch in jedem Fall. Einer mit einem deutlicheren Gewissen, mit einem klaren Ziel im Leben. Heute konnte sie nur darüber schmunzeln, was sie sich vor einigen Jahren noch für Vorstellungen gemacht hatte. Denn jede einzelne Hoffnung war an der Realität zerschellt, hatte sich in harten Einsätzen bewahren müssen und war dann doch untergegangen. Damals hatte sie eine der besten Agentinnen des Imperialen Geheimdienstes sein wollen und heute? Heute ließ sie sich gehen, ganz passend zum laxeren Umgang auf dem Stützpunkt und den allgegenwärtigen Befindlichkeiten seiner Bewohner.
Sie korrigierte die Haltung mit einem Zeh, den sie in ihren dünnen Stiefeln gegen den Boden stemmte, Spannung im rechten Bein aufbaute, um sich unmerklich zu verlagern. Als der Atem wieder ungehindert durch die Nase in die Lungen floss, war sie zufrieden. Die Haltung war so, wie sie sein sollte, jetzt fehlte nur noch das Ziel.

Hatte sie noch ein Ziel? Es war ihr in den letzten zwei Jahren, nachdem sie den aktiven Dienst im IGD nach dessen Zusammenbruch verlassen und sich ins Militär hatte eingliedern lassen, verloren gegangen. Sicher, sie leistete nützliche und sehr imperiale Arbeit. Die Soldaten, welchen sie Überlebnstechniken und schmutzigen Kampf beibrachte, hatten eine höhere Chance, im Feld zu überleben. Das machte sie allerdings nicht immun gegen idiotische Vorgesetzte, denen es egal war, wieviel menschliches Material beim Erreichen ihrer Ziele über die Klinge sprang.
Idiotische Vorgesetzte ... Ganz sicher war sich Lienas nicht, ob sie Captain Stryder-Garrde in diese Kategorie einordnen sollte. Er hatte durchaus gute Ideen, aber schien gleichzeitig einen dermaßen großen Stock im Arsch zu haben, dass er mit dem Hintern einriss, was er mit beiden Händen aufgebaut hatte. Der unsägliche Tittenheftbefehl, das Strafexerzieren aus einer Nichtigkeit heraus, sein Hurrapatriotismus sprachen Bände. Andererseits dachte er taktisch, und das hatte er den anderen aus der 'Idioten'-Kategorie voraus. Es würde wohl mehr Beobachtung vonnöten sein, bevor sie sich bezüglich Stryder-Garrde entscheiden würde.

Das Holobild des Ziels zuckte wieder die felsige Landschaft entlang, und dieses Mal folgte Lienas den Bewegungen mit ihrem Blick. Noch einige Meter weiter links und es wäre in einer geeigneten Schussbahn. Warum Lord Tragos sie für seine Einheit angefordert hatte, war ihr nach wie vor schleierhaft, aber wer konnte schon die Motive eines Sith wirklich ergründen? Derartiges hatte sie sich seit langem abgewöhnt, sondern weitaus mehr darüber nachgedacht, wie man Machtnutzer töten konnte. Im Leben eines Agenten waren auch solche Aufträge Teil der Routine, wenngleich die wenigsten von einer solchen Mission zurückkehrten.
Bislang war ihr Dienst im Sturmregiment eine Farce. Ein Schauspiel, bei dem sie den kompetenten Offizier ohne Zweifel an ihrer Mission gab, ohne Applaus und ohne Zwischenrufe des wenig begeisterten Publikums.
Es würde dauern, sich mit der Einheit zu sozialisieren, das war ihr von Anfang an klar gewesen, wie alles dauerte, das ein brauchbares Ergebnis liefern sollte. Ein Scharfschütze musste Geduld haben, sehr viel Geduld, und ein gutes Gefühl für den richtigen Zeitpunkt.
Als sich ihr Zeigefinger um den Abzug krümmte und das Übungsprojektil auf den Weg schickte, wusste sie im Augenblick des Feuerns, dass es sein Ziel treffen würde. Mit den Jahren bekam man ein Gefühl für einen sicheren Treffer.

Während das Holoziel mit einem Piepser auf ihrem Handcomp den Treffer meldete, richtete sie sich bereits auf und sicherte ihr Gewehr. Wieder kam Wind auf, wirbelte der Offizierin jaguadanischen Staub entgegen. Das Training hatte den gewünschten Effekt gehabt, ihr Kopf war wieder leer, die Routine hatte etwas tröstliches gehabt. Und nun zurück zum Dienst, zurück auf eine Position, die sie sich nie gewünscht hatte. Aber welcher Schlachtplan überlebte schon den ersten Kontakt zum Feind? Genauso war es mit Hoffnungen, Träumen und Wünschen.
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyDi Aug 19, 2014 2:16 pm

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Voll ange'chiss'en

Die Morgensonne schickte bereits ihr erstes Licht über den Stützpunkt von Fort Asha und tauchte die Gebäude in einen warmgoldenen Schimmer. Selbst die militärische Zweckmäßigkeit der Anlage wirkte in diesem Augenblick ein wenig schöner und augenfälliger als sonst. Und die Morgen hatten einen großen Vorteil: Um diese Zeit schliefen viele noch.
Die kürzlich vom Rekruten zum regulären Private beförderten Soldaten mussten sich noch an das harte Wach- und Schlafprogramm gewöhnen und nutzten jede freie Minute, um sich zu erholen. Die Veteranen der drei stationierten Einheiten hatten längst gelernt, zu jeder Zeit und an jedem Ort zu schlafen, und erholten sich durch den regelmäßigeren Dienstrhytmus von den Strapazen der letzten Monate.

Lieutenant Lienas van Arden gehörte weder zu den Langschläfern noch zu den Frühaufstehern, aber sie hatte die Stille auf dem Stützpunkt zu schätzen gelernt, wenn der Morgen gerade zu dämmern begann. Nach den etwas feuchten letzten Tagen genoss sie es, nur die Kühle des beginnenden Tages und den auf Jaguada immer herrschenden Wind als Begleiter zu haben. Für einen ruhigen Trainingslauf waren das nahezu ideale Bedingungen, und sie hatte alle Straßen des Stützpunktes für sich.
Allenfalls eine nächtliche Wachpatroullie kreuzte ab und an ihren Weg, aber die meisten der Soldaten vom Wachdienst hatten sich bereits an sie gewöhnt. Sie lief täglich, um den Kopf zu klären und fit zu bleiben, versuchte ihrem Drang nach Aktion durch Sport beizukommen. Und in den letzten Tagen war es auch einfach eine leichte Form, ihren wachsenden Frust zu bewältigen.

Ihr letzter Zusammenstoß mit Lieutenant Colonel Ral'esse hatte wieder einmal eines deutlich bewiesen: Im Sturmregiment regierten vor allem die Logistiker. Nicht nur, dass die Chiss-Offizierin Lienas vor den neugierigen Augen zweier Privates aus der 193., einer Zivilistin mit lila Haaren, Corporal Devron, Sergeant Morrison und Private Merraru für einen schlichten Fehler beim Ausfüllen irgendeines Antragsformulars öffentlich und lautstark gerügt hatte - nein, sie hatte sich auch vollkommen uneinsichtig gebärdet.
Dass die Lieutenant Colonel mit derartigem Verhalten nicht nur das Ansehen, sondern auch die Autorität einer Offizierskollegin beschädigte, schien ihr nicht einmal klar zu sein. Oder es war ihr einfach vollkommen egal. Das etwas später folgende Vier-Augen-Gespräch war dann auch entsprechend unangenehm gewesen. Lienas hatte es höflich versucht, danach nachdrücklich, und es dann aufgegeben - nicht ohne eine bewusste Provokation auszusprechen, um zu sehen, wie weit die Logistikerin gehen würde.

Was darauf gefolgt war, konnte man nur den Föhn des Jahres nennen: Die Chiss hatte die Lieutenant in dermaßen heftiger Lautstärke angebrüllt, dass man es sicher auch noch auf dem Flur vor dem Büro gehört hatte. Auch wenn sich Lienas im Klaren darüber war, dass sie einen Teil des Anschisses durch ihren Vorschlag herausgefordert hatte, die LtCol möge sie, wenn sie schon an ihrer Ansicht nicht interessiert sei, einfach die nächsten zehn Minuten föhnen, damit beide wieder zu ihrem Dienst zurückkehren könnten, war die Heftigkeit der Eskalation doch erschreckend für sie.
Gerade bei einer Chiss. Mehrfach hatte Ral'esse ihr angetragen, sie möge doch zur Republik desertieren, weil man dort mehr Bedarf für Schwätzer wie sie habe - und einiges dieser Art mehr. Letztendlich hatte sie ihr sogar nahezu wortwörtlich gesagt, sie haben sich das Recht, ihre Untergebenen zu drangsalieren, durch das Erreichen ihres Ranges verdient.
Die Offizierin mit dem Milchcafteint hob einen Mundwinkel zu einem schiefen Schmunzeln, während sie am Archiv vorbei lief, auf die Villa von Darth Lantis zu. Vor dem Zugang mussten sich zwei Wachsoldaten durch dekoratives Herumstehen die Nacht vertreiben, und sie grüßte sie wie üblich mit einem Salut, bevor sie in Richtung der Gästequartiere abbog.

Diese Desertionsempfehlungen waren es letztendlich gewesen - und auch das unstatthafte Verhalten der LtCol vor den Augen von Untergebenen - die sie zu einer Beschwerde bei ihrem Vorgesetzten gebracht hatten. Nicht, dass sie davon ausging, dass Captain Stockimarsch Stryder-Garrde irgend etwas tun wurde, dafür fraß er der LtCol mit all ihrem Formularwahnsinn viel zu sehr aus der Hand. Im schlechtesten Fall würde es von ihm auch noch einen auf den Deckel geben - aber sie würde nicht aufhören, sich gegen diesen Verwaltungsirrsinn zur Wehr zu setzen.
Nicht, seitdem ihr LtCol Ral'esse einen Teil der Kosten für das huttische Abmunitionieren beim letzten Schießtraining aufgebrummt hatte. Logistiker verstanden nicht, dass es egal war, ob Energiezellen in drei, zwei oder einer Woche abliefen. Keine Einheit, die bei Verstand war, würde solche Munition mit in den Einsatz nehmen, es war viel zu risikobehaftet. Kein Soldat wollte im Kampf feststellen, dass sein Blastergewehr anstelle einer tödlichen Salve nur noch einen trockenen Furz von sich gab - oder Schlimmeres.

Seitdem hatte sie es vermieden, LtCol Ral'esse zu begegnen, so weit es ging. Sie würden nie miteinander auskommen, und da war es gesünder, den Kontakt zu vermeiden. Vergessen würde sie das Verhalten der Logistikerin jedenfalls nicht - und noch war sie der Versuchung standhaft gegenüber, alte Kontakte zu bemühen und in der Vergangenheit der missliebigen Chiss wühlen zu lassen.
Auch die Stimmung innerhalb der Truppe gefiel ihr noch nicht. Zwar hatten die meisten brav die Veranstaltung von Corporal Devron besucht, bei der er die Inhalte des Medkits MK I erklärt hatte - und wie man damit umging. Es war sogar recht erheiternd gewesen sich auszudenken, welche der Einzelteile man am besten nutzen konnte, um jemanden umzubringen. Sie vermutete ja, dass der Corporal insgeheim durch die kreativen Ideen der Teilnehmer amüsiert gewesen war, doch war er stets professionell geblieben und hatte den Kurs souverän geleitet. Dass Specialist Thundersoul dem jungen Zabrak-Söldner Garrm nach dem Kurs irgendwelche Worte auf Basic beigebracht hatte, war eigentlich nett gemeint gewesen. Aber es hatte sich in dem Moment gerächt, als Garrm sein neu erworbenes Wissen sofort bei Sergeant Morrison anzubringen versucht und sie mit 'Schnalle' tituliert hatte.

Keine Frage, dass die Sergeant davon nicht begeistert gewesen war - und Lienas hatte von dem sich um das unpassende Wort entspannenden Diskussion noch einen Ausläufer abbekommen, indem sich Thundersoul in ihre Richtung verplappert hatte. Auf ein "Sir, Schnalle, Sir" hatte sie ihn schließlich disziplinieren müssen, innerlich den Kopf schüttelnd. Thundersoul war schon mehrfach negativ aufgefallen, und sie würde sich wohl um diese offene Baustelle selbst kümmern müssen, wenn sie harte Konsequenzen vermeiden wollte. Mit weit ausholenden Schritten passierte sie das Kasernengebäude und lief über den Vorplatz, auf dem vor dem letzten Schießtraining das Aufstellen so schiefgelaufen war.
Was würde wohl das nächste sein? Würde sie irgendwann wirklich hart durchgreifen müssen? Im Augenblick war sie noch dabei, ihre Untergebenen, Kollegen und die Mitglieder der anderen Einheiten kennen zu lernen, um sich ein besseres Bild machen zu können. Doch sagte ihr eine leise Stimme, dass eine Konfrontation bevorstand, selbst wenn sie nicht ahnte, welche es sein würde. Es lag etwas in der Luft. Doch auch als sie die nächste Runde über das Gelände des Stützpunktes lief, wollte ihre Intuition nicht verraten, was es sein würde. Sie würde Geduld haben müssen...
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyFr Sep 05, 2014 3:12 pm

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Drei Dinge

Die Leuchtziffern des Weckers sprangen auf 0521. Irgendwo in jenem riesigen Gebäude, das einst ein Hotel gewesen war und nun als Kasernenersatz auf Fort Asha diente, knackten und knarzten die verbauten Metalle leise vor sich hin. Ansonsten war es still, und Lienas van Arden richtete den Blick an die Decke ihres Quartiers, das nur schwach von den türkisfarbenen Leuchtziffern erhellt wurde. Was für die meisten Menschen nur eine Ansammlung dunkler Konturen gewesen wäre, die man im nahezu vollständigen Dunkel mehr ertasten musste als sehen konnte, erschien vor den Augen der Offizierin als klare Landschaft mit Höhen und Tiefen, innerhalb derer sie sich jederzeit gut orientieren konnte.

Als Kind hatte sie ihren Vater dafür gehasst, dass er sie in das Forschungsprogramm geschleust hatte, welchem sie ihre außergewöhnlichen Augen verdankte. Denn unter Gleichaltrigen war sie ein Freak gewesen, und innerhalb einer Gesellschaft, für die Anpassung und Konformität sehr wichtig waren, erwies sich der vermeintliche Vorteil für eine Heranwachsende als Qual. Erst sehr viel später war ihr bewusst geworden, mit welcher Absicht ihr Vater gehandelt hatte und dass ihre verbesserte Dämmerungs- und Nachtsicht tatsächliche Vorteile waren. Vor allem im Einsatz.
Jetzt ließ sie einfach nur den Blick durch den ansonsten dunklen Raum schweifen und atmete den zart-süßen Duft der Pflanze auf ihrem Regal ein, die sich weidlich Mühe gab, aus dem eher nüchternen Raum eine Art Zuhause zu machen. Einschlafen würde sie ohnehin nicht mehr, und spätestens um 0545 würde sich der Wecker bemerkbar machen. Seit das Sturmregiment auf Jaguada stationiert war, hatte sie sich den Gepflogenheiten des Stützpunktes weitgehend angepasst, und um 0600 wäre es Zeit für den Morgenlauf von Staff Sergeant Limsharn.

Eigentlich brauchte sie das Training nicht, aber wenn man den Tag schon damit beginnen konnte, den knackigen Hintern eines gut gebauten Spezialsoldaten dabei beobachten zu dürfen, wie er sich unter seiner Trainingshose immer wieder im Laufen vorteilhaft anspannte, wäre sie die letzte gewesen, die dazu nein sagte. Und es half auch ohne Caf wach zu werden.
Um ihren noch vom Schlaf müden Kopf in Schwung zu bringen, griff die Offizierin auf ein Gedankenspiel zurück, das sie schon sehr früh während ihrer Geheimdienst- Ausbildung gelernt hatte: Sie rief sich das Gesicht und den Namen einer beliebigen Person aus ihrem Umfeld vor Augen und versuchte, dieses Gesicht mit drei Dingen zu verbinden, die Persönlichkeit und Gewohnheiten widerspiegelten. So konnte man über längere Zeit hinweg sehr zutreffende Profile erstellen, die man so leicht nicht vergaß, vorausgesetzt, man hatte wie Lienas einen Sinn für visualisiertes Erinnern.

0526. Staff Sergeant Limsharn war ein leichter Einstieg. Zu ihm passte seine bevorzugte Waffe, der 'Läuferlocher', wie die Faust aufs Auge. Seit er sie bei ihrer letzten Schießübung einmal damit hatte schießen lassen, respektierte sie ihn für seine Arbeit noch ein Stückchen mehr. Mit einer ADLR-55 dauerhaft umzugehen erforderte nicht nur Geschick, sondern vor allem eine ruhige Hand. Sein zweites Ding war ein pinker Cocktail - den Drink, den er ihr nach ihrer letzten perfekten 10 auf dem Schießstand ausgegeben hatte und für seine generell offene und lockere Art stand.
Und Magnesiumpulver, das beide verwendeten, wenn es ans Nahkampftraining ging. Es war so viel angenehmer, wieder mit einem ebenbürtigen Sparringspartner unterwegs zu sein als sich dauernd zurückhalten zu müssen. Und Limsharn schien ebenso wie sie selbst jemand zu sein, der sein Wissen aus allen möglichen Ecken erwarb, um es irgendwann passend einzusetzen, was die Kämpfe umso herausfordernder machte.

0528. Eine weitaus schwierigere Kandidatin war Sergeant Sapphire Morrison für ihr Spiel. Sie taten zwar gemeinsam Dienst und sie hatte immer wieder mit ihr zu tun, doch wirklich vieles wusste sie nicht über die Persönlichkeit der Blondine. Eine Chipkarte, welche Zugang zu einem Apartment gewähren würde, war das beherrschende Symbol für sie, da sie von einer eigenen Wohnung auf Kaas träumte. Dazu die imperiale Uniform - der Dienst war dem Sergeant wichtig, ebenso darin gute Leistungen zu bringen. Und eine Gürtelschnalle, den Lienas mit jenem Wortwechsel verband, bei dem Morrison von Söldner Garrm mit dem Begriff 'Schnalle' angesprochen worden war. Dennoch eine reichlich blasse Liste, die sie noch ausbauen wollte. Es würde sicher Zeit brauchen, mehr von ihr kennen zu lernen, denn trotz ihrer offenkundig freundlichen Art hielt sie privates gut unter Verschluss. Eine mustergültige Imperiale, und doch, Abgründe schleppte jeder mit sich herum.

0533. Die Minuten waren verstrichen, während sie die Gesichter der Mitglieder ihrer Einheit durchging und zu jedem mindestens einen Gegenstand hinzufügte. Die Bilder von Captain Stryder-Garrde hatte sie korrigieren müssen. Neben einer dicken Akte - nach wie vor war der Captain für sie ein Vorschriftsfetischist und Aktengläubiger, was sich wohl auch nie ändern würde - und der Uniform, die bei ihm wie bei Morrison für seine Dienstmotivation und Korrektheit stand, erhielt er ein neues Ding in ihrer inneren Zuordnung: Eine ausgestreckte Hand, die er geschüttelt hatte, als die erste Trainingsstunde vorübergegangen war.
In diesem harten Hund steckte also doch mehr als der stocksteife Langweiler, und das war gut so. Sie würde bei seiner derzeitigen körperlichen Verfassung einige Monate mindestens mit ihm trainieren müssen, um seine wegen des fehlenden Lungenflügels miserable Kondition langsam aufzubauen. Wenn in seinem Kampfstil Überraschungen verborgen waren, würde es deutlich mehr Spaß machen.

0539. Seufzend rollte sie sich aus dem Bett und streckte sich im Stehen, bevor sie den Wecker deaktivierte und den Nebenraum ansteuerte. Schnell schlüpfte sie aus ihren Schlafshorts und dem Shirt, schlüpfte unter die Dusche und drehte sie auf die geeignete Temperatur, um Krebse zu kochen. Der empor wabernde Dampf ließ sie schmunzeln. PFC Avanum Jiros hatte den Wink bei der letzten Trainingseinheit verstanden und die Umgebungsvorteile genutzt - er begann, die richtige Sicht für seine künftige Arbeit zu entwickeln, und das war gut so. Manche lernten es nie, manche nur begrenzt. Er zeigte Talent - was für sie als Lehrende immer die beste Möglichkeit war, jemandem Wissen beizubringen.
Jiros' Dinge hatte sie schnell zur Hand: Seine Uniform - auch bei ihm ein Sinnbild für Pflichtbewusstsein - die Zigarre, die er neulich geraucht und zum ersten Mal richtig genossen hatte (wie konnte man auch Zigarren mit einem Feuerzeug anzünden!) und der Helm, den er bei ihrer ersten Begegnung auf Kaas getragen und sich darunter verborgen hatte, Symbol dafür, dass man bei ihm mit Überraschungen rechnen musste. Andere mochten glauben, dass Jiros leicht einzuschätzen sei, sie wusste es besser.

Während sie den Seifenschaum abwusch, die Dusche ausschaltete und nach ihrem Handtuch griff, warf sie einen Blick in den Nachbarraum. 0543. Der andere Captain - Carsson Thrace - war auch so ein Kandidat für Fehlbeurteilungen. Neben seinem unvermeidlichen Cafbecher - der zum einen für seine Gewohnheit, Unmengen Caf zu konsumieren, aber auch für eine gewisse vermutete Dienstmüdigkeit des Offiziers stand - hatte sie zunächst nicht vieles finden können, um ihn angemessen zu beschreiben. Eine Regenwolke für die meistens eher düstere Stimmung, die er mit sich herumschleppte? Oder dann doch lieber eine Rolle Klopapier dafür, dass man ihn mit gut gezielten trockenen Sprüchen zum Lachen bringen konnte?
An jenem Abend im HQ, an dem sie mit Limsharn herumgeblödelt hatte, war ihr zum ersten Mal bewusst geworden, dass sich auch der andere Captain offensichtlich sehr stark im Griff behielt, um nicht zu viel Emotionalität anderen gegenüber zuzulassen. Während sie selbst einen Lachanfall durchstehen musste, hatte er allenfalls dezent in seinen Caf geprustet. Dabei war es ein so guter Spruch gewesen!

0547. Das Handtuch flog in eine Ecke, danach streifte sie sich gähnend ihre Trainingssachen über. Für gewöhnlich nahm sie die Distanz zwischen ihrem Quartier und dem Startpunkt des Morgenlaufes im Laufschritt, heute war sie zu früh dran und konnte sich Zeit lassen. Die nächsten Tage würde sie hoffentlich auch ihr Com zurückerhalten, das derzeit von PFC Logan Saspirinowitsch repariert wurde.
Der Techniker hatte seine drei Dinge nach und nach erhalten - zum einen sein Werkzeug, das seine Arbeitsweise bestimmte und mit dem er wohl alles reparieren konnte, was man ihm vor die Füße schippte, inclusive Klimakontrollen. Zum anderen ein Swoopbike dafür, dass in diesem vorgeblich linientreuen Imperialen ein Kopf steckte, der sich Regularien ungern unterwarf. Dazu ein 'Erbauungsheft' für die vielen gemeinen Fragen, die er ihr zu Captain Stryder-Garrdes unsäglichem Befehl gestellt hatte und die seinen hintergründigen Humor bewiesen.

Kurz grinsend verließ sie die Kaserne und trabte über den Hof, der noch etwas übernächtigt wirkenden Laufgruppe entgegen. Wenigstens das Tittenheftproblem hatte sich in der letzten Zeit gelegt, nachdem sich die Wogen etwas geglättet hatten - und Miss Karamasowas Versuchen, sie als Model für die bereinigte Version imperialer Erbauungshefte zu gewinnen, würde sie auch irgendwie ausweichen. Lienas hob die Hand und begrüßte die Läufer, bevor sie die letzten Gedanken aus ihrem Kopf wischte und sich dem Training widmete. Ein neuer Diensttag hatte begonnen.
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyMi Sep 10, 2014 5:42 pm

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Nur einige Worte

"Das ist doch alles gequirlter Banthamist!" Mit einem lauten Krachen landete ein ganzer Stapel Flimsi an der dem Schreibtisch gegenüber liegenden Wand und rutschte danach zu Boden, um sich auf dem imperiumsroten Teppich dekorativ zu verteilen. Ansonsten herrschte Stille im Büro des Lieutenants, schwer lastende Stille. Die Offizierin mit dem milchcaffarbenen Teint starrte halb genervt, halb verärgert an die Wand und konnte sich nicht dazu aufraffen, die auf dem Boden verteilten Akten wieder aufzuheben.
Dafür hätte sie aufstehen müssen, alles aufsammeln, weiterarbeiten. Zu keiner der drei Handlungen hatte sie an diesem Tag auch nur ansatzweise Lust oder auch nur ein bisschen übrige Energie. Es schien, als hätte sich all ihre restliche verbliebene Kraft in diesem Wutausbruch verbracht - jetzt saß sie nur auf dem Schreibtischstuhl und starrte ins Leere.

Ein Fiepen ihrer Arbeitskonsole riss sie aus den schon seit Stunden kreisenden Gedanken und ließ sie die eingegangene Nachricht aktivieren. Wieder Elira, wieder dasselbe Thema. Wieder eine Nachricht, auf die sie keine Antwort wusste und doch eine schreiben musste. Langsam fuhr sich Lienas durch das kurz geschnittene, hellblonde Haar und lehnte sich im Stuhl zurück. Warum wandte sich Elira an sie? Was sollte sie der jungen Ehefrau ihres Bruders Arric schon schreiben können, ausser dass sie nichts tun konnte und ebenso abwarten musste wie sie selbst?
Mit einem Seufzen neigte sie sich vor und stützte die Stirn in ihre Handfläche. Es gab vieles, das sie bisher in ihrem Leben hatte aushalten müssen und überstanden hatte. Genug knallharte Einsätze, genug Augenblicke mit Todesgefahr, genug Stunden, in denen sie ihren Führungsoffizier verflucht hatte, weil ihr erneut ein scheinbar unlösbares Problem vor die Füße geknallt war. Und doch, sie hatte alles überlebt, und die meisten Sachen irgendwie bewältigt. Aber das?

"... ich die Mitteilung vom Kriegsministerium erhalten, dass Arrics Status auf MIA geändert wurde. Seit zwei Wochen ist das schon so und sie haben mir nichts vorher gesagt! Was soll ich tun, Lienas?"
Nur einige Worte, die dennoch alles geändert hatten. Elira, die sich nicht an Arrics Mutter, sondern an seine ältere Schwester gewendet hatte, weil sie wusste, dass diese einmal beim Geheimdienst gewesen war und nun hoffte, sie könnte mehr herausfinden als das, was in der offiziellen Mitteilung stand. Wieder hatte Lienas diesen bitteren Geschmack der Hoffnungslosigkeit auf der Zunge.
Arric. Missed in Action. Das konnte alles bedeuten, und es ließ alles offen. Ihre eigene Erfahrung jedoch sagte mit einer schneidenden, nicht zu überhörenden Stimme, dass MIA sehr schnell zu einem KIA werden konnte. Vor allem bei einem Brückenoffizier eines Imperialen Schlachtschiffs. Natürlich hatte sie nachgeforscht - das ganze verdammte Schiff war verloren gegangen.

Der perfekte Moment Lienas_van_arden_brueder

Tief durchatmend zog sie mit einer Hand das Datapad heran, auf dem sie ihre persönlichen Unterlagen aufbewahrte - auch die Bilder ihrer Familie. Vor einem halben Jahr hatten sie es tatsächlich einmal geschafft, ein Bild aller drei van Arden-Kinder gemeinsam aufzunehmen, in Uniform, sogar lachend.
Arric mit seinem verhaltenen Schmunzeln, der gerade die Beförderung zum Commander erhalten hatte und als frisch Vermählter noch einige wenige Tage mit seiner Frau Elira verbrachte, bevor er wieder auf seinen Posten zurückkehren musste. Lienas, deren Schiff wegen einer Routineaufgabe über Kaas gelegen und die damals noch als Ausbilderin für Spezielkräfte ihre Vorgesetzten auf der Emperor's Strength in die Verzweiflung getrieben hatte. Und der immer gut gelaunte Loran, der noch auf den Transfer zu einem neuen Posten wartete und die Gelegenheit zum Heimaturlaub weidlich ausgenutzt hatte.
Drei Geschwister, die nicht hätten unterschiedlicher sein können, und doch so ähnlich waren, vom hellen Haar dieser drei einmal abgesehen. Mit einem energischen Tastendruck deaktivierte sie das Datapad und legte es beiseite. Schrieb einige freundliche, aber neutrale Worte an Elira, die ihr ohnehin in zwei Stunden die nächste panikerfüllte Nachricht schicken würde. Am liebsten hätte sie ihr geschrieben, sie solle sich an das Gefühl gewöhnen. Man heiratete keinen Flottenoffizier, ohne zu wissen, dass man sein Leben die meiste Zeit alleine führen musste. Aber auch das brachte Lienas nicht übers Herz.

Arric. Der kleine Arric, zwei Jahre jünger als Lienas, der ihr immer nachgerannt war, ihre Spielsachen geklaut hatte und erst in seiner Pubertät zu einem ernsten, in sich gekehrten jungen Mann gereift war, dessen Faszination für die Flotte ihn schließlich von zu Hause fortgetrieben hatte. Arric, der als einziger verstanden hatte, warum Lienas zum IGD gegangen war und nicht, wie es dem Wunsch des Vaters entsprochen hätte, den Weg zur Flotte gewählt hatte. Sie hatten sich immer verstanden, auch ohne Worte. Sie war die erste gewesen, der er von seiner Verlobung berichtet hatte, und vor vier Monaten auch davon, dass Elira schwanger war.
Und jetzt? Seit Wochen keine Nachricht. Das war nicht ungewöhnlich, wenn ein Kampfschiff im feindlichen Raum operierte, galt strikte Nachrichtensperre. Und sie wusste nicht einmal, ob es ihrem kleinen Bruder gut ging. Ob er überhaupt noch lebte. Ob ihn vielleicht die Reps gefangen hielten, er verletzt irgendwo lag und das Leben Blutstropfen für Blutstropfen aus ihm wich ... Killed in Action. Das Schreckgespenst für jede Militärfamilie.
Stets war ihre reiche, kreative Vorstellungskraft für ihre Arbeit hilfreich gewesen. Jetzt allerdings bombardierte die Phantasie der Offizierin ihren Geist mit dermaßen vielen Schreckensbildern, dass sie sich davon kaum frei machen konnte. Da half nur laufen. Viel laufen. Sport aller Art. Sie musste sich dermaßen körperlich erschöpfen, dass ihr Kopf Ruhe finden musste, weil der Leib nach Erholung verlangte. Wenigstens hatte Captain Thrace an jenem Abend, an dem sie die Nachricht erhalten und laufen gegangen war, die richtigen Worte gefunden. Nicht mitleidig, sondern verständnisvoll. Es hatte nicht geholfen, aber es war in diesem Moment das einzig Mögliche gewesen.

Und sie war weiter gelaufen, um nicht zu viel zu sagen. Sich keine Blöße zu geben, wohl wissend, dass sich jeder irgendwann eine Blöße gab, wenn der emotionale Aufruhr groß genug war. Diese Sache allerdings musste sie mit sich  selbst ausfechten. Und weiter Dienst tun, ganz nach Vorschrift. Resigniert erhob sich die Offizierin, umrundete ihren Schreibtisch und ging neben den auf dem Boden verstreuten Akten und Papieren in die Hocke, um diese einzusammeln. Dienst nach Vorschrift, dachte sie flüchtig und mit einem schiefen, freundlosen Lächeln auf den Lippen. Etwas, das ihr schon immer schwer gefallen war, und wenn es auch noch mit Aktenarbeit zu tun hatte, besonders. Die Luft im Raum war mit einem Mal so dumpf, dass sie zu ersticken glaubte, und doch kehrte sie zum Schreibtisch zurück.
"Dienst nach Vorschrift," sagte sie leise und ließ sich auf ihrem Stuhl nieder, nach der erstbesten Akte greifend. Es war ohnehin egal, welche sie bearbeitete, wie an diesem Tag so gut wie alles egal war.
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyMi Sep 17, 2014 6:57 pm

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Von hinten durch die Brust ins Auge

"Es wird Sie jemand kontaktieren."
So ein einfacher Satz, und doch behaftet mit einer Menge Gedanken. Im Grunde war es reiner Zufall gewesen, der Lieutenant Lienas van Arden hatte über einen Eintrag in der Personalakte von Corporal Eliohann Crey stolpern lassen. Eine klassische Formulierung, die den Wissenden andeutete, dass dort etwas vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen war und sofort ihre Neugierde angeregt hatte. Angesichts des ansonsten eher drögen und von sich immer wiederholenden Tätigkeiten geprägten Dienstalltags bislang hatte sich der Teil von ihr, der noch immer mehr Ex-IGD-Agent war als Offizier, hechelnd und begeistert auf die neue Spur gestürzt, um sie zu verfolgen.
Dass sie zudem über die Sicherheitsfreigaben ihres Vorgesetzten verfügen durfte, hatte die Sache leicht gemacht und Interessantes aufgestöbert. Und es lenkte von der Tatsache ab, dass es in der Sache ihres Bruders keinerlei Fortschritte gegeben hatte, nicht einmal den Hauch einer Andeutung vom Ministerium.

Die meisten Menschen häuften im Lauf eines Lebens kleine und große Geheimnisse an - andere starteten sogleich mit Problemen, die sie hinter sich zu lassen versuchten. Crey verband beides miteinander auf eine Art und Weise, die für die Offizierin schon fast amüsant gewesen war. Disziplinarverstöße. Involvierung in die Angelegenheiten einer Sith-Lord, die ihm zudem derzeit wohl nicht ganz grün war.
Und eine Herkunft, welche die Involvierung zumindest teilweise erklärte - sie würde sich wohl doch noch mit den komplexen Verhältnissen der alderaanischen Adelsfamilien untereinander beschäftigen müssen, um die Angelegenheit im Auge zu behalten. Sei wachsam. Vertraue niemandem. Handle mit maximaler Effizienz. Zeige keine Gnade gegenüber den Feinden des Imperiums.
Der alte Auftrag, der ihr bereits in der Ausbildung vermittelt worden war, bestand noch immer, auch wenn es den alten Imperialen Geheimdienst nicht mehr gab und damit auch nicht die zumindest teilweise vorhandene Unabhängigkeit von den allgegenwärtigen Launen der Sith. Dass ausgerechnet ein weiterer Sith sie auf eben diesen Auftrag neu eingeschworen hatte, war schon fast eine amüsante Pointe eines Witzes, den man besser verschwieg.

Crey hatte wie ein aufgescheuchter Nexu reagiert, als sie ihm durch eine vage Andeutung signalisiert hatte, dass sie etwas über ihn wusste. Und er hatte sogleich reagiert, ein Gespräch vorgeschlagen, bei dem er versuchte, sich ihrer Verschwiegenheit zu versichern. Vertrauen sollten sie einander, loyal sein.
Seltene Worte bei jemandem, den sie noch nicht einmal eine Woche lang kannte und dessen Art, mit dem Leben umzugehen, auf seltsame Weise vertraut erschien. Dann lag der Kommunikator in ihrer Hand, den ihr Crey mit einem Satz nur übergeben hatte. Es wird Sie jemand kontaktieren.

War es nun der erste Schritt in ein Abenteuer? Oder eine Intrige, hinter der wie stets irgendein Sith versuchte, seine Interessen zu wahren? Hatte sie eine Art Prüfung durch ihr Schweigen absolviert? Zu viele Variablen, zu wenig Konstanten - sie würde abwarten und sehen, was sich ereignete.
Aber sie wäre nicht Lienas van Arden gewesen, wenn sie das kleine Geschenk aus noch unbekannter Hand nicht auf Herz und Nieren geprüft hätte - genauer gesagt auf Abhörtechnik, Peilsender oder ähnliche Gimmicks, die dem eigentlichen Spender erlaubt hätten, ein Bewegungs- und Handlungsprofil zu erstellen.
Es stellte sie seltsam zufrieden, dass sie dergleichen nicht hatte finden können - es war ein Empfänger, und nicht viel mehr. Die Scanergebnisse ließen vermuten, dass das Gerät ein Verstärkersignal benötigte, um aktiv zu arbeiten, aber das zu finden würde sie Spezialtechnik benötigen - und jemanden, der ihr das Zeug ohne viele Fragen auslieh.

Vertrauen. Ein starkes Wort, das sie in den letzten Wochen zu verfolgen schien. Auch aus dem Mund von Captain Thrace, dessen fatale Neigung, sich in das Schneckenhaus seiner gedämpften Reaktionen zurückzuziehen, an einem eigentlich lustigen Abend ausgerechnet durch den anderen Captain in ihrem direkten Umfeld meisterhaft ausgelöst worden war.
Neben der Tatsache, dass Stryder-Garrde auf ein verkorkstes Wochenende durch sein forsches Hereinschanzen samt dienstlicher Themen in eine gemütliche abendliche Runde im HQ noch das Tüpfelchen auf das I gesetzt hatte, hätte sie ihn schon allein deswegen treten können, dass er ihre Versuche, Thrace ein bisschen lockerer zu machen, dermaßen sabotierte. Captain Stocksteif hatte wirklich ein seltenes Talent dafür, auf eine eigentlich entspannte, miteinander scherzende Gesellschaft wie ein Eimer mit eiskaltem Wasser zu wirken. Selbst der sonst gut gelaunte Staff Sergeant Limsharn hatte nach dieser Begegnung irgendwie gedämpft gewirkt.

Überhaupt waren die letzten Tage unerfreulich gewesen. Warum Sergeant Morrison unbedingt im Nahkampf gegen Lienas antreten wollte, war ihr nach wie vor ein Rätsel. Selbst mit dem Wunsch, sich mit einem geübteren Kämpfer zu messen, erklärte sich ihre Vehemenz nicht. Suchte die Sergeant nach einer Freundin? Oder sogar einem Vorbild? Für beides würde sich Lienas nicht eignen, da machte sich die Offizierin keine Illusionen. Vor allem nicht als Vorbild. Man wurde nur besser, wenn man sich an sich selbst maß, denn Vorbilder neigten dazu, einen zu enttäuschen. Zu bröckeln. Oder gleich ganz vom Sockel zu stürzen, wenn es hart auf hart kam.

Sie war nicht einmal eine besonders gute Schwester oder Schwägerin. Natürlich hatte sie sich bereitschlagen lassen, mit Elira Babykleidung einkaufen zu gehen, um die Schwangere von ihrem verschollenen Mann abzulenken. Dass Elira dabei allerdings etwa fünfzehn Mal daran vorbei geschrammt war, von Lienas gefesselt, geknebelt und in einer Abstellkammer zurückgelassen zu werden, war der zwischen Enthusiasmus und Hyterie schwankenden, baldigen Mutter offensichtlich entgangen. Lienas hatte sich dermaßen zusammen reißen müssen, um nicht zu eskalieren, dass sie auch zwei Tage danach noch das Gefühl hatte, Muskelkater in den Wangenmuskeln zu haben, denen sie ein Lächeln aufzwingen musste.
Am Abend hatte sie sich abgesetzt, in jenen Club, in den vor allem Militärs gingen, um sich abzulenken. Pazaak, Sabacc, gehaltvolle Getränke, Zigarren.
Ein hervorragender Ort, um sich Spaß für eine Nacht zu suchen, und danach entspannt wieder zum Dienst zurückzukehren. Nur das hatte auch nicht geklappt, denn ausgerechnet dort hatte sie auf PFC Jiros treffen müssen. Jiros, der ein ungemein vorsichtiger Spieler bei Glücksspielen war und sie mit dem Einsatz, ihr bei ihrem Flimsikram zu helfen, wenn sie gewänne, zu ein paar Runden Pazaak gelockt hatte.
Es war keine gute Idee, sich mit ihm anzufreunden, das wusste sie, und doch war sie nicht gegangen. Sich nicht einmal gefragt, wie Jiros ausgerechnet auf diesen Club gekommen war. Einige Tage später hatte sie sich diese Frage sehr wohl gestellt. Du wirst nachlässig, hörte sie die mahnende Stimme ihres einstigen Ausbilders im Hinterkopf und musste ihm Recht geben.

Dieser verdammte Außenposten machte sie verrückt. Keine Nachricht von ihrem Bruder zu haben machte sie verrückt. Dass nichts so lief, wie sie es sich vorgestellt hatte, machte die Sache nicht besser. Eine bevorstehende Truppeninspektion durch Colonel Keeler, deren Name von so einigen nur im Tonfall der Achtung ausgesprochen wurde, verdarb ihr die gesamte Woche. Wieder würde mit hoher Wahrscheinlichkeit nur auf Kinkerlitzchen herumgeritten werden. Welcher Soldat wie seine Wäsche faltete oder ob irgendwelche Formulare richtig ausgefüllt waren - so viel hatte sie beim Sturmregiment bislang gelernt.
Formulare waren ungemein wichtig. Wichtiger vielleicht als der gesunde Menschenverstand oder Intuition. Und das war für Lienas' Begriffe einfach falsch. Ohne ihren Instinkt war sie verloren, und doch schien die halbe Welt zu erwarten, dass sie darauf verzichtete. Dass sie sich den Regularien vollkommen anpasste, so wurde wie der Rest der Offiziere. Lieutenant Stocksteif van Arden?
Lienas legte den Kommunikator auf ihrem Schreibtisch beiseite und rückte den Kragen ihrer Uniformjacke zurecht, eine Handbewegung, die ihr seit zwei Monaten zu einer ständigen Begleiterin geworden war. Sei wachsam. Vertraue niemandem. Noch immer war ihr nicht klar, warum der Lord ausgerechnet sie angefordert hatte, aber auch hier würde sie Geduld haben müssen. Und weitermachen wie bisher, selbst wenn es bedeutete, sich wie eine Bombe kurz vor einer Explosion zu fühlen. Nach dem letzten Termin des Abends würde sie wieder laufen gehen müssen...
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyDo Sep 25, 2014 7:00 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment_02

Lautlos setzte die X-70B Phantom im Sand auf, der sich unter den Landefüßen des Raumschiffs aufgewirbelt hatte. Dann kam der schlanke, elegante Rumpf vollkommen zur Ruhe, wurde vom kalten Wüstenwind wie in einer nachlässigen Liebkosung fast zärtlich berührt. Sand strich über die makellose Lackierung, die für den nächtlichen Einsatz perfekt geeignet war und Lichtreflexionen einfach schluckte.
Als sich die Landeluke öffnete, huschten drei imperiale Soldaten ins Freie, die Körper vollständig von ihren Klima-Kampfanzügen verhüllt. Die moderne Helmtechnik erlaubte den dreien eine hervorragende Nachtsicht, während sie zügig auf ihren Zielpunkt vorrückten. Die Feuchtfarm lag still und friedlich inmitten leichter Dünenverwerfungen voraus, die Bewohner mochten den Schlaf der Gerechten schlafen oder auch nicht - zumindest rührte sich niemand dort.

Und zur Stunde des Wolfs war es auch eher unwahrscheinlich, dass einfache Leute, Feuchtfarmer mit einem harten Tagesablauf, sich aus ihren Betten begeben würden. Schweigend rückte das kleine Team vor und überwand den Abstand zwischen dem hinter einer Düne gelegenen Landepunktes des Schiffs und den zu der Farm gehörigen Gebäuden mit geübter Schnelligkeit, leicht geduckt, sobald sie in die direkte Sichtweite des Hauptgebäudes kamen. Als die erste Gestalt in der Reihe eine geballte Faust anhob, kamen die drei sofort zur Ruhe, verharrten so unbeweglich wie Steinstatuen im Sand der Jahrhunderte.

Lieutenant Lienas van Arden aktivierte den Wärmebildmodus ihrer empfindlichen Helmkamera und scannte den vor ihr liegenden Bereich ab. Vier rötliche Erhebungen im unter der Erde gelegenen Wohntrakt des Hauptgebäudes. Wie bei allen Feuchtfarmen auf Tatooine befanden sich die wirklich wichtigen Räumlichkeiten unter der Erde - selbst Pflanzen wurden unterirdisch gezogen, weil die mörderische Sonne des Planeten alles Leben auf der Oberfläche verbrannte. Nur wenige Lebewesen konnten inmitten der ewigen Sande überleben, und auch nur deswegen, weil sie sich an die Umgebung über viele Jahrhunderte hinweg daran angepasst hatten.
Die Offizierin sandte die Aufnahmen an ihre beiden Teammitglieder - Private First Class Muller und Private Jandis waren ihre erste Wahl für diesen Einsatz gewesen und sie hatte sie bekommen. Zwei zuverlässige, linientreue Imperiale mit der entsprechenden Sonderausbildung für Kommandounternehmen. Erstklassiges Material für Spezialaufträge, das sie in einer Umgebung mit überschaubaren Parametern erproben konnte. Bislang war sie nicht enttäuscht worden.

Als sie das Zeichen für weiteres Vorrücken gab, reagierten die beiden sofort. Muller aktivierte das Cloaking-Signal für die technischen Gerätschaften der drei, um eventuelle Sicherheitsmaßnahmen der Farmerfamilie zu täuschen, doch es war nicht nötig gewesen. Entweder verließen sich die Farmer auf ihre einsame Lage oder aber sie vertrauten ihren Nachbarn - die Imperialen konnten sich ungesehen und ungehört auf das abgesenkt gelegene Rund des Hofes schleichen. Jandis aktivierte seinen portablen Scrambler, um nun auch alle eventuell ausgehenden Funksignale zu stören, egal wie unwahrscheinlich es sein mochte, dass dies geschah. Die Stunde des Wolfes hieß nicht von ungefähr so.
Die meisten Humanoiden erlitten während dieser Zeit, zwischen drei und vier Uhr Morgens, einen deutlichen Knick in ihrem Biorhytmus, begleitet mit dunklen Gedanken. Der beste Zeitpunkt für einen Angriff. Muller erreichte die Tür des Haupthauses zuerst und erprobte die Klinke - offen. Die Farmerfamilie schien wirklich vertrauensselig zu sein.

Die drei Soldaten glitten in das Innere des Gebäudes und schlossen die Tür sofort hinter sich. Sie bewegten sich langsam voran, die Waffen gereckt, um einem möglichen Angriff entgegen treten zu können, sich nach den Anzeigen ihrer Nachtsichtgeräte im Helm orientierend. Es war düster im Inneren des Hauptgebäudes, als sie die Treppe hinab gingen, die zu den Wohnräumen führte. Lienas rief das Grundschema des Hauses auf dem kleinen Helmdisplay auf und schickte Muller und Jandis in die Richtung des Kinderzimmers, sie selbst übernahm den Schlafraum der Eltern.
Die Bewegung vor ihr fühlte sie mehr als sie diese sah, tappende Schritte eines traumverhangenen Erwachsenen, die ihn zum Abtritt führten. Eine Nische, in die sich die Offizierin schnell presste, um ihn von hinten anzufallen, eine Hand auf Mund und Nase gedrückt.

Wie leicht wäre es, den tausendfach eingeübten Ruck durchzuführen, Wirbel gegen Wirbel, ein Leben innerhalb eines Momentes ausgelöscht. Doch sie tat es nicht, und nach kurzem Zappeln, dem von ihrer Hand aufgefangenen Protestlaut sank der Farmer in die Knie, neuen Träumen entgegen. Der Captain hatte betont, dass es bei dieser Vorausmission keine zivilen Opfer geben sollte, und daran hielt sie sich unbedingt. Blut war zu diesem Zeitpunkt der Operation nicht erforderlich. Wir sind keine Schlächter.
Routiniert legte sie dem Farmer Knebel und Fesseln an, schob ihn beiseite, aus dem Weg. Jandis' Signal im Helmdisplay gemahnte sie zur Eile. Zeitgleich zündeten die Soldaten die Betäubungsgasgranaten, die sie eigens für diesen Zweck mitgeführt hatten. Die Luftfilter ihrer Helme verhinderten, dass das betäubende Gas auf die drei Angreifer irgendeine Wirkung hatte. Mit etwas holprigem Poltern rollten die Granaten in die beiden Räume und zogen eine dunkelgrüne Spur des Gases hinter sich her.

Als die Farmersfrau aus dem Schlaf aufschreckte, konnte Lienas ihr überraschtes, dann zu Tode erschrockenes Gesicht genau sehen - das Entsetzen über die unerwartete Besucherin malte sich in einem Moment überdeutlich in ihre Züge, dann erschlafften diese bereits merklich und die hagere, verlebt wirkende Frau Anfang Vierzig kippte nach hinten zurück aufs Bett.
"Beide eingeschlafen," meldete sich Jandis' rauhe Stimme, und Lienas bestätigte ebenfalls. Sie fühlte den Puls der bewusstlosen Frau, bevor sie begann, diese fachgerecht zu fesseln und zu knebeln. Erst als alle vier - das Farmerehepaar und die beiden jugendlichen Söhne, die ihrem Vater erstaunlich ähnlich sahen -  versorgt waren, begannen die drei Soldaten, ihre Gefangenen aus dem Haus zu tragen.
Die vier würden für einige Zeit unwillige Gäste auf der Phantom sein und nach dem erfolgten Einsatz wieder in ihrem Heim abgesetzt werden - das war die sicherste Variante. Sie in irgendeinem Nebengebäude zu deponieren und allen möglichen Eventualitäten auszuliefern, beinhaltete zu viele ungewollte Variablen. Lienas blickte auf die Zeitanzeige, während sie mit Muller die schlafende Farmersfrau aus dem Haus schleppte. Jandis hatte einen der Schiffsdroiden herbeordert, der beim Tragen behilflich sein würde und bereits einen der Söhne abtransportierte.

Die Ausrüstungskiste, welche er mit zum Haus gebracht hatte, beinhaltete den zweiten Teil der Operation, der nun vor den dreien lag. Erst nachdem sie die Neutralisierungsmittel für das Betäubungsgas im Haus verteilt hatten, konnten die drei ohne Helm arbeiten. Die morgendliche Dämmerung des Planeten mit den Zwillingssonnen tauchte die endlos wirkende Wüste in rötlichgoldenes Licht, ein einzigartiges Naturschauspiel, für welches die Imperialen absolut keinen Blick hatten. Sie lagen genau im Zeitplan, und dieser musste eingehalten werden. Gerade bei Missionen wie diesen musste alles im Zusammenspiel klappen.
Während Muller und der Droide den Farmer zum Schiff brachten, atmete Lienas die kalte Morgenluft des Planeten tief ein, bis es sich anfühlte, als seien ihre Lungen vollkommen davon durchdrungen. Obwohl hier so wenig wuchs, schmeckte die Luft Tatooines würzig. Urtümlich. Sie trug immer einen vagen Geschmack der Freiheit mit sich, eines Abenteuers, dessen genaue Ausmaße unbekannt waren. Vielleicht gerade weil dieser Planet so lebensfeindlich und gefährlich war.

Sachte vor sich hin lächelnd packte sie die Dinge aus, die sie in den nächsten Stunden dafür benutzen würden, um die kleine, unwichtige Feuchtfarm auf einer der unwichtigsten Staubkugeln der Galaxis in eine Falle zu verwandeln. Eine vertrackte Falle, um einen Machtnutzer einzufangen, wie es der Auftrag vorschrieb. Minen mit ausgeklügelten Drucksensoren, die rein mechanisch funktionierten und durch ihre Gallertumhüllung durch handelsübliche Scanner schwieriger zu finden waren - das neueste Spielzeug einer grausamen Militärtechnik frisch von der Front.
Captain Stryder-Garrde hatte ihr carte blanche gegeben - zum zweiten Mal schon, warum eigentlich? - und sie hatte diese genutzt. Dazu ganz normale Speerfallen mit angespitzten Metallstangen, die im Boden verankert waren - mit einer dünnen Trittfläche überzogen, auf der Sand aufgehäuft war. Sie würde beim Gewicht eines erwachsenen Humanoiden unweigerlich einbrechen. Stolperdrähte, die im Haupthaus auf Treppe und in den Gängen neugierigen Einbrechern das Leben schwer machen konnten - es gab so viele Dinge, die man ohne allzu viel technischen Aufwand unterbringen konnte, um einem Besucher den Tag so richtig zu versauen.

Erst als sich die Feuchtfarm in die unangenehme Variante eines Ferienparadieses für Masochisten verwandelt hatte, machten die Soldaten Pause. Sie hatten mehrere Stunden Hand in Hand gearbeitet, ungeachtet der aufgestiegenen Sonnen, und mussten sich in das Schiff zurückziehen. Der vertraute Geschmack eines Energieriegels auf der Zunge brachte das alte Gefühl zurück, das sie seit ihrem Ausscheiden aus dem IGD stets vermisst hatte.
Es war einfach etwas anderes, für den Einsatz auszubilden oder selbst auf einem zu sein. Das alles für eine Hypothese, den Geschmack des Verrats, für Vorsicht, die man niemals fallen lassen durfte. Von welcher Seite aus würde er kommen?
Der Droide brachte die Reste des Materials zurück zum Schiff, dann verwischten die Soldaten nach ihrer kurzen Mahlzeit ihre Spuren. Ab jetzt hieß es in einiger Entfernung warten, sodass das weite, die beiden Farmen umfassende Blickfeld jeden ankommenden Besucher sofort verraten würde. Die Phantom wurde in den Sand getaucht und verschwand unter den Dünen. Würde hier jemand Ausgrabungen starten, wäre es wohl eine höchst überraschende Entdeckung für den neugierigen Forscher.
Muller hatte die erste Schlafrunde gezogen und legte sich hin, während Lienas und Jandis mit dem Piloten Wache hielten. Glücklicherweise gab es für Soldaten immer irgendein Thema, über das man sich unterhalten konnte, um die Gedanken fern zu halten. Und die Erinnerungen...
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyDi Sep 30, 2014 3:24 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment_02

Das Display flimmerte immer mehr, je länger Lieutenant Lienas van Arden auf die Anzeigen starrte. Die ersten Worte hatte sie geschrieben, und eigentlich hätte sie den standardisierten Text nutzen können, auf den man als Offizier in solchen Fällen immer zurückgreifen durfte, aber es schien ihr nicht angemessen. Diese Nachricht würde jemanden erreichen, für den sich mit einigen Worten ein ganzes Leben ändern würde.
Im Fall von Private Tomin Cral seine Eltern, für die durch den Tod ihres Sohnes das einzige Kind an den Krieg verloren gegangen war. Lienas hatte, wie es ihre Art war, recherchiert, sich ein Bild gemacht. Der einzige Verlust auf imperialer Seite war ein junger Private gewesen, der schon in den ersten Minuten der stattfindenden Kampfhandlungen von den Schüssen der gegnerischen Truppen geradezu zersiebt worden war.

Warum es gerade ihn getroffen hatte, wusste sie nicht zu sagen - sie hatte ihn nicht einmal sterben sehen, dafür war ihr eigener kleiner Trupp, der aus Sergeant Morrison, Specialist Thundersoul und Private Malony bestanden hatte, zu weit weg gewesen. Sie hatte nur das Verladen des Leichensacks aus der X90B-Phantom beaufsichtigt und die Aufgabe übernommen, die Gefallenenmeldung zu schreiben. Ein junger Mann, der noch nicht einmal die imperiale Heiratserlaubnis erhalten hatte, mit einem ganzen Leben noch vor sich. Verblutet in den Sanden Tatooines. Sie hatte diesen Private nicht gekannt, aber sich bei seinen Kameraden umgehört.
Ein stiller, linientreuer junger Mann, der an die imperialen Ideale glaubte. Der mal ein Bier zuviel getrunken hatte, wenn die Kameraden einen ausgaben. Der für eine seiner Ausbilderinnen auf der Akademie geschwärmt hatte, aber bei ihr nie hatte landen können. Und jetzt: zerfetztes Fleisch in einem anonymen Sack. Begrabene Träume der Eltern, zerstörte Möglichkeiten für kommende Jahre. Ein Gesicht weniger.

"Es ist meine Aufgabe, Ihnen mitzuteilen, dass Ihr Sohn Tomin in herausragender Erfüllung seiner Pflicht ..."
Nein, das traf es nicht. Aber sie konnte auch nicht schreiben, dass er einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war. Dass er Pech gehabt hatte, in der direkten Feuerlinie der Republikaner gelandet zu sein. "Scheiße passiert" war keine angemessene Begründung für einen Todesfall an der Front, aber es wäre die ehrlichste Erklärung gewesen.
Überhaupt hatte die Mission absolut nicht so geklappt, wie sie geplant worden war. Niemand war auf die geschickt gelegte Falle auf der Feuchtfarm hereingefallen, nein, die Jedi hatten eine Truppe losgeschickt, die am richtigen Ort aufgeschlagen war, um vor der Nase der Imperialen die Zielperson einzukassieren. Sie hatten am frühen Morgen angreifen müssen, um überhaupt eine Chance zu haben, das Missionsziel zu erreichen.

Und waren von gepanzerten Jedi und republikanischen Soldaten erwartet worden. Was war da schiefgelaufen? Nur vier Leute ausser dem Auftraggeber hatten gewusst, worum es eigentlich genau ging. Wer das Ziel der Aktion war. Captain Stryder-Garrde, Lord Concabille, ihr Schüler und sie selbst.
Lienas hatte die Mission nicht verraten und sie bezweifelte, dass Stryder-Garrde, der auf der Jagd nach einem Verräter die Falle mit der zweiten Feuchtfarm erdacht hatte, so dumm sein würde, sich selbst zu sabotieren. Dafür war er viel zu verliebt in die Effizienz. Also blieben nur noch zwei mögliche Verräter - oder einen Auftraggeber, der ein bösartiges Spiel gespielt hatte.
Im Feuergefecht vorrückend, hatte sich Lienas' Team hervorragend bewährt. Drei ausgebildete Scharfschützen waren wie ein Skalpell auf dem Schlachtfeld - präzise und fähig, jederzeit einen klaren Schnitt vorzunehmen. Sowohl Morrison als auch Thundersoul hatten verlässlich und vorbildlich ihre Aufgabe erfüllt, Malony - nun, der war eben Malony.

Und es war Lienas' Fehler gewesen, dass Malony trotz seiner Verletzungen weiter am Kampf teilgenommen hatte und zu Boden gegangen war - weil sie in der Hitze der Schlacht nicht mehr gedacht hatte, ihm zu befehlen, er müsse in Deckung vorrücken.
Die anderen zwei hatten den Befehl zum Vorrücken auch ohne einen Zusatz verstanden, aber Malony fehlte jegliche rudimentäre Form lebenserhaltender Phantasie. Glücklicherweise waren ernste Folgen ausgeblieben, aber das Bewusstsein um ihren Fehler blieb. Sie würde vorsichtiger sein müssen, wenn Malony in ihrem Trupp Dienst tat. Bedachter vorgehen müssen, noch bedachter als zuvor. Weiter vorausdenken.
Gegen einen Plan, der nicht einmal den ersten Kontakt mit der Realität überlebte, war kein Soldat gefeit. Auch nicht dagegen, dass die drei Transporter, mit welchen die Jedi und Soldaten auf der Feuchtfarm eingerückt waren, zu flüchten versucht hatten - glücklicherweise hatten sie diese aufhalten können.
Die zweite Partei, die in den Kampf eingetreten war, hatte sich alsbald auf die Seite der Republikaner geschlagen und deren Rückzug gedeckt. Wenigstens diesen hatten sie empfindliche Verluste beibringen können, und wieder waren es die Scharfschützen gewesen, die einen entscheidenden Anteil daran gehabt hatten. Ein zerplatzender Kopf mit einem präzisen, perfekten Schuss auf mittlere Distanz ging auf ihr eigenes Konto. Sie konnte es noch.

Lienas war stolz auf die Leistung ihres Trupps, aber auf den gesamten Verlauf der Aktion war sie es nicht. Zu viele Variablen. Sie war selbst verletzt worden, nicht schwer, aber doch so, dass sie für einige Zeit ausgefallen war. Mit einem Loch im Fleisch am Übergang zwischen Schulter und Hals kämpfte es sich schlecht - zum Glück hatte Sergeant Morrison ihr frühzeitig erste Hilfe geleistet. Und sie hatte geholfen, ein Leben zu retten - irgendwie hatte es Lord Concabilles Schüler geschafft, sich aufschlitzen zu lassen. Gürtel eigneten sich hervorragend, um Beinschlagadern abzubinden, auch in diesem Fall.
Es wäre ein möglicher Verräter weniger gewesen, hätte sie nicht gehandelt. Aber auf dem Schlachtfeld hatte sich diese Frage für sie nicht gestellt. Nicht einmal nach der denkbar herablassenden Art, mit der Sith Ghurab sie bei der Besprechung vor dem Einsatz behandelt hatte. Manchmal machte auch ein namenloser Offizier, ein ganz kleines Rädchen im Getriebe des Imperiums, eine der unzähligen Ressourcen, die für Sith für gewöhnlich austauschbar waren, einen großen Unterschied.

"Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihr Sohn Tomin bei einem kriegswichtigen Einsatz zu Tode gekommen ist. Er war unter seinen Kameraden ein beliebter Mann, dessen Verlust eine fühlbare Lücke hinterlässt ..."
Besser. Es war eine menschlichere Formulierung. Den Eltern würde Heldenmut kein Trost sein, das tat er nie - aber vielleicht würden sie damit besser leben können, wenn sie das Gefühl hatten, dass sie nicht alleine trauerten. Es würde an den Tatsachen nichts ändern, aber es zollte dem Mann Respekt, der in einem Sack in der Kühlkammer der medizinischen Station von Fort Asha ruhte. Und es war auch der Grund, warum sie die Aufgabe freiwillig übernommen hatte, diese Nachricht zu schreiben und es nicht Captain Stryder-Garrde überließ. Respekt vor einem, der so weit unten auf der Leiter gestanden hatte, dass er nur einen Namen und eine Nummer gehabt hatte. Der andere Captain hatte es verstanden, ohne große Worte zu machen.
Dass irgendwer von der Rückkehr der Phantom Notiz nehmen würde, hatte sie nicht erwartet - und doch hatte Captain Thrace in der Nähe der Landeplattform gestanden, angelockt von den Lastdroiden für die Ausrüstung und dem Medteam für den schwer verletzten Sith. Es war ein tröstlicher Gedanke, auf gewisse Weise erwartet und mit einigen freundlichen Worten begrüßt zu werden - auch Lieutenant Cole, die kurz darauf zum Gespräch hinzu getreten war, hatte dezentes und freundliches Interesse am zurückliegenden Einsatz geäußert. Hatte mit ihren Worten einen Unterschied machen können, die Normalität zurückgebracht.

"...so kann ich Ihnen nur aus ganzem Herzen mein Beileid aussprechen und betonen, dass ich mir einen anderen Ausgang des Einsatzes gewünscht hätte. Ihr Sohn wird nicht vergessen werden."
Als sie die Türe ihres Quartiers hinter sich geschlossen hatte, war sie erst einige Momente lang auf ihr Bett gesackt. Hatte tief durchgeatmet. Und dann mit einer heißen Dusche begonnen, alles hinter sich zu lassen, so weit es nur möglich war, ihre persönliche Prioritätenliste nach einem Einsatz beginnend abzuarbeiten. Wieder nur Lienas sein, nicht Lieutenant, nicht Befehlshaberin, nicht schweigende Stütze ihres Vorgesetzten, nicht Scharfschützin, nicht Agentin. Eine heisse Dusche, ein gutes Essen, eine Zigarre, ein bequemes Bett ..
Wenigstens das war ihr gelungen, sehr gut gelungen sogar. Eine Nacht hatte gereicht, die schlimmsten Gedanken vor die Türschwelle zu verbannen und sich wieder innerlich zusammen zu fügen. Eine Nacht, in der sie weder an Malonys Wunde, noch an den in einem blutigen Sprühregen zerplatzenden Kopf, an den stechenden Schmerz in ihrem Hals, an den vergurkten Einsatz, bei dem sie das gesetzte Ziel nicht nur nicht erreicht, sondern auch noch grandios aus den Augen verloren hatten, denken musste. Nicht an die Verräter, die unter ihnen waren und zur Strecke gebracht werden mussten. Eine Nacht, die ihr genug Kraft gab, um sich diesem verdammten Brief zu widmen, der einem vollkommen fremden Elternpaar das Leben nachhaltig verändern würde.

"Wenn Sie noch Fragen haben, können Sie mich jederzeit kontaktieren.
Hochachtungsvoll,
Lieutenant Lienas van Arden
17. Sturmregiment Kaas"
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyFr Okt 10, 2014 6:50 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment

Der perfekte Moment: Alle Wege führen nach Alderaan

Die fünf Bildschirme strahlten ein unregelmäßiges Licht aus, welches das Büro nur notdürftig erhellen konnte. Mitten in der Nacht war der Stützpunkt zur Ruhe gekommen, und es war für gewöhnlich die Zeit, zu der Lieutenant Lienas van Arden die Dinge tat, die am Tag nicht möglich waren oder wegen anderen Pflichten liegenblieben. Oder wenn es sich um Dinge handelte, von denen sie anderen möglichst wenig offenbaren wollte, weil sie ein Interesse verieten, das sie lieber für sich behielt.
Wenn ohnehin wenig los war, ließen sich auch Überwachungsmaßnahmen von anderer Seite leichter erkennen und kontern - und genau deswegen hatte sich der Lieutenant für diese Recherche die Nachtstunden ausgewählt. Sie konnte derzeit ohnehin nicht besonders gut schlafen. Zu viele Dinge, die ihr im Kopf herumgingen, zu vieles, auf das sie ein Auge halten musste. Die Tabellen und Berichte auf den Displays sprachen eine deutliche Sprache - dass es schier unmöglich war, alle Entwicklungen gleichermaßen zu beobachten. Sie musste priorisieren, abwägen. Und hoffen, dass sie sich für die richtigen Prioritäten entschied.

Neulich hatte ihr der Zufall ein Hologespräch in die Hände gespielt, dessen Inhalt weit brisanter war, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Meisterin und Schüler, die sich auf eine so private Weise unterhalten hatten, dass es Rückschlüsse erlaubte. Dass es Möglichkeiten andeutete, die an der Oberfläche nicht zu sehen gewesen waren. Subtext. Lienas schmunzelte kurz, als sie sich an die Lektion erinnerte, die sie Avanum zum Thema Subtext gegeben hatte. Er hatte begierig gelernt, wie fast jedes Mal, wenn sie seine Fortschritte überprüfte. Auch der unfreiwillige Ausflug auf den Waldmond hatte gezeigt, dass er mehr als willens war, seine Kenntnisse zu erweitern.
Wer hatte auch ahnen können, dass das Linienshuttle, mit dem Lienas vor einigen Tagen zu einem Verwaltungskurs nach Dromund Kaas hatte fliegen wollen, einen dermaßen gravierenden technischen Defekt haben würde, dass es mitten auf der Strecke im Weltraum strandete? Sie wusste noch immer nicht, was genau kaputt gegangen war, aber es hatte ausgereicht, um das Personal zu veranlassen, die Passagiere in Rettungskapseln einsteigen zu lassen. Lienas' Mitreisender in der Zweimannkapsel war ausgerechnet Jiros gewesen - der auf Kaas zur Hochzeit seiner Schwester hatte fliegen wollen. Daraus wurde ebenso wenig wie aus Lienas' Verwaltungskurs.

Stattdessen war die Rettungskapsel auf einem bis dahin unbewohnten Waldmond niedergegangen und sie hatten sich die Zeit bis zur Rettung mit der Errichtung eines Lagers und einer geeigneten Verteidigung desselben vertrieben. Es hatte ihr gezeigt, dass sie alle Dinge aus ihren Survivaltrainings nicht verlernt hatte und auch Jiros über entsprechende Kenntnisse verfügte.
Und, was noch sehr viel wichtiger war, dass ihr Schüler sich von unvorhergesehenen Ereignissen nicht irritieren ließ, sondern versuchte, das Beste aus dem Moment zu machen. In sofern war der verkorkste Flug nach Kaas ein voller Erfolg gewesen, nur die erwünschte Auffrischung ihrer Verwaltungskenntnisse war wieder ausgeblieben. Wahrscheinlich wollte irgendeine Macht im Universum nicht, dass sie sich im Umgang mit dem lästigen Flimsikram verbesserte.

Sie ließ den Blick müßig über die Bildschirme schweifen und rief die genealogischen Daten auf, die sie in den letzten Stunden durch ihre Suchbots zusammengetragen hatte. Derzeit schienen so ziemlich alle Wege nach Alderaan zu führen, ob Lienas das wollte oder nicht. Nicht genug, dass Arrics Ehefrau Elira aus einem alderaanischen Adelshaus stammte - keinem wirklich wichtigen Haus, aber sie brachte den entsprechenden Stammbaum und Dünkel mit in die Familie. In den nächsten Tagen war die Geburt von Arrics Erstgeborenem zu erwarten, wofür Lienas glücklicherweise ein flexibler Dienstplan zugebilligt worden war.

Elira hatte sie darum gebeten, ihr bei der Geburt beizustehen - aus welchem Grund auch immer ihr die ältere Schwester ihres Ehegatten lieber war als irgendeiner ihrer Verwandten von Alderaan - und sie hatte es ihr nicht abschlagen können. Nicht jetzt, nachdem noch immer keine Meldung zu Arrics Verbleib eingetroffen war. Es war ein stetiger Schmerz im Hintergrund, nicht zu wissen, ob er noch lebte und was mit ihm geschehen war. Das Gesicht ihres Bruders verfolgte sie, ebenso das Wissen, dass sie machtlos war. Und es war leichter zu arbeiten als daran zu denken, was ihm alles zugestoßen sein konnte.
Seufzend lenkte Lienas ihren Blick und auch ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Diagramme und Tabellen auf den Bildschirmen. Die verflochtene Erbfolge eines ganz bestimmten alderaanischen Adelshauses machte die Recherchen noch schwieriger. Viele Heiraten in den letzten Jahren. Kinder. Eine Exekutuion. Neue Mitglieder der Familie, die durch Ehe oder Adoption aufstiegen - und ein geschickter Lenker im Hintergrund, auf den alle Fäden hinzudeuten schienen. Sie würde sich im Geheimdienstarchiv eine bestimmte Akte beschaffen müssen, und das würde schon durch die Notwendigkeit, dabei so unauffällig wie möglich vorzugehen, eine Herausforderung sein. Dennoch, wenn ihre Hypothese stimmte, würde sie diese nur durch diese Akte verifzieren oder zumindest untermauern können ...

Captain Stryder-Garrdes Zusammenbruch war unerwartet geschehen. Zuerst ein ganz geruhsames Gespräch über Dienstliches, über die Ereignisse der letzten Zeit und eine beunruhigende Botschaft, die er von unbekannter Stelle erhalten hatte. Und dann - sie hatte eine wunde Stelle berührt, nein, war mit vollem Anlauf ins Fettnäpfchen hineingesprungen, und der ansonsten unglaublich beherrschte Captain hatte so emotional reagiert, wie sie es bislang noch nicht bei ihm erlebt hatte.
Nicht, dass seine Miene etwas verraten hätte - aber sein kommentarloses Umdrehen und Weggehen hatten genug gesagt. Auch die Tatsache, dass er kurz darauf versucht hatte, den Abend in Alkohol zu ertränken, setzte ein deutliches Zeichen. Sie hatte ihm Gesellschaft geleistet, für stetigen Nachschub gesorgt und ihn schließlich in seinem Quartier abgeliefert, als er genug gehabt hatte. Manchmal brauchte man einfach eine Menge Drinks, um über das ein oder andere hinweg zu kommen, selbst als stocksteifer Offizier des Imperiums. Weitere Details, die sich dem großen Ganzen unverhofft hinzufügten.
Ein Detail in all den Tabellen erregte ihre Aufmerksamkeit - Haus Crey, wieder einmal Crey. Würde sie Alderaan und seinen Sumpf an Hauspolitik und Intrigen jemals wieder loswerden? Es gab offizielle Verflechtungen zwischen diesen beiden Häusern, eine davon unbedacht ausgesprochen von Corporal Crey bei seiner Rückkehr. Daran würde sie denken müssen, sollte sie sich wirklich weitergehend involvieren ..

Mit brennenden Augen saß sie noch immer vor den Bildschirmen, als unter dem Vorhang, den sie vor ihr Bürofenster gezogen hatte, die Morgendämmerung einen schmalen Streifen Helligkeit auf dem Boden entlang wandern ließ. Zu viele Variablen, und noch viel zu wenig, das sie greifen konnte. Aber daran war sie gewöhnt, so war es immer, wenn sie sich ein weites Feld erst erarbeitete und die Grenzen auskosten musste, die irgendwo doch vorhanden sein mussten. Müde blinzelnd rieb sie sich mit den Fingern die Nasenwurzel und beschloss, den Morgenlauf ausfallen zu lassen, um wenigstens noch zwei Stunden Schlaf zu finden - für den Körper.
Der Geist war noch immer hellwach und verlor sich in den mannigfaltigen Möglichkeiten auf einem Parkett, auf dem sie lange nicht getanzt hatte. Viel zu viele Gedanken, die den Schlaf fern hielten ...


Zuletzt von van_Arden am Do Okt 23, 2014 2:16 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyMi Okt 15, 2014 6:04 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment

Der perfekte Moment: Der teuerste Lieutenant des Sektors

"Du hast 10.000 Credits für ein Date bezahlt?" Selbst über die weite Entfernung und Dämpfung durch die Holo-Übertragung konnte Lienas das schallende Lachen ihres Brokers nur allzu deutlich wahrnehmen.
"Genauer gesagt waren es 10.020 Credits," entgegnete sie und verschränkte mit einem leisen Seufzen die Arme vor der Brust. Das fing ja gut an. Der Mittvierziger mit dem bürstenkopfförmigen Schnurrbart am anderen Ende der Leitung brach abermals in wieherndes Gelächter aus und brauchte eine ganze Weile, um sich wieder so weit zu beruhigen, dass er ihr antworten konnte.
"Was hat der Kerl an sich, dass Du für ein Date überhaupt Geld ausgibst - und dann noch so viel? Entweder er ist bestückt wie ein Rancor oder .." Eine knappe Geste des Lieutenants unterbrach den Wortfluss, und Tlarn Degas, seines Zeichens Investmentberater und hervorragender Broker an den Aktienmärkten des imperialen Teils der Galaxis, lehnte sich neugierig vor.
"Es war eine Wohltätigkeitsauktion, Tlarn, und der Erlös geht an Kriegswitwen und -waisen. Halt mal den Rand!" - "Wohltätigkeit .. und dafür ballerst Du gleich deinen nächsten Urlaub raus? Erzähl mir nicht, dass da nicht irgendwas mit diesem Kerl läuft." Lienas van Arden rollte mit den Augen. Genau so etwas hatte sie erwartet und der seltsame Humor der Galaxis hatte sie in diesem Punkt nicht enttäuscht.
"Tlarn, ich will einfach nur wissen, wieviel ich von meinen Depots auflösen muss, um auf die zehntausend zu kommen. Es ist nun mal passiert und ich muss für die Sache geradestehen."
"Kann man nur hoffen, dass Dein Wohltätigkeits-Date dann auch gerade steht, wenn er mit Dir ausgeht, sonst lohnt sich der ganze Aufriss kein Bisschen," erwiderte der Broker, noch immer grinsend, und  rief die Details auf seinem Bildschirm auf, nach denen sie ihn gefragt hatte.

"Es geht doch gar nicht um ein Date an sich, sondern um möglichst viel Geld für diesen Wohltätigkeitsfonds," wandte sie ein und lehnte sich gegen die Tischplatte. "Sonst wird ganz schnell ein Beliebtheitswettbewerb aus einer eigentlich spaßigen Sache und die Leute, die für weniger Creds versteigert wurden, fühlen sich schlecht."
"Als ob das nicht passieren würde. Mal davon ab, eine knisternde Komponente ist bei sowas doch immer mit dabei, also erzähl' mir nichts vom Bantha." Für einen Moment schweiften die Gedanken des Lieutenants zu Private Malony, der sich auf der Junggesellenversteigerung immerhin Master Sergeant Blex ersteigert hatte. Was Malony wohl zu knisternden Komponenten zu sagen hatte? Wahrscheinlich jedoch würde er nicht einmal im Ansatz verstehen, was Tlarn meinte!
"Warum denn auch nicht? Ich bin lange nicht mehr schick essen gegangen und Captain Thrace ist ein Gentleman," sagte Lienas. "Wird sicher ein piekfeines Restaurant mit lauter gut gekleideten Leuten und Essen, das einen sehr viel längeren Namen auf der Speisekarte als im Umfang auf dem Teller."
"Ich hätte nicht gedacht, dass Du auf langweilig stehst," neckte Tlarn seine Kundin und vor allem langjährige gute Bekannte. "Wenn man es nicht macht, weiss man auch nicht, ob es langweilig ist oder nicht. Also?"

Tlarn spielte die Bildschirmanzeigen auf die Holoübertragung und deutete auf zwei Posten.
"Diese hier bekomme ich ohne allzu große Verluste los, gerade Thermodyne Industries wird derzeit recht gerne gekauft. Ich würde Dir aber raten, diese Positionen noch eine Weile zu halten, da steckt noch Potential drin."
"Wenn ich die Wahl habe, Aktien zu verkaufen oder einen Kredit von meinem Vorgesetzten anzunehmen, dann verkaufe ich Aktien." Tlarn war die Verblüffung nun doch anzusehen. "Einen Kredit von Deinem Vorgesetzten? Wie darf ich das verstehen?"
"Naja, mein Urlaubsbudget war bei siebentausend an seinem Ende angelangt. Hätte mir mein Captain nicht angeboten, mich zu unterstützen, hätte ich nie weiter geboten. Ich bin doch nicht bescheuert!"
Der Broker schüttelte grinsend den Kopf.
"Und jetzt nimmst Du sein Geld nicht an? Das ist auch bescheuert, wenn Du mich fragst. Vor allem, weil das hier astreine Verlustverkäufe sind." Die Offizierin winkte leicht ab und meinte nur trocken:
"Ich habe einfach nicht gerne Schulden, und schon gar nicht bei einem Vorgesetzten. Man muss sich nicht grundlos angreifbar machen, wenn man es nicht vermeiden kann."

"Na gut, das verstehe ich ..." Sie tauschten ein verständnisinniges Nicken. Tlarn war nicht immer ein respektabler Broker gewesen, und Lienas nicht immer ein Lieutenant der imperialen Infanterie. Manche Dinge musste man sich nicht gegenseitig erklären.
"Lass mich raten, Du hast bei dieser Versteigerung sicher auch mitgemacht, oder?" Wie auch in früheren Zeiten kam dieses corellianische Schlitzohr direkt auf den Punkt. Lienas seufzte abermals leise vor sich hin. "Ja, habe ich. Ich habe das Ganze schließlich organisiert. Wie sollte man auch sonst andere zu sowas überreden, wenn man sich ansonsten vornehm zurückhält?" Manche hatte sie wirklich überreden müssen - Captain Thrace zum Beispiel. Ihn hatte sie überhaupt nur mit dem Versprechen, ihn vor einem allzu miesen Date zu bewahren, zur Teilnahme bewegen können. Und dieses Versprechen hatte sie gehalten, auch wenn es wirklich teuer geworden war. Gerade bei Sergeant Morrison war Lienas froh, dass diese es dann doch gewagt hatte mitzumachen, allen Unsicherheiten zum Trotz. Es hatte dem Selbstbewusstsein der Sergeant hoffentlich gut getan, gemerkt zu haben, dass gleich mehrere Männer mit ihr hatten ausgehen wollen.

"Und, was hast Du so gebracht?" Lienas blickte starr nach vorn und schloss die Augen, bereitete sich innerlich auf den nächsten Lachflash-Impact vor und nuschtelte die Zahl leise vor sich hin. "He, da war wohl ein statisches Rauschen in der Leitung, sag es nochmal ..."
"Zweiundvierzigtausendcreditsundjetztlassesgutsein..." Natürlich ließ er es nicht gut sein. Wieder saß der Broker einige Momente lang perplex vor dem Bildschirm, und wieder brach er in schallendes Lachen aus. "Das ist doch total irre! Wer zahlt denn so viel Geld für ein Date mit Dir? Was hast Du denn angeboten zu machen? Einen vierwöchigen Sexmarathon auf Nar oder was?"
"Ich habe nicht nur ein Date, ich habe drei Dates," stellte Lienas mit aller Sachlichkeit und Würde fest, zu der sie angesichts des Tränen lachenden Tlarn noch fähig war. "Ich wurde von einer Bietergemeinschaft ersteigert, die am Ende zusammengelegt hat, um einen möglichst hohen Spendenbetrag zu erzielen!"
"Das glaubst auch nur Du ..." Tlarn hieb sich mit einer Hand auf die Oberschenkel und hielt sich mit der anderen Hand an seiner Schreibtischkante fest. Für einen Moment lang war Lienas stark in Versuchung, ihm einen Herzanfall wegen seines Amüsements zu wünschen. Dann allerdings erinnerte sie sich rechtzeitig daran, dass nur er die verflochtenen Wege lückenlos überblickte, über die ihre Gefahrenzulagen der letzten zehn Jahre weitestgehend gewinnbringend investiert waren.
"Hör mal - die Hauptbieter sind mein Kommandant, ein Sith-Lord - eine Chiss aus einer der wichtigen Familien von Csilla - und mein Vorgesetzter, der verdammt nochmal verheiratet ist. Mit einer anderen Sith. Da geht es wirklich nur um Wohltätigkeit!"

"Ich hätte diesen Militärball eindeutig besuchen sollen," japste Tlarn mühevoll und zwang seinen Atem wieder in einigermaßen ruhigere Bahnen, bevor er sich mit einem Finger die Lachtränen aus den Augen wischte. "Das ist ja der reinste Sündenpfuhl bei euch Militärs, wenn man sich das so anhört. Na, da hast Du jedenfalls ordentlich was zu tun, Dir für diese drei ein paar gute Dates auszudenken."
"Ja ..." Es war nur ein Knurren, das die Offizierin ihm nun zugedachte. Die Dates waren wirklich ein Problem. Mit Private Merraru würde sie wohl ins Kaas City Military Hospital fliegen, um dort Leichen zu sezieren. Die Chiss schnitt gerne an Körpern herum und studierte Medizin, da bot sich etwas derartiges natürlich an. Vielleicht noch garniert mit einer Lektion, wie man gewisse Zustände hervorrief, die dann zu Leichen führen konnten. Mit Captain Stryder-Garrde - wieso auch immer er für sie Geld ausgegeben hatte! - würde sie versuchen, etwas zu unternehmen, das ihn entspannte und aus seinem allzu dienstlichen Umfeld herausriss. Nur der Lord machte echte Probleme. Womit amüsierten sich Sith in ihrer Freizeit? Im Folterkeller? Es gab Dinge, über die sie nicht nachdenken wollte.
"Ich habe die Verkäufe eben angewiesen, Du solltest also recht bald das Geld auf Deinem Konto haben. Und wenn Du mich das nächste Mal nicht zu so einem Ball einlädst, bin ich wirklich beleidigt, hörst Du?" - "Ich überlege wirklich, ob ich nochmal eine Junggesellenversteigerung durchführe. Tanzkarten, Damenwahl und ein paar lustige Spiele darüber, wer mit wem zu tanzen hat, klingen so unglaublich viel harmloser," gab Lienas zu bedenken und wurde wieder von Tlarns Lachen unterbrochen.
"Aber auch so viel langweiliger! Und Du hast es nicht mit langweilig ..." Grinsend zwinkerte er ihr durch das Flackern der Holoverbindung zu und fügte dann an: "Ich muss jetzt weitermachen - war gut, Dich mal wieder zu hören, teuerster Lieutenant des Sektors!" Sie nickten sich zu, und Lienas unterbrach die Verbindung, irgendwie froh darüber, ihm nichts von der Bieterschlacht um Staff Sergeant Limsharn und dessen Ersteigerin erzählt zu haben ...


Zuletzt von van_Arden am Do Okt 23, 2014 2:15 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyDo Okt 23, 2014 2:15 pm

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Der perfekte Moment: Schreibtischstunden

Schweiß rann über ihren Nacken zwischen die Schulterblätter und wurde vom dunklen Stoff des Kampftops aufgesogen. Noch immer belauerten sich die beiden Kämpfer mehr, als dass es zu einem offenen Schlagabtausch gekommen wäre, aber dafür kannten sich beide inzwischen auch zu gut. Zwei Veteranen, deren Wege höchst unterschiedlich verlaufen waren, die aber die Liebe zur Kampfkunst vereinte.
Corporal Corrin Vale vom 193. Panzergrenadierregiment und Lieutenant Lienas van Arden hätten ohne Schwierigkeiten das jeweilige Gegenteil des anderen darstellen können - er vierschrötiger Panzerabwehrsoldat mit einer nur bei der Infanterie verlaufenen Karriere, rauhbeinig, meist mürrisch, inzwischen in den Vierzigern und die Art Soldat, die wegen ihrer unbequemen Art selten befördert wurden. Der Lieutenant war stromlinienförmiger, geschmeidiger, jünger und vor allem heiterer - und dennoch hatte sie Spaß an der Gesellschaft des Corporals. Es war eine eng begrenzte Gesellschaft - einmal pro Woche für eineinhalb Stunden - während derer sie sich reichlich Mühe gaben, den anderen nach allen Regeln der Kunst zu verprügeln.

Vales Arm ruckte vor, er täuschte einen Angriff an, nur um einen zweiten mit der geballten anderen Faust folgen zu lassen. Fast wäre sie ihm auf den Leim gegangen. Klatschend traf seine Faust auf den zum Block erhobenen Unterarm, ein kurzer, dumpfer Schmerz zuckte durch ihren Arm. Vale schonte sie nicht, niemals, und sie hätte es auch nicht anders gewollt. Nur wenn man sich nicht zurückhielt, hatte der Kampf die richtige Qualität. Und heute hatte sie einiges, was sie im Kampf lassen musste, um ausserhalb der Trainingshalle einen ruhigen Kopf zu bewahren.
Als hätte Vale geahnt, dass sie innerlich abgelenkt war, versetzte er ihr einen gemeinen Tritt in Richtung des rechten Oberschenkels, den sie sofort einer Drehung zur Seite kontern musste, um ihm nicht noch mehr Angriffsfläche zu bieten. Wieder umkreisten sich die beiden Kämpfer, während sich das breite, scharf geschnittene Gesicht des Corporals zu einem genüsslichen Grinsen verzog.
"Nicht einschlafen, Lieutenant, ich bin noch nicht fertig mit Ihnen!" Sie schnaubte nur und zeigte ihm grinsend den ausgestreckten Mittelfinger, bevor sie mit schnellen Schritten auf ihn losging und nach einer gelungenen Finte ihre Faust gegen seine Seite rammte. Sein Zucken und schwereres Atmen war wie Musik in ihren Ohren.

Am liebsten hätte sie auch Captain Stryder-Garrde eine Folge von Hieben dieser Art reingedrückt. Oder auch nur eine Faust mitten ins Gesicht, dass die sorgsam zurückgegelten Haare ihres Vorgesetzten flatterten. Der befriedigende Klang, ein Knacksen, das von einer gebrochenen Nase kündete ...
Einfach nur, um sich Luft davon zu machen, dass er wegen seiner privaten Verstrickungen in Haus Garrde nach Alderaan abgehauen war und ihr den ganzen aufgelaufenen Mist auf dem Schreibtisch hinterlassen hatte. Zusätzlich zu der Tatsache, dass er das Kommando bis zu seiner Rückkehr auf Lienas übertragen hatte, den für eine solche Aufgabe wohl unwilligsten Offizier des gesamten Stützpunktes.
Nicht genug, dass die Ereignisse der letzten Wochen vom privaten Bereich des Captains auf das Regiment übergeschwappt waren. Dazu kam noch der Verrückte, der dem Captain seit einiger Zeit Drohnachrichten schickte und dem es offensichtlich gelungen war, Sergeant Morrison gefangen zu nehmen. Dass sie nichts über Morrisons Sonderauftrag gewusst hatte, war eine Sache, aber jetzt mit mangelhaften Informationen eine verfahrene Situation ausbügeln zu müssen, gefiel dem Lieutenant absolut nicht.

Pure Gewalt lag im nächsten Schlag des Corporals, und wieder holte der Schmerz sie in die Realität zurück - Vale versuchte, sie in den Schwitzkasten zu nehmen, und sie entkam dem kräftigen Griff ihres Gegners nur mit viel Geschick. Keuchend verharrten die beiden in einigem Abstand voreinander, während Vale wieder grinste.
"Sie kämpfen heute wie ein Mädchen, Lieutenant," hielt ihr der Corporal grinsend vor.
"Ich bin ein Mädchen," entgegnete Lienas knurrend und ging zum Angriff über. Schnelle Schritte, ihre Vorteile Vale gegenüber waren ihr geringeres Kampfgewicht, die größere Geschwindigkeit, die sie auch beim Training mit Staff Sergeant Limsharn immer wieder nutzen musste. Limsharn war noch breiter gebaut als Vale, aber auch ein gutes Stück schneller. Als hätten sie sich abgesprochen, gingen sich die beiden Kämpfer im selben Augenblick entgegen, der folgende Schlagabtausch ließ harte, knappe Laute durch die Turnhalle schallen. Vales Augen blitzten, er war ganz beim Kampf, mit allen Sinnen Krieger, die Zähne leicht gefletscht im Angriff.
Sie krachten zu Boden, Lienas' Schultern touchierten die Trainingsmatte unter ihnen, Vales Gewicht knallte mit voller Wucht auf sie und der vertraute, alte Schmerz schoss in ihre Wirbelsäule, anzeigend, dass ihr Körper die Strapazen der letzten Jahre noch immer nicht vergab. Spätestens jetzt gab sie die Zurückhaltung auf, jetzt wollte sie gewinnen. Vale keuchte, als ihr Knie seine Seite traf, lockerte seinen Griff, und sie kam über ihn. Stilles, keuchendes Ringen darum, wer von beiden der Stärkere sein würden. Muskeln oder purer, wütender Wille?

Ein Schweißtropfen löste sich von ihrer Stirn und ging auf Vales Gesicht nieder, während sie sich in die Augen starrten. Keiner wollte aufgeben, und doch wussten beide, dass sie eine Art Patt erreicht hatten. Das Pulsieren in ihrem Rücken gemahnte sie zur Eile.
"Immernoch wie ein Mädchen?" Damit rammte sie ihm ihren Kopf entgegen, dass ihr der Schädel dröhnte, aber es hatte wenigstens den gewünschten Effekt. Für einen Moment wurde sein Griff lockerer, sie entriss ihm den Arm und nagelte seinen Hals mit dem Ellenbogen fest, noch immer vor Anstrengung keuchend. Dunkelrote und schwarze Sterne tanzten vor ihren Augen, und endlich nickte er mühsam, seine Niederlage akzeptierend. Als beide Seite an Seite auf der Matte lagen, den Blick zur Decke gerichtet, drehte Vale den Kopf zu Lienas und meinte, die Stirn bei seinen Worten gerunzelt:
"Wenn Sie das nächste Mal so mies drauf sind, bestehe ich darauf, dass Sie erst eine Stunde Krafttraining machen, bevor wir uns prügeln ..."
"Tut mir leid, Vale." Sie hielt die Augen mühsam offen und ignorierte, wie sie es in den letzten Jahren gewöhnt war, das Pulsieren im unteren Teil ihrer Wirbelsäule. "Kommt nicht wieder vor." Mit einem Nicken akzeptierte der Veteran ihre Entschuldigung und entspannte seine Muskeln nach und nach im Liegen. Auch sein Gesicht war nun schweißnass und verriet, dass er sich ausreichend angestrengt hatte.

Darth Aroval. Ein weiterer Name, ein weiteres Teil für ihr Puzzle, eines, das so gar nicht passen wollte und konnte. Noch mehr Variablen in einem Geflecht, das immer schmutziger wurde und immer mehr stank. Kein Anhaltspunkt bei Morrison, nur ein verdammtes Rätsel. Keine Nachrichten von Arric, unveränderter Vermisstenstatus seines Schiffes. Täglich neue Babybilder, die ihr Elira in überreichlicher Menge von ihrem zugegebenermaßen wirklich süßen Neffen schickte. Und drei verdammte Dates, die sie nun wenigstens fertig geplant hatte und die sie noch absolvieren musste.
Warum Dr. Crawford unbedingt nun auch mit ihr ausgehen wollte, war ihr schleierhaft. Auch wenn seine Worte eine vordergründig nachvollziehbare Erklärung geboten hatten, war sie doch ein wenig irritiert. Der neue Arzt des Sturmregimentes hatte sich schließlich durchaus nicht vor weiblicher Aufmerksamkeit retten können - was trieb einen Jäger dazu, einen anderen Jäger zur Beute machen zu wollen? Wirklich der Wunsch nach mehr als einem flüchtigen Vergnügen? Der angesetzte Abend würde diese Frage vielleicht beantworten können, vielleicht auch nicht. Das würde sie auf sich zukommen lassen müssen.

Das andere Date ...darauf freute sie sich inzwischen uneingeschränkt. Allein Captain Thrace dabei beobachten zu können, wie er in seiner gewohnt vorsichtigen, nachdrücklichen Art versucht hatte herauszufinden, was sie als möglichen Dateinhalt bevorzugen würde, war die Spendensumme schon wert gewesen. Vermutlich würde es der Lichtblick der kommenden, voraussichtlich überaus unerfreulichen Wochen werden. Sie schmunzelte grimmig, bevor sie sich langsam zur Seite rollte und aufrichtete, Vale eine Hand bietend, damit auch er auf die Beine kommen konnte.
"Danke für den Kampf, Corporal," sagte Lienas, als sie sich anblickten. Vale nickte nur, brummte etwas unverständliches und machte sich in Richtung der Duschen auf, wie jedes Mal. Inzwischen war er wieder fit genug, dass sein Rekonvaleszenz-Sondertraining nach einer längeren Verletzungspause bald enden würde. Sie würde ihn vermissen. Denn wenn es eines gab, was man mit ihm noch besser tun konnte als kämpfen, war es schweigen. Ja, sie würde Vale definitiv vermissen.
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptySa Nov 01, 2014 6:20 pm

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Der perfekte Moment: Lose Enden

Der Regen von Dromund Kaas war überaus vertraut und Lieutenant Lienas van Arden konnte nicht sagen, ob ihr dieser Gedanke gefiel oder nicht. Auf diesem Planeten war sie geboren worden, aufgewachsen, hier hatte sie die Militärakademie besucht. Dennoch war ihre Verbindung zu ihrem Heimatplaneten bestenfalls die Art Beziehung, bei der man versucht, einen weit entfernten, eher unangenehmen Verwandten möglichst wenig zu besuchen.
Vielleicht hatte sie auch inzwischen den größten Anteil an Heimatgefühl verloren. Im Gegensatz zu manch anderen Militärangehörigen leistete sie sich keine Wohnung auf Kaas, sondern hielt es wie in den Jahren zuvor, zahlte die unverschämt teure Mitgliedschaft in ihrem Offiziersclub und übernachtete im Clubgebäude, wann immer sie Kaas City besuchte. Es hatte eine exclusive Adresse, der Club selbst wurde nur von Offizieren frequentiert und man hatte dort seine Ruhe - mehr erwartete sie nicht. An diesem Tag aber würde sie am Abend gleich zurück fliegen, um möglichst wenig Zeit abseits der Einheit zu verbringen. Wenigstens in diesem Punkt wollte sie ihre Arbeit korrekt verrichten.

Als sie die Freitreppe vor dem Archivgebäude betrat, richtete sie unweigerlich den Blick in die Höhe. Dunkler Himmel, entfernte Blitze, Regen auf ihrem gebräunten Gesicht. Dunkle Gebäude, welche sich in diesen düsteren Himmel empor reckten. Kaas City bot ein Paradebeispiel imperialer Architektur, die vor allem beeindruckend wirken wollte, megalomanisch. Die wahren Geheimnisse lagen tief unter der aufmerksamkeitsheischenden Fassade verborgen und wurden nur wenigen offenbart.
Wenn das Imperium eines meisterhaft beherrschte, war es das Akkumulieren von Informationen, die Interpretation von Fakten und gesammeltem Wissen. Hinter einem aufmerksamkeitsheischenden Überbau an blutrünstigen, skrupellosen und machtgierigen Sith sammelten und arbeiteten fleissige Ministeriumsmitarbeiter, Agenten und Soldaten daran, dieser Fassade die nötige Stützkraft zu verleihen.
"Lieutenant Lienas van Arden, Kommandant 17. Sturmregiment Kaas. Ich habe Zugriffsberechtigung auf die Archive für den heutigen Tag," meldete sie sich am Eingang an und ließ die Sicherheitsprüfung der Wachsoldaten geduldig über sich ergehen. Der Wachoffizier scannte ihre Handabdrücke und machte einen Retinaabgleich, bevor er sie mit einem knappen Nicken durch die erste Schleuse einließ. Zwei weitere folgten, mit denselben Sicherheitsprotokollen, einem Stimmabgleich und natürlich dem immer wieder präsentierten Anforderungschip, den Lord Tragos autorisiert hatte. Ohne einen Sith-Lord im Hintergrund hätte sich nicht einmal die äußerste Tür für sie geöffnet, das wusste sie wohl.

Während sie mit einem der Archiv-Sicherheitsbeamten in den Lift stieg, der sie tief unter die Erde führte, versuchte sie das aufsteigende Gefühl des Unwohlseins zu unterdrücken, das sie bei derlei Fahrten immer befiel. Eine geschlossene Kabine, und sich ins gefühlt Unendliche erstreckende Gänge und Archivkammern warten, doch würde sie diese kaum zu Gesicht bekommen.
"Hier, Lieutenant. Ihre Zeit läuft ab jetzt - Sie haben die beantragten 14 Stunden für Ihre Arbeit." Der Beamte aktivierte ihre Arbeitskonsole und nickte ihr zu, bevor er sich zurückzog. Nahezu lautloses Zischen von der Tür des kleinen Arbeitsbereiches erklang, dann nahm Lienas auf dem erstaunlich bequemen Bürostuhl Platz und gab die ersten Autorisierungscodes ein. Hier war sie mit einem Mal wieder zurück in einer Welt, von der sie geglaubt hatte, sie läge längst hinter ihr.
Du bist aber nicht mehr beim Geheimdienst.
Die ersten Eingaben waren nur reine Routine, bis sie sich wieder an das Bedienen der Suchalgorythmen und Unterprogramme gewöhnt hatte. Abfragen über die aktuelle Mission ihres Vaters und den MIA-Status ihres Bruders, der nach wie vor unverändert war, bargen nichts Neues für sie. Dennoch war es seltsam tröstlich, die vertrauten Gesichter zu sehen, selbst wenn es nur Hologrammbilder zu den jeweiligen Akten waren.

Die ersre halbe Stunde verstrich damit, dass sie den einigermaßen sauberen Akten, welche sie durch Captain Stryder-Garrdes Codeautorisierung bereits an seinem Schreibtisch gelesen hatte, schmutzige Details hinzufügte. Dinge, die für eine militärische Karriere unerheblich waren, aber dennoch Eingang ins Geheimdienstarchiv gefunden hatten. Sergeant Saphire Morrison. Einträge über die Ausbildung und frühe Aufträge im Geheimdienst, sofern sie nicht als Hochsicherheitsmissionen klassifiziert waren. Dr. Richard Crawford. Werdegang und psychologische Einschätzungen. Sein 'Regen-Date' zeigte Kreativität und Einfühlungsvermögen, welches in seiner Akte nicht abgebildet wurde. Während sich auf dem Display die Datensätze zu häufen begannen, schweiften ihre Gedanken ab.
Es war ein erstaunlich schöner Abend gewesen, schöner als erwartet - sie musste sich selbst gestehen, dass sie seinen Willen dazu, einen besonderen Moment mit ihr zu teilen, unterschätzt hatte. Das gelungene Essen, der Tanz im Anschluss, das Gespräch - alles hatte gepasst, er war ihr nie zu nahe getreten, wenngleich die Andeutung, dass derlei geschehen könnte, immer spürbar gewesen war. Und doch, sie hätte den Abend wohl nicht anders haben wollen. Einfach einige Stunden Kontrastprogramm ohne jeden Gedanken an den Dienst. Oder Gedanken an den perfekten Bogen, den Sergeant Morrisons gefesselter Körper in der Luft beschrieben hatte, von einer aus ihrem Körper gepumpten Blutfontäne gefolgt, als der Verrückte auf sie geschossen hatte. Meine Schuld...

Lienas griff mit Daumen und Zeigefinger an ihre Nasenwurzel und rieb diese einige Momente lang, dann archivierte sie die gewonnenen Daten für die Zeit nach ihrem Besuch. Es musste reichen, einen oberflächlichen Blick zu werfen. Admiral Ashcroft. Er hatte Sergeant Morrison angefordert - und sie würde diesem Navy-Offizier einige Fragen stellen müssen, um die Spur des Sergeants wiederzufinden. Selten hatte sich die ehemalige Agentin so hilflos gefühlt. Selten so wütend darüber, dass ihr Vorgesetzter auf Alderaan herumsaß und ihr einen so großen Haufen Banthamist hinterlassen hatte, dass sie zu ersticken drohte. Von der Tatsache einmal abgesehen, dass sie gleich dreimal hintereinander erklären und einweihen hatte müssen, von Lord Tragos über Colonel Sordan bis hin zu Captain Thrace.
Captain Amon Stryder-Garrde. Querverweise auf Haus Garrde. Lord Seylar Garrde. Neue Namen, neue Akten, neue Puzzlestücke, deren schiere Menge auf sie einprasselten und einen vagen Kopfschmerz zurück ließen.
Und: Darth Aroval. Nur eine Randnotiz, in einem Nebensatz erwähnt, aber der Captain hatte dieselbe Ausbildung erhalten wie Lienas. Er würde einen solchen Namen niemals ohne Grund erwähnen. Subtext war für Angehörige des Geheimdienstes überlebenswichtig - sie konnten nur hoffen, dass Jiros das eines Tages genauso verinnerlichen würde.

Farraan Garrde. Der nächste der Garrdes, über den es ganz sicher genug Informationen gab - sein Vorgehen hatte Lienas bereits argwöhnen lassen, dass der Count ein ehemaliger Agent sein musste, und bereits die ersten eintreffenden Daten bestätigten diesen Verdacht. Sheysa Garrde. Shanora Garrde. Zwei Schlüsselfiguren des Hauses, und sicherlich nicht nur das. Allein die doppelte Verbindung zu Captain Stryder-Garrde ließ beide Namen auf ihrer inneren Aufmerksamkeitsperipherie rot aufleuchten. Lord Concabille. Ghurab Karaz. Mit allem verbunden, nicht nur durch Handeln, sondern auch durch Blut. Haus Karaz. Spätestens, wenn Reinblüter ins Spiel kamen, würde die Sache kompliziert werden, komplizierter, als sie es ohnehin schon war. Jetzt wäre ein Urlaub auf irgendeinem Planeten im Outer Rim wirklich eine gute Idee.
Captain Carsson Thrace. Die Gelegenheit war günstig, auch hier einige offene Fragen zu beantworten. Sie hätte ihm diese auch persönlich stellen können, doch manche Gewohnheiten waren einfach stärker. Kein Verdacht. Nur Vorsicht. Mehr denn je war Vorsicht notwendig. Haus Elentaar. Sie traute niemandem, nicht einmal ihrer eigenen Verwandtschaft. Lord Kathro Tragos. Niemandem.

Der erste richtige Kopfschmerz kam nach der fünften Stunde, als die Datenzeichen begannen, vor ihrem Blick zu verschwimmen und seltsame Formen zu bilden. Die letzte Nacht war wohl doch zu kurz gewesen, in der letzten Zeit bekam sie deutlich zu wenig Schlaf. Für gewöhnlich merkte sie es dank Training und sehr viel Caf nicht, aber heute erwies sich diese neue Gewohnheit als fatal. Aus ihrer Uniformjacke förderte sie einen leicht angewärmten Energieriegel zutage und brach sich ein Stück davon ab, kaute sorgsam darauf herum. Er schmeckte widerlich, nach unzähligen Einsätzen auf irgendwelchen unwichtigen Planeten, aber schon nach wenigen Minuten fühlte sie neue Kraft in ihre Adern strömen.
Wie früher ...
Zeit für die Querverweise. Nur nach einem Namen alleine zu suchen war niemals ausreichend, es war viel entscheidender, die richtigen Rahmensuchbegriffe zu finden und zu nutzen. Tagelang hatte sie darüber nachgedacht, wie sie die passenden Verknüpfungen erstellen konnte, las sich in die meisten der Akten einmal ein, bevor sie entschied, ob sie den vorausgeplanten Pfad weiter beschreiten würde oder nicht. Inzwischen hatte sie alle im Arbeitsraum vorhandenen Displays zugeschaltet und ließ sich auf insgesamt acht Bildschirmen, welche um sie gruppiert waren, die hereinlaufenden Daten anzeigen. Schweigend schob sie hier einen Datensatz weg, sicherte dort einen anderen für die spätere Bearbeitung.

Der Fokus setzte ein, den man ihr während der ersten Monate ihrer Geheimdienstarbeit eingebläut hatte - ihr Blick blieb ausschließlich auf die Daten gerichtet, alles andere versank in der Bedeutungslosigkeit. Sie hörte ihr Com nicht mehr, welches in jeder Stunde ein kleines Piepsgeräusch von sich gab, um sie an das Vergehen der Zeit zu erinnern. Die Welt wurde kleiner, beschränkte sich auf acht Bildschirme und die Daten, die sie zeigten, unzählige Kolonnen akribisch recherchierter Gewissheiten, verknüpft durch stille gedankliche Verbindungen, durch Hinweise darauf, was sein könnte, was vielleicht gewesen war, und was noch kommen mochte.
Hier war sie nur noch eines: Eine Jägerin, die endlich eine Spur gefunden hatte und diese verfolgte, egal wie lange es dauern würde und wie anstrengend es sein würde. Irgendwann war es auch nicht mehr wichtig, dass ihr Schädel dröhnte, sich über die schiere Unmöglichkeit, so viel auf einmal aufzunehmen, zu beachten und bewerten zu müssen, beschwerte und ihr nicht mehr gehorchen wollte...

"Lieutenant? Ihre Zeit ist um," meldete sich eine schnarrende Stimme über das Com des Raumes. Flackernde Datenkolonnen tauchten den kleinen Arbeitsraum in bläuliches Licht, dann erloschen sie zum Logo des Sith-Geheimdienstes, welches sich höhnisch und in aufreizender Langsamkeit auf den acht Bildschirmen zu drehen begann. Hatte sie genug gesehen, genug sammeln können? Würde es ausreichen, um einen Fuß in die nur schwierig zu öffnende Tür zu stellen und sich Einlass zu verschaffen? Würde es ausreichen, um Schlimmeres zu verhindern? Sie verstaute die Datensticks mit ihrer kostbaren Fracht darauf sorgsam und stemmte sich in die Senkrechte. Jede Bewegung verursachte ein hämmerndes Echo in ihrem Kopf.
Erst als sie nach weiteren Sicherheitskontrollen das Gebäude verlassen konnte, atmete sie wieder freier, der Schmerz wurde in den Hintergrund gedrängt. Der immerwährende Regen von Dromund Kaas hatte etwas tröstliches, wie eine sanfte Liebkosung auf ihrer Haut, kühlend auf der von der vergangenen Anstrengung heißen Stirn.
Die beiden Eskort-Soldaten warteten geduldig vor dem Gebäude und salutierten erstaunlich frisch, als sie mit müdem Schritt zum Hoverwagen trat, um sich zurück zum Raumhafen bringen zu lassen. Wieviel ihr dieser Ausflug gebracht hatte, würde sich erst in den nächsten Tagen erweisen. Auf ihrem Passagiersitz fielen ihr fast sofort die Augen wieder zu, milde belächelt von einem der Wach-Soldaten. Eine Stunde Schlaf wartete, süßer, ungestörter Schlaf auf dem Rückflug nach Jaguada ...
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptySa Nov 15, 2014 4:03 pm

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Der perfekte Moment: Der Hauch des Todes

"Mir ist da noch etwas eingefallen," sagte der hochgewachsene Rutian-Twi'lek mit dem markanten Gesicht und blieb direkt neben der Tür stehen, bevor er sich zu Senator Gar'vin und dessen kleinem Hofstaat umwendete. Neben dem ältlichen Senator von Lordin Prime stand dessen mondäne Gattin, wie immer bei ihrem Gemahl untergehakt und ein sehr atemberaubender Anblick. Der servile Sekretär des Senators hielt sich etwas im Hintergrund, sein mirialanischer Protokollchef beäugte den Lieutenant der coruscanter Polizei wie immer, als sei er der herausgewürgte Auswurf einer Manka-Katze.
"Ist es nicht so, Mrs. Gar'vin, dass Sie nicht wie bisher vorgebracht bei Ihrer Kosmetikerin waren, als die Geliebte Ihres Mannes umgebracht wurde, sondern Sie mittels einer Camouflage-Einheit als Hausdiener getarnt sich in den Apartmentkomplex eingeschlichen haben, in welchem sie wohnte?" Der Lieutenant trat zurück in den Raum und betrachtete die Gesichter der dort versammelten Personen. Der Senator, eben noch ältlich und resigniert, starrte seine Frau überrascht an, der Sekretär machte einen Schritt weiter zurück, um auch physisch Abstand zu ihr zu nehmen, schließlich quetschte die mondäne Dame nur ein mühsames "Wie konnten Sie das wissen?" heraus.

"Niemand konnte ahnen, dass Sie über die notwendigen Kontakte zum Geheimdienst verfügten, Mrs. Gar'vin - bis Ihr Ex-Ehemann bei uns im Revier auftauchte und ein bisschen ausgepackt hat - Sie hätten ihn nicht so schnöde zugunsten eines reicheren Gatten verlassen dürfen ..." Genüsslich setzte der Twi'lek-Lieutenant in der feschen Uniform der frechen Mörderin seine Beweiskette auseinander, dann wurde sie von der treuen cybermodifizierten Partnerin des Lieutenants auch schon in Handschellen abgeführt -
und der Abspann der beliebten Polizeiserie "Lieutenant Lekku" erklang, untermalt von der Ansage des rodianischen RFN9-Sprechers, dass nach einer nur kurzen Werbepause gleich die nächste Folge des "Lieutenant-Lekku-Serienmarathons" folgen würde.

Mit einem Seufzen schaltete ein realer Lieutenant das Holo-Empfangsgerät aus und blickte an die Decke ihres Krankenzimmers. Dass sich jetzt auch noch in die Fälle ihrer absoluten Lieblingsserie Elemente einmischten, die sie allzu sehr an das Geschehen von vor knapp einer Woche erinnerten, verdarb ihr ganz gewaltig den Spaß. Es war bislang eine der wenigen angenehmen Entwicklungen ihres strikten Krankenstandes gewesen, dass  Private First Class Saspirinowitsch das Empfangsgerätr ein wenig modifiziert hatte, dass es auch die republikanischen Frequenzen abtastete und ihr es so ermöglichte, den derzeitigen "Lt. Lekku"-Marathon anzusehen.
Dass Logan sie besucht hatte, gehörte zu den Überraschungen dieser Woche, und es war definitiv eine angenehme gewesen. Es schien eine halbe Ewigkeit seit ihrem letzten Gespräch vergangen, aber der gemeinsamen Gesprächsbasis hatte es nicht den Boden entzogen. Dass er sich sogar Sorgen gemacht hatte, war für sie umso erstaunlicher.
Noch immer versuchte sie, nicht zu sehr an jenen Abend zu denken. An jenen einen Moment, in dem es alles innerhalb eines Moments zu Ende hätte sein können - und nur unglaubliches Glück verhindert hatte, dass sie nun nur mit einer verletzten Schulter und noch mehr verletztem Stolz in der Krankenstation lag.

Es war überhaupt nicht so abgelaufen wie geplant. Mit einem kleinen, aber feinen Team an Spezialisten hatte Lienas die ausdrückliche Einladung des verrückten Terroristen angenommen - zwar hatte dieser nach Captain Stryder-Garrde als Gesprächspartner verlangt, aber wenn dieser dank seiner persönlichen Verstrickungen auf Alderaan festsaß, musste man eben improvisieren.  Und sie hatte improvisiert:
Die von einem Kontakt beim Sith-Geheimdienst geliehene Camouflage-Einheit tarnte den Lieutenant äusserlich und gegen Scansondierung als Captain, sie musste dem nur seine Art zu gehen und zu sprechen hinzufügen - und diese zu studieren hatte sie in den vergangenen Wochen ausgiebig Zeit gehabt. Zu schade, dass das Gerät beim Einsatz zerstört worden war...

Mit Staff Sergeant Limsharn, der schon zwei Tage vorher zum Einsatzgebiet voraus gereist war, um den vermuteten Treffpunkt - eine breite Brücke in einem der Neubaudistrikte von Kaas City - zu sichern und Schneidsprengladungen unter dieser anzubringen, um eine mögliche Flucht abzusichern, hatte sie sich eigentlich recht gut vorbereitet gefühlt. Der Mann war ein Vollprofi wie alle anderen auch. Die beiden mandalorianischen Söldner Garrm Tracinya und Khalb Kreldo brachten durch ihre Jetpacks und eine Karbonisierungseinheit genug Beweglichkeit mit aufs Schlachtfeld, um den Terroristen ergreifen zu können, wenn sich die Gelegenheit bieten würde.
Dazu Master Sergeant Blex und Private Olin als kampfkräftige Verstärkung, Sergeant Crossfire mit einem Truppentransporter für eine schnelle Evakuierung in Bereitschaft. Dass der Verrückte die ganzen Möglichkeiten allerdings dadurch torpedierte, dass er nicht selbst auf der Brücke erschien, sondern Sergeant Morrison in Begleitung eines abgehalfterten Kriegsdroiden dort präsentiert hatte, war genau die Option gewesen, mit der Lienas nicht gerechnet hatte.

Damit änderten sich die Prioritäten, und als sie versucht hatte, Morrison zu befreien, waren sie in eine Falle gelaufen. Morrison hatte auf einer mit Pincode gesicherten Kiste gesessen, und als das Rätsel gelöst war, das den Pin ergab, hatte die unter Drogen gesetzte junge Soldatin nur murmeln können, es handle sich um einen Abschusscode.
Einen Abschusscode für eine Lafette der Orbitalverteidigung von Dromund Kaas, um genau zu sein - zwei Raketen kleineren Typs, mit dem normalerweise Transporter aus dem Luftraum geschossen wurden. In einem solchen Moment retteten einen nur schnelle Reaktionen und noch schnellere Beine. Morrison und Lienas waren buchstäblich um ihr Leben gelaufen, als eine der Raketen die Brücke ansteuerte.

Der perfekte Moment Lienas_explosion

Ab da erinnerte sich Lienas nur noch bruchstückhaft an das Geschehen. Ein jäher, harter Schmerz hatte ihre Schulter getroffen, dann war es dunkel geworden. Sie kam im Transporter wieder zu sich, Limsharn hatte sowohl Morrison als auch sie aus dem unmittelbaren Gefahrenradius herausgeschleppt und an Bord gebracht. Dann wieder Dunkelheit.
Aufwachen im Evakuierungsbereich der Einheit, vor dem Baudistrikt von Kaas City, in dem nun Sirenen heulten wie nach einem echten Luftangriff. Ein Chiss-Inspector des IBIS war bereits dabei, die größtenteils unwilligen Teammitglieder zu befragen. Glücklicherweise hatte Blex nicht mit seiner Faust für eine neue Form des inspector'schen Nasenknochens gesorgt.
Wie immer war die Inquisition des Imperiums die schnellste Truppe von allen. Die Medics hatten entschieden, das Trümmerteil aus Lienas' Rücken zu ziehen und sie transportstabil zu machen, Gespräche brandeten an ihr vorbei, wurden von den Schmerzwellen geschluckt. Besorgte Augen, die immer wieder zu ihr hinüber blickten, sich vergewisserten, dass sie noch lebte. Es war wohltuend und besorgniserregend zugleich, so angesehen zu werden. Und neu, das vor allem.

Captain Thrace hatte sich als Einsatzleiter bewehrt, sie war froh, alles in seine Hände legen zu können. Sie hätte lachen mögen vor Bitterkeit. Nun hatten sie zwar Morrison wieder, aber der Irre trieb sein kaputtes Spiel weiter.
So eine Sache bringt mich nicht um, hätte sie sagen sollen, aber irgendwann fehlte ihr auch dazu die Kraft. Es war schwer genug, noch immer den zuversichtlichen Kommandanten zu mimen. Verhindern, dass irgend etwas eskalierte, effizient wirken um jeden Preis. Irgendwann war ihr Körper stärker gewesen als ihr Geist. Den Rückflug nach Jaguada verbrachte sie schlafend, im Taumel der Medikamente, vornehmlich Schmerzmittel. Dann wieder eine Behandlung, und schließlich lag sie in einem Einzelzimmer, den linken Arm so fixiert, dass sie ihn nicht bewegen konnte.

Ihr Körper mochte das Synthfleisch nicht, mit dem die Ärzte das Loch in ihrem Körper geflickt hatten. Der Kunstknochen, mit dem ihr Schulterblatt ergänzt wurde, stellte kein Problem dar, aber es brauchte einige Tage, bis ihr Leib den Fremdkörper mit Hilfe von noch mehr Medikamenten akzeptieren wollte. Zu viele Verletzungen, zu viel Flickwerk, zu vieles, was sie sich im Lauf der Jahre schon verletzt hatte. Irgendwann war wohl Schluss, ein weiteres Zeichen, dass ihre besten Jahre im Einsatz wohl vorbei waren.
Die Woche hatte sich gedehnt. Einerseits hatte sie eine Unmenge Flimsikram beseitigen können, schließlich hatte sie tagsüber nichts anderes zu tun als das. Andererseits war schon nach dem dritten Tag in erzwungener Ruhe das Gefühl übermächtig geworden, aus dem reglementierten Alltag der Krankenstation ausbrechen zu müssen. Als hätten sie es geahnt, waren die Kollegen und Kameraden zu einem nicht abreißenden Strom der Besucher geworden, die zumindest die Abende sehr angenehm gestalteten, von dem Verhör durch Inspector Nirovan mal ganz abgesehen.
Auch das Gespräch mit Captain Stryder-Garrde kurz nach dessen Rückkehr von Alderaan hatte ihr Erleichterung verschafft, einen Kanal für ihre lange gehegte Wut. Er hatte seinen Fehler zugegeben, und das reichte für das Vergangene vollkommen aus. Für die Zukunft musste er nun wählen, und beide Wahlmöglichkeiten versprachen eine künftige, recht interessante Zusammenarbeit.

Corporal Vale hatte an den wachsamen Augen des Pflegepersonals vorbei einen großen Schluck Whisky in einer Saftflasche eingeschmuggelt. Colonel Sordan hatte sie verbal aufgerichtet, ihr Zuspruch geboten und ihr etwas wichtiges versprochen. PFC Saspirinowitsch hatte nicht nur den Holoempfänger umgebaut, sondern auch Lienas' lange überfälliges Com aus der Reperatur wieder zurückgebracht - mit dem Ersatzmodell war sie nie wirklich warm geworden.
Wunderbarer Caf aus der noch wunderbareren Cafmaschine von Captain Thrace, dazu ein hoffnungslos arterienverfettendes Sandwich, dessen Belag wesentlich aus Schinken und Käse und nur marginal aus Salat bestanden hatte. Dazu hatte er immer vorbei geschaut, wenn es seine Zeit erlaubte, ein beständiger und fürsorglicher Gesprächspartner, der ihr die Stunden hatte viel schneller vergehen lassen.

Selbst die lange Diskussion mit Private Malony, bei der Lienas nach wie vor das Gefühl hatte, sich mit einer Wand unterhalten zu haben, war irgendwie tröstlich gewesen. Das Leben ging weiter, und so wenig sie sich zuvor als Teil einer Einheit gefühlt hatte, so mächtig war dieser Gedanke in den letzten Tagen aufgekommen. Einer Einheit, die auf sie anscheinend nicht verzichten wollte - und mehr als das. Freundschaften. Persönliche Bindungen.
Begann sie, sich innerlich irgendwo niederzulassen? War dies das unvermeidliche Ende ihres Lebens als Agentin, das schon formal vor zwei Jahren zu Ende gewesen war? Diese eine Frage konnte sie nicht beantworten, und noch wollte sie es auch nicht. Dafür gab es viel zu viel zu tun - und wenn sie morgen endlich aus der Krankenstation entlassen werden würde, wartete schon einiges an Pflichten auf sie. Und insgesamt vier Dates...
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptySo Nov 23, 2014 5:50 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment_04

Der perfekte Moment: Zwischen Feuer und Eis

Wieder Dämmerlicht. Auf der X-70B Phantom herrschte relative Stille, wenn man von den immer wieder auftretenden Schlafgeräuschen der anderen absah. Eigentlich war das Schiff zu klein für den dort nächtigenden Trupp, aber wer sich dem imperialen Militärdienst verschrieben hatte, war an unbequeme Verhältnisse gewöhnt.
Dennoch lag Lienas van Arden wach, blickte an die Decke und betrachtete die dünnen Linien auf derselben, in denen die Metallplatten der Innenverkleidung aufeinander trafen. Inzwischen konnte sie die Atemzüge ihrer Teamkollegen einigermaßen voneinander unterscheiden und orientierte sich daran. Staff Sergeant Limsharn schnaufte leise, als sich sein massiger Körper auf dem Feldbett umdrehte. Es sprach für die Qualität imperialer Ausrüstung, dass das Feldbett dabei nicht einmal quietschte, immerhin brachte der Unteroffizier ohne Schwierigkeiten mehr als hundert Kilo auf die Waage, in praktische Muskelpäckchen aufgeteilt.
Captain Stryder-Garrde genoss das Privileg einer Einzelkabine, sodass sie ihn nicht hören konnte - aber es war schließlich auch sein Schiff. Sie hätte auf ihrer Phantom sicherlich auch das Einzequartier bevorzugt. Das tiefere, sehr langsame Atmen von Master Sergeant Blex sprach dafür, dass er gerade in die Tiefschlafphase abgedriftet war und sich hoffentlich gut erholte. Kurz musste sie schmunzeln, als sie daran dachte, mit welchen heftigen und vor allem kreativen Flüchen der Master Sergeant seine Trainingsumgebung drei Tage zuvor bedacht hatte. Man konnte nur hoffen, dass die beiden halbwüchsigen Mandalorianer niemals mitbekamen, wie sehr der Master Sergeant verbal entgleisen konnte, denn vermutlich würden sie es dann auch noch nachmachen wollen.

Bei diesen voll unter dem Einfluss der Pubertät stehenden jungen Männern war sie langsam mit ihren Ideen am Ende. Immer wenn sie glaubte, es sei wieder ein wenig Ruhe eingekehrt und man habe eine sinnvolle Aufgabe für die zwei gefunden, belehrten sie einen eines besseren. Dieses Mal hatten sie es wirklich übertrieben. War sie sich noch vor einer Woche sicher gewesen, ein Gespräch von Mann zu Mann mit PFC Saspirinowitsch, der von Garrm Tracinya ein Holocom mit einer reichhaltigen Bilderdatei darauf konfisziert hatte, würde etwas bringen, musste sie nun zugeben, dass es wohl nicht ausgereicht hatte. Oder Saspirinowitsch hatte die beiden nicht erwischt und das Gespräch stand noch aus - es konnte schließlich nicht geduldet werden, dass zwei halbwüchsige Mando'ade ein Bildarchiv aller weiblichen Stützpunktangehörigen anlegten, ohne um Erlaubnis dafür zu fragen. Vor allem nicht, wenn diese Bilder Soldatinnen und Offizierinnen zeigten.
Aber es war ja noch schlimmer gekommen - Tracinya hatte sein Hoverboard von Kreldo mit einer Frau im Bikini bemalen lassen, die blöderweise als Lieutenant Thalia Hawkwood zu erkennen war. So schüchtern und zurückhaltend, wie Hawkwood für gewöhnlich auftrat, war sich Lienas sicher, dass dieses Bild nicht mit Erlaubnis der Abgebildeten zustande gekommen war. Als sie von Tracinya die Herausgabe des Hoverboards verlangt hatte, fing dieser in bester 'ich bin der Söldner von Lord Tragos, Du hast mir gar nichts zu sagen'-Manier an, ihr zu widersprechen und forderte sie sogar zu einem Duell um das Board heraus.

Auch wenn ihr erster Impuls gewesen war, Tracinya die geballte Faust ins Gesicht zu rammen, war dies doch nicht die Art imperialer Offiziere, Probleme zu lösen. Schlussendlich war das Board in der Asservatenkammer gelandet und Master Sergeant Kreldo, die Adoptivmutter der beiden, hatte sich des Problems angenommen.
Folgen jedoch würde es in jedem Fall haben müssen, denn mit der Ehrverletzung eines imperialen Offiziers hatten die beiden eine Grenze überschritten, die deutlich gemacht werden musste. Lienas seufzte leise und drehte sich auf ihrem Feldbett um, legte sich auf die Seite und schob ihre Hand unter das schmale Standardkopfkissen, unter dem auch ihr Handblaster lag. Das kühle Metall der Waffe fühlte sich tröstlich an und sie schob die Gedanken an die beiden Jungmänner energisch beiseite. Es gab wichtigeres, viel wichtigeres. Den bevorstehenden Einsatz vor allem, der in aller Heimlichkeit würde ablaufen müssen.
Drei Missionsziele hatten sie auf der republikanischen Welt Belsavis, und alle drei würden nicht einfach zu erreichen sein. Eines dieser Ziele war sogar vollkommen illusorisch, aber die Hoffnung starb schließlich immer zuletzt.

Ein leises Seufzen von links lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Schlafenden. Captain Thrace schien ihre Sorgen zu teilen, auch wenn er nicht wach lag, selbst im Schlaf wirkte er nachdenklich, das Gesicht war nicht so entspannt, wie man es erwarten würde. Vielleicht träumte er auch einfach etwas unschönes, das ließ sich seiner Miene nicht ansehen. Für eine ganze Weile lang verharrte ihr Blick auf den Zügen des Offiziers, bevor sie die Augen schloss, die empordriftenden Gedanken aussperrte, und widmete sich der Mission.
Captain Stryder-Garrde und Colonel Sordan hatten gemeinsam einen Plan ausbaldowert, um den Terroristen zu übertölpeln, dem sie das Desaster auf Kaas zu verdanken katten. Nachdem klar geworden war, dass der Verrückte tatsächlich Sergeant Morrison mit einem Nervengift versehen hatte, das sie nach und nach immobiler machen würde, war die Zeit zum Handeln gekommen. Auch wenn dieses Handeln wieder einmal daraus bestand, das zu tun, was der Terrorist wollte - nach Belsavis reisen, ein Artefakt finden, das er haben wollte - mussten sie es doch riskieren, denn nur dann würden sie vielleicht ein Heilmittel für Morrison erhalten. Alles in Lienas widerstrebte dem Gedanken, einem Terroristen ein unbekanntes Artefakt auszuhändigen, alles so zu tun, wie er es wollte, aber es schien wieder einmal die einzige Lösung zu sein.

Die Nachforschungen zu Morrisons Gift waren erfolglos geblieben, die Heilung wartete auf Belsavis - und nur dort. Ein Planet zwischen Feuer und Eis, beherrscht von Lavaspalten und eisbedeckten Gipfeln. Die Offizierin biss auf ihre Unterlippe, und jener Schmerz darin hatte etwas tröstlich vertrautes an sich. Wenigstens war sie wieder einsatzbereit. Um nichts in der Welt hätte sie sich diesen Einsatz entgehen lassen wollen, selbst wenn es bedeutete, dass sie wieder einmal im Nebel stochern mussten.
Da war selbst das Verhör eines Gefangenen, den Darth Aroval gnädigerweise Captain Stryder-Garrde zu dessen Vergnügen überlassen hatte, zielführender und klarer gewesen. Der weißhaarige Anfangsfünfziger mit dem Giftzahn und der unbeirrbaren Standhaftigkeit hatte schon sehr früh den Argwohn der ehemaligen Agentin erregt. Welcher einfache Söldner schleppte schon eine Selbstmordoption im Gebiss herum, vor allem, wenn er eher harmlose Aufträge übernahm? Welcher einfache Söldner in diesem Alter verfügte noch über dermaßen gute Reflexe, dass er ihr instinktiv seinen Kopf entgegen gerammt hatte, als sie ihm ins Gesicht schlug? Welcher einfache Söldner wagte sich auf das Anwesen eines Darth und glaubte ernsthaft, er könnte mit einer Geschichte davon kommen, die allen anderen um ihn herum die Schuld zuschob?

Und die immer wieder gezeigte Todesverachtung, das Geschwätz davon, welche blutigen Anfänger die Imperialen doch seien, und wie wenig sie von ihm zu erwarten hätten - entweder dieser Marson war sehr einfältig, todessehnsüchtig und überheblich zugleich, oder aber er wusste wirklich, wie das Spiel gespielt wurde und gab sich keine Mühe, seine Verachtung zu verbergen. Lienas hatte extra für ihn eine ihrer während ihrer Ausbildung mühsam einstudierten Paraderollen ausgepackt - die sadistische, folternde Durchgeknallte - um einen Gegenpol zum weitaus ruhiger agierenden Stryder-Garrde zu bilden. Sie hatte dafür gesorgt, dass Marson alle unschönen Instrumente der Befragung sehr genau zu sehen bekam - von einfachen Nadeln und Skalpellen bis hin zur "Birne", die Lienas selbst für absolut abstoßend hielt, welche aber in jedem gut sortierten imperialen Folterkeller zu finden war.
Wichtig war bei einem solchen Verhör nicht, was man selbst war, sondern was das Gegenüber glaubte, vor sich zu haben - und Lienas' Schauspieltalent hatte ihr in den Jahren als Feldagentin eine Menge interessanter Aufträge eingebracht. Tun Sie, was immer nötig ist, um den Erfolg der Mission zu gewährleisten. Nur ein dünnes Lächeln umspielte die Lippen der Offizierin beim Gedanken an diese Worte von Wächter 19, ihrem Führungsoffizier. Eine Zeit voller Veränderungen, voller Gefahren, voller Blut. Voller Erinnerungen, die besser weit entfernt blieben und nicht angetastet wurden.
Und Marson hatte geredet, im Bewusstsein seiner eigenen Überlegenheit über die dummen Imperialen, er hatte seine Befriedigung ausgekostet - irgendwann redeten sie immer. Man musste nur den richtigen Hebel finden, das passende Instrument ansetzen. Da waren die Informationen einer Schattenmaklerin, welche Miss Karamasowa aufgetrieben hatte, nur das Tüpfelchen auf dem i - auch Agenten wurden alt, und dieser Agent des SID hatte wohl eindeutig seine Nützlichkeit überlebt. Istariel Solius. Pathetischer Name eines pathetischen Republikaners. Vielleicht würde er wenigstens im Austausch gegen gefangene imperiale Agenten aus den Kerkern des Strategischen Informationsdienstes der Republik noch brauchbar sein.

Wieder drehte sie sich auf dem Feldbett um und suchte sich eine bequemere Haltung, ein Bein anwinkelnd. Zu viele Dinge, die geschehen waren, zu vieles, was zu bedenken war. Und zu wenig Zeit, inne zu halten und auf einem Wachturm ein bisschen Ruhe zu genießen, den Blick über das Fort schweifen zu lassen. Auch wenn sie diesen Einsatz überlebten - und es mit einer ganzen Basis irrer Sith-Kultisten aufzunehmen, die ebenfalls hinter dem Artefakt her waren, zeugte von einer recht großen Sehnsucht nach dem Ende - würde es nicht weniger Arbeit werden.
Nicht, wenn sie den jungen Offizierskadetten Pavel Lebdejew, den ihr das Ministerium aufs Auge gedrückt hatte, wirklich gut ausbilden wollte. Nicht, wenn sie mit Specialist Kordath Reyes das Sturmregiment auch gegen Angriffe auf der Cyberebene absichern wollte. Nicht, wenn es galt, Schaden vom Regiment abzuhalten, indem sie sich um Haus Garrdes verstrickte Interessen und den darin eingesponnenen Captain Stryder-Garrde kümmerte. Nicht, wenn es nach wie vor keinen Hinweis darauf gab, was ihrem Bruder Arric und seinem Schiff geschehen war und ob er überhaupt noch lebte ..
Tief atmete die Offizierin durch und sah wieder zur Decke. Eines nach dem anderen - jetzt wartete erstmal Belsavis. Und alles andere mochte danach geschehen, irgendwie. Wenigstens stand sie nicht alleine gegen die Galaxis, es gab unerwartete und treue Verbündete.
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyFr Nov 28, 2014 3:48 pm

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Der perfekte Moment: Explosionen die Zweite

Die Wolken zogen am Abendhimmel von Fort Asha still dahin. Eine hellgraue Rauchschwade driftete zu jenen empor, wenngleich sie längst aufgelöst war, als sie sich über das Gelände des Militärstützpunkts erhob.
Lieutenant Lienas van Arden  folgte den müßigen Bewegungen der Wolken mit ihrem Blick und zog bisweilen an ihrem Zigarillo, dem günstigeren Ersatz für ihre allgegenwärtigen Zigarren. Seit dem längeren Krankenstationsaufenthalt nach dem Einsatz auf Kaas hatte sie ihr Rauchaufkommen reduziert, aber ganz damit aufhören konnte und wollte sie nicht.

Master Sergeant Blex hatte es auch nur nach einer schweren Verletzung und mehreren Tagen im Kolto-Tank geschafft, von seinem Laster zu lassen, das war ihr durchaus bewusst. Doch die vielen Jahre ohne nennenswerte Laster, welche sie als Agentin im Auftrag des Imperialen Geheimdienstes verbracht hatte, forderten ihren Tribut - sie wollte nicht davon ablassen, es war eines der wenigen Dinge, die gegen jegliche Vernunft für sie pures Vergnügen bedeuteten. Im Grunde hatte sie ohnehin recht wenige echte Laster. Das Rauchen teurer Zigarren, hochwertiger Alkohol und Männer. Wobei die schlechte Wirkung letzterer auf  Lienas' Gesundheit bisher erfreulicherweise ausgeblieben war.

Eine der mannshohen Wände des Forts im Rücken, blieb sie angelehnt stehen und konzentrierte sich einige Momente lang nur darauf, wie der Rauch im Inneren ihres Mundraumes schmeckte. Man konnte den Cognacgeschmack wahrnehmen, wenn man darauf achtete, und nur aus diese Grund rauchte sie die besondere Zigarillosorte überhaupt - sie mochte den Geschmack.
Ihre Gedanken drifteten schnell von der Gegenwart zur Vergangenem, allem voran dem letzten Einsatz auf Belsavis. Langsam schlich es sich als unangenehme Gewonheit ein, dass es bei den mit diesem verrückten Terroristen verknüpften Einsätzen zu Explosionen kam. Wenigstens war sie dieses Mal weit genug vom Epizentrum entfernt gewesen - Sergeant Crossfire hatte nicht ganz so viel Glück gehabt.
Der Planet hatte einen faszinierenden Anblick geboten, eine so reiche und widersprüchliche Landschaft wie erwartet. Dumm nur, dass sie diese Landschaft erst nach einem Fallschirmsprung hatten betrachten können. Im Gegensatz zu Staff Sergeant Limsharn, für den das Ganze sichtbar nur aus Routine bestanden hatte, war Lienas' Landung nicht ganz so elegant verlaufen. Ihr erster Kontakt mit Belsavis hatte sich bäuchlings im Dreck abgespielt - aber wenigstens war sie nicht wie Captain Thrace an einem Felsen hängen geblieben.
Das Vorrücken auf unbekanntem Terrain war planmäßig und sehr professionell abgelaufen, alle im Team kannten ihre Aufgaben und erledigten sie zuverlässig.

Dass sie jedoch bei den ersten Wachposten der Sith-Sekte nur auf Leichen gestoßen waren, verlieh der ganzen Mission von Beginn an schon einen unangenehmen Beigeschmack. Vor allem, da die Körper noch nicht lange leblos im Schnee gelegen hatten. Hatte die strikte Geheimhaltung etwa versagt, die Captain Stryder-Garrde und der Colonel vereinbart hatten? Gab es irgendwo ein Informationsleck? Mit einem mulmigen Gefühl im Magen war Lienas mit der Gruppe weiter vorgerückt.
Dass sie trotz allen Vorbereitungen nicht die ersten waren und immer wieder auf Spuren von nur kurz zurückliegenden Kampfhandlungen trafen, erweckte ihr stetig vorhandenes Misstrauen umso mehr. Bei der Ausgrabungsstätte hatten sie vor anrückenden Patroullien durch eine schmale Felsspalte in eine Höhle flüchten müssen, die sich vor allem für den groß gewachsenen Limsharn als Problem erwiesen hatte. Im Inneren der Höhle mussten sie sich über eine Felsbrücke bewegen, die sich über einen kleinen Lavasee gespannt hatte - und, wie auf die Bestellung des stets launischen Schicksals, natürlich hatte es prompt eine Erderschütterung gegeben, welche die Felsen unter den Füßen der Soldaten hatte wegbrechen lassen.

Das war der für Lienas schlimmste Augenblick der Mission gewesen - plötzlich keinerlei Halt mehr zu haben, sodass sie nur durch viel Glück am Rand der verbliebenen Felsenbrücke mit beiden Händen hatte zupacken können. Ohne Captain Stryder-Garrdes Hilfe hätte sie es wohl nicht nach oben geschafft, und das Team hatte die Höhle schließlich im Laufschritt hinter sich lassen müssen, um ihr nacktes Leben zu retten.
Je weiter sie auf das Gebiet der Revaniter-Sekte vorgedrungen waren, desto deutlicher waren die sichtbaren Anzeichen eines eben stattgefundenen Kampfes geworden. Erst an der Ausgrabungsstätte selbst, die das Ziel der Mission war, trafen sie auf merkliche Gegenwehr durch Wachdroiden. Blasterschüsse blitzten im Schnee auf, doch für die gut ausgebildeten Soldaten waren die Droiden keine schwierigen Gegner gewesen.

Im Inneren der Grabstätte hatten sie nach weiteren Kämpfen schließlich einen Altar erreicht - und dahinter die größte Überraschung des ganzen Einsatzes. Kein auffindbares Artefakt, sondern eine verletzte Soldatin der imperialen Armee, genauer gesagt, Colonel Sarah Keeler, neben der die Leiche ihres Teamkollegen lag. Den ersten Kontakt zu der wohlbeleumdeten ehemaligen Offizierin des Sturmregiments hatte sich Lienas immer etwas anders vorgestellt.
Jedenfalls nicht darin, von Keeler ruppig angeblafft zu werden, während die Lieutenant die schwere Beinwunde der Verletzten notdürftig mit dem Inhalt ihres Medkit MKI versorgte. Wenigstens hatte sie sich gegen die Evakuierung nicht gewehrt, bei der Lienas Keeler stützte, da diese sonst nicht hätte gehen können.

Hätte Captain Stryder-Garrde das Holocron von dem Altar von einem Spezialisten bergen lassen, anstelle es einfach wild aus seiner Halterung herauszureißen, wäre ihnen sicherlich auch der Rückzug im Eiltempo aus der Grabstätte erspart geblieben - so aber hatte der Sockel mit dem leeren Holocronabdruck rot aufgeleuchtet und kurze Zeit später hatten Orbitalschläge die unterirdische Anlage erschüttert. Nur mit sehr viel Glück waren sie rechtzeitig herausgekommen, nur wenige Momente, nachdem Crossfire als letztes Teammitglied das Gebäude verlassen hatte, war es schlichtweg wegen des Beschusses explodiert.
Sergeant Crossfire hatte ein Trümmerteil an den Helm bekommen und wurde davon zu Boden geworfen, Lienas verbrachte die auf die Explosion folgenden Minuten über Keelers Körper gebeugt, um die Verletzte durch ihren Kampfanzug zu schützen. Glücklicherweise konnten sie alle ohne weitere Schwierigkeiten aus dem Missionsgebiet auf Stryder-Garrdes Phantom zurückevakuieren, um sich der unangenehmen Wahrheit zu stellen: Kein Artefakt. Kein Heilmittel für Morrison - nur eine Verletzte, einen Toten und sehr viele offen gebliebene Fragen.

Keeler war nicht mehr ansprechbar, sobald der Meddroide an Bord sie behandelte, und so musste sich Lienas bezähmen, ihre Fragen hinten an stellen. Der Rückflug war bis auf einen Ausbruch akuten Rassismus' von Captain Stryder-Garrde ereignislos verlaufen - dass Lienas kurzerhand die Mirialanerin Crossfire mangels zweitem Behandlungsbett in seiner Kabine einquartiert hatte, war ihm gar nicht recht gewesen, Verletzte hin oder her. So hatten sie den Sergeant im Briefingraum unterbringen müssen - eine Aktion, die sich früher oder später sicher rächen würde. Egal ob man mit Aliens zurecht kam oder nicht, einen Kameraden so zu behandeln, würden die Leute von der 193. nicht vergessen.

Da war der Tag nach der Rückkehr bedeutend angenehmer gewesen - nach all den Anspannungen der letzten Zeit hatte sich Lienas aus dem Fort abgesetzt, sie hatte die engen Mauern verlassen müssen, um darin nicht zu ersticken. Ein Abend ohne Com, ohne Dienst, ohne die ganzen Anforderungen durch ihren Vorgesetzten und ihren Kommandeur, ohne irgendwelche Pflichten. Nur ein Zelt, zwei Schlafsäcke, eine Kiste voller Essen und Getränke und ein Kamerad, der diesen Fluchtpunkt in freier Natur genauso zu schätzen wusste wie sie selbst.
Thrace war von ihrer Einladung zunächst überrascht gewesen, war ihr aber umso lieber gefolgt. Einige Stunden in aller Ruhe, gefüllt mit entspannten Gesprächen, die den Dienst nur sehr marginal gestreift hatten, leckeren Sandwiches und einem guten Whisky unter dem nächtlichen Himmel von Jaguada. Es hatte einfach nur gut getan und ihr neue Kraft für die folgenden Tage gegeben.

Beruhigend, dass auch das 181. Vorgesetzte aufbieten konnte, die im täglichen Umgang nur als schwierig eingestuft werden konnten - Major Robert Delman war überraschend für eine Inspektion seiner Truppe eingetroffen und hatte es innerhalb der ersten fünfzehn Minuten Gespräch mit Colonel Sordan geschafft, diesen so sehr zu verärgern, dass er kurzerhand das Empfangskommittee, welches aus Master Sergeant Blex und Lienas gebildet worden war, vor die Tür seines Büros geschickt hatte, um sich alleine mit dem arroganten Schreibtischhengst zu befassen. Blex' erste Reaktion auf Delman hatte Bände gesprochen, seine Worte das Ganze noch unterstrichen - sonderlich beliebt schien der Major in seiner eigenen Einheit nicht, und an diesem Abend hatte er sich auch auf Fort Asha keinen neuen Freund geschaffen.
Lienas selbst war sich nicht so recht im Klaren darüber, wie sie Delman einordnen sollte - klopfte er auf möglichst heftige Art den Colonel ab oder war er einfach nur ein vollkommen verblendeter Karrierist, der auf einem dermaßen hohen Kampfläufer sass, dass er nicht bemerkte, wieviel er mit seinem Kurs eigentlich anrichtete? Eines war jedenfalls sicher - die nächste Zeit würde amüsant werden, nicht zuletzt auch wegen des Auftrages, den ihr Colonel Sordan nach seinem Kennenlernen mit Delman gegeben hatte. Sie war schon gespannt, ob der Major es auch bei ihr versuchen würde, und vor allem auf welche Art und Weise.

Lienas schnippte das nahezu fertig gerauchte Zigarillo auf den Boden und trat es mit dem Stiefelabsatz aus. Es gab zwar auch Aschenbecher neben dem Kaserneneingang, immerhin herrschte auf dem gesamten Gelände in allen Gebäuden Rauchverbot, aber sie ignorierte diese gekonnt und rauchte dort, wo es ihr gerade gefiel. Bisher hatte sie auch noch niemand deswegen gemaßregelt - oder man hatte sie schlichtweg nie erwischt. Den strafenden Blick ihres Vorgesetzten wegen einer Beschwerde dieses Inhalts konnte sie sich bei so einer Sache lebhaft vorstellen.

Wobei Stryder-Garrde sie in dieser Woche doppelt überrascht hatte - auf dem Rückflug von Belsavis, als er ihr seine Entscheidung bezüglich beider künftiger Zusammenarbeit mitgeteilt hatte. Und noch einmal, bevor er für zwei Tage nach Nar Shaddaa geflogen war und ihr für die Zeit seiner Abwesenheit das Kommando übertragen hatte.
Sie war von ihm einiges gewöhnt, aber das gezeigte Maß an Rücksichtnahme war dann doch etwas überraschend gewesen, wenngleich nicht unwillkommen. Manchmal brauchte ein Offizier eben einfach einen Drink, und dieses Mal war es nicht der Captain gewesen.
Lienas zog leicht einen Mundwinkel empor und stieß sich von der Wand ab, um in das Verwaltungsgebäude zurückzukehren, in dem sich ihr Büro befand. Immerhin wollte noch ein Liebesgedicht für einen Terroristen geschrieben werden ...
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyDo Dez 04, 2014 4:40 pm

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Der perfekte Moment: Neue und alte Freunde

Als sie erwachte, war es dunkel in ihrem Quartier. Selbst die Notbeleuchtung ihrer Arbeitskonsole war deaktiviert, nur wenig Dämmerlicht drang durch die für die Nacht abgedunkelten Fensterscheiben herein. Langsam streckte sie sich, räkelte sich ausgiebig und genoss das Gefühl der umfassenden Wärme in ihrem Bett, das durch den ruhenden Körper neben ihr entstanden war. Er schlief, nahezu lautlos, nur ab und an konnte sie den vagen Eindruck seines Atmens wahrnehmen. Ein Lächeln auf den Lippen drehte sie sich vorsichtig in seine Richtung und schmiegte sich an seinen Rücken, um sich ein wenig Wärme von ihm zu stehlen.
Behaglich schloß Lienas die Augen wieder, ließ sich in die wohltuende, beruhigende Dunkelheit sinken und ließ die Gedanken einige Momente lang noch kreisen, bevor der Schlaf langsam wieder nach ihr griff. Doch es war schwierig, einzuatmen, die Luft war seltsam stickig geworden, schmeckte dumpf und bitter in ihrer Nase. Tiefer sog sie den Atem in ihre Lungen, aber schnell gewann sie das Gefühl, dass es nicht ausreichen würde. Alarmiert setzte sie sich auf und blickte sich im düsteren Raum um. Konnte es sein, dass die Wände wankten? Oder war ihr wegen des Sauerstoffmangels schwindelig?

Lienas griff sich an den Kragen ihres Schlafanzugoberteils und lockerte ihn hektisch, nun lautstark nach Luft ringend. Was geschah hier, waren die Kontrollen der Luftversorgung ausgeschaltet worden? Gab es irgendeinen Störfall im System des Forts? Ein Angriff? Schnell erhob sie sich aus dem Bett, in dem sich nun auch der Körper des Schläfers krampfartig auf der Suche nach atembarer Luft wand. Die Arbeitskonsole ließ sich nicht aktivieren, und so stand sie schwankend vor der Tür zu ihrem Quartier, die sich nicht öffnen ließ. Es musste ein Angriff sein!
Ihre Lungen schmerzten vor lauter Mühe, der Luft irgendwelche atembaren Anteile abzuringen, dann schankte der Boden deutlicher. Vor den Fenstern leuchtete es grellgelb und rot auf, das allzu vertraute Geräusch von Explosionen und Einschlägen brandete mit Wucht eines anstürmenden Banthas an ihren Kopf heran. Dann schien es, als müsse ihr Schädel von dem Lärm bersten, der das Gebäude erschütterte und den Boden unter ihren Füßen schwanken ließ. Ein Riss entstand in der Decke, als sie versuchte, sich an irgend etwas festzuhalten. Dunkle Sterne tanzen vor ihren Augen, dann platzte die Decke auf und mit einer wahren Lawine aus Staub und Durabeton und Schutt brach die Dunkelheit auf sie herunter, begrub sie unter sich und riss die Offizierin in eine ganz neue Abart von Dunkelheit, in der es ganz plötzlich still wurde ...

Ruckartig setzte sich Lieutenant Lienas van Arden in ihrem Bett auf und verbrachte die ersten Augenblicke damit, sich in ihrem abgedunkelten Quartier zu orientieren. Es war still, sie war alleine, und die Luft sauber und frisch wie immer. Langsam tastete sie sich über die schweißbedeckte Stirn und atmete eine ganze Weile lang einfach nur vor sich hin.
Sie lebte noch. Es war alles nur ein Traum gewesen, ein Traum von trügerischer Sicherheit und Todesgefahr, der eine Erinnerung zurückbrachte, welche sie nur selten überhaupt zuließ. Wieviele Jahre war es nun her? Es mussten mindestens sieben sein, seit sie damals im Einsatz auf Systur verschüttet worden war, seit dieses Gefühl, gefangen zu sein, so übermächtig gewesen war.

Ein einfacher Auftrag eigentlich, ein schnell ausgeschaltetes Ziel hinter feindlichen Linien, etwas, das sie wie nichts anderes beherrschte und worauf sie stolz war. Doch nach der Erledigung des Auftrages war alles schief gegangen, was schief gehen konnte - neben den Unwägbarkeiten eines städtischen Kampfgebiets kamen noch tektonische Verwerfungen hinzu, die durch eine experimentelle Waffe verursacht worden waren - und republikanische wie auch imperiale Kräfte waren inmitten der auseinander brechenden Stadt gefangen gewesen.  Noch immer konnte sie sich allzu gut an diese Tage erinnern, an denen sie geglaubt hatte, nicht mehr lebend davon zu kommen. An das Gefühl, nur noch dumpfe Luft zu atmen, nicht zu wissen, ob und wie man überhaupt entkommen konnte. Nur ein sehr glücklicher Zufall hatte ihr die Flucht aus dem verschütteten Gebäude ermöglicht ...
Sie wälzte sich auf die Seite und fühlte die kühle Luft der Klimaanlage über ihre nackte Haut an Füßen und dem Bauch streichen, als ihr Oberteil ein Stück weit hochgerutscht war. Hätte sie damals aufhören sollen? Einen anderen Weg als den beschrittenen wählen, andere Entscheidungen treffen? Es war müßig, sich solche Fragen zu stellen, doch in manchen Nächten zupften diese an ihrem Bewusstsein, sie daran erinnernd, dass sie diese niemals würde ganz unterdrücken können.

Es gab so vieles, das derzeit Entscheidungen von ihr verlangte. Jene Nachricht, die sie mitsamt einem neuen Schwung Babyfotos ihres süßen Neffen erhalten hatte und in der ihre Schwägerin Elira sie darum bat, die Vormundschaft für den Kleinen zu übernehmen, wie es wohl zu den Sitten ihrer Familie gehörte, wenn der Ehemann nicht verfügbar war. Dumm nur, dass dieser kleine Junge, der gerade erst wenige Wochen in der Galaxis lebte, der zweite in der Erbfolge eines alderaanischen Adelshauses war. Und Alderaan bedeutete immer eine Menge Ärger, den man einfach nicht mehr los wurde. Wie ultrafest klebender Kaugummi am Stiefelabsatz, nur in sehr viel größer.
Wenn es wenigstens von Arric, dem Vater dieses unschuldigen Kindes, und gleichzeitig Lienas' Bruder, gute Nachrichten gegeben hätte - aber das Ministerium hatte den MIA-Status der 'Red Vigor', Arrics Schiff, noch nicht geändert. Nur über lange und sehr geduldige Suche hatte sie dem Holonet überhaupt einige versteckte Nachrichten abringen können, die unter zwielichtigen Gestalten am letzten Einsatzort des Schiffes ausgetauscht worden waren. Es war die Rede von einem verlustreichen Raumgefecht zwischen imperialen und republikanischen Kräften, wieder einmal, um sich die Ressourcen des nahen Planeten zu sichern.

Aber es gab keine Gefangenenlisten, nichts offizielles. Keine Gefechtsberichte, noch nicht einmal ein Dementi. Der Kampf wurde einfach totgeschwiegen. Und Lienas' Vater hatte sich rundheraus geweigert, ein Schiff zur Aufklärung loszuschicken. Nicht einmal einen sprungfähigen Bomber oder einen Scout seiner Flotte wollte Admiral van Arden entbehren, zu wichtig seien alle verfügbaren Kräfte dort, wo er gerade seinen Dienst verrichtete.
Die Miene ihres Vaters war hart und kalt gewesen während des Subraumgesprächs, und beide hatten sich nur mit einem wortlosen Kopfnicken verabschiedet. Lienas, weil sie ihre unbändige Wut nicht anders unter Kontrolle bekam, ihr Vater, weil er sich stets so verabschiedete. Eigentlich hatte sie PFC Jiros mit der wenig zufriedenstellenden Informationslage eine Lektion erteilen wollen - dass man in manchen Konflikten einfach nichts in die Hand bekam, um damit arbeiten zu können, und es doch tun musste.
Aber der Soldat, den sie nun schon seit mehreren Monaten in verdeckten Taktiken unterrichtete, hatte sich als erstaunlich tatendurstig erwiesen, hatte sie mit seiner ruhig vorgebrachten Loyalität auf eine Weise konfrontiert, die sie weder erwartet hätte noch einfordern würde. Und sie hatten einen kleinen Plan geschmiedet, Ideen gesammelt. Es war ihm gelungen, sie für einige Zeit lang glauben zu lassen, dass sie trotz aller schlechten Vorzeichen doch etwas tun konnten - und das hatte ausgereicht, sie wieder ein bisschen Zuversicht fassen zu lassen. Es hatte gut getan, keine Fragen beantworten zu müssen, sondern einfach planen zu können. Verständnis hatte sie nicht erwartet und doch einfach so erhalten - wie auch einen Tag später im Gespräch mit Captain Thrace, der ihre Nachdenklichkeit ebenfalls sehr schnell bemerkt hatte.

Wurde sie langsam nachlässig? Es war eine Woche der Fragen und Überraschungen gewesen. Ließ sie sich innerlich etwa inzwischen nieder? Sie knüpfte Verbindungen, ließ Dinge entstehen - und hinterfragte sie nicht. Freundschaften. Nähe. Verständnis. Mal hier eine launige Bemerkung, mal dort einen Scherz.
Kurz zuckten ihre Mundwinkel empor, als sie an den orangefarbenen Aufkleber dachte, den sie von Master Sergeant Blex erhalten hatte. Er war ein Gag, den man nur verstand, wenn man Blex kannte - nun zierte er den linken oberen Rand ihrer Arbeitskonsole in ihrem Büro und ließ sie jedes Mal schmunzeln, wenn sie ihn sah. Winzige Details, die bewiesen, dass die Menschen, welche in Fort Asha ihren Dienst versahen, sie in ihre Mitte aufgenommen hatten - für einen Agenten, der jegliche Art von Bindung für gewöhnlich vermied, ein ziemlich seltsamer Gedanke.
Auch der immer charmante Specialist Reyes hatte sie bislang nicht enttäuscht - er hatte Major Delman geschickt und vor allem schnell nachgespürt, ganz wie sie es ihm aufgegeben hatte, und die Ergebnisse gaben ihr zumindest einen Eindruck dessen, was sie mit Delman vor sich hatte. Ganz sicher einen Offizier, der ein interessanter Gegner sein konnte, mit dem man rechnen musste. Und der weitaus mehr wusste, was er tat, als er es andere glauben ließ - wie sie es fast vermutet hatte. Aber alles andere wäre auch langweilig gewesen. Zudem hatte sich Reyes eine Herausforderung gewünscht, nun, damit konnte sie sicherlich aufwarten. Und sei es nur, um zu sehen, was er unter echtem Druck alles leisten konnte.

Langsam rieb sich Lienas das schmerzende Kinn. Der letzte Übungskampf mit Captain Stryder-Garrde steckte ihr noch immer in den Knochen. Auch wenn es mit Vibroklingen begonnen hatte, waren sie nicht nur dabei geblieben - denn beide kämpfen nicht so fair, wie man es bei einem Trainingskampf hätte vermuten können. Sie hatten sich nichts geschenkt, nicht nachgegeben, und Lienas hatte es sehr zufriedengestellt, wie lange Stryder-Garrde das hohe Kampftempo durchgehalten hatte. Es zahlte sich aus, ihn regelmäßig zu fordern. In diesem Punkt scheinen sie sich zu gleichen - ein echter Gegner forderte sie beide erst richtig heraus und führte sie zu besseren Leistungen, egal wobei. Sicher würde er niemals wieder das Können erreichen können, die er mit einer intakten Lunge zu bringen imstande wäre. Aber auch so war er ein Gegner, bei dem man sich in Acht nehmen musste.
Und ja, auch wenn ihr jetzt das Kinn und all jene Stellen des Körpers wehtaten, an denen er sie mit der Trainingsvibroklinge und dem dort angebrachten Schocker erwischt hatte, hatte dieser Kampf ohne Zurückhaltung doch gut getan. Den Kopf frei gemacht - wie auch das offene und erstaunlich entspannte Gespräch danach. Die neuen Erkenntnisse, welche das Verhör von Colonel Keeler erbracht hatten, waren beunruhigend genug: eine durchgedrehte KI sollte für all die Anschläge verantwortlich sein. Nicht auszudenken, zu was diese künstliche Intelligenz noch alles fähig sein mochte, wenn sie jetzt schon ohne jegliche Zurückhaltung über Leichen ging.

Sie würden sich wieder anpassen müssen, neue Taktiken erproben - aber wie kämpfte man gegen ein elektronisches Gehirn, das so viel schneller denken und verknüpfen konnte als die Hirne der lebenden Gegenspieler? Stryder-Garrdes Ansatz war vielversprechend, und heute würde sie ihren Mann für die anstehende Aufgabe briefen müssen - wenngleich nicht ganz so, wie er es erwarten würde.
Lienas drehte sich erneut im Bett und ließ die erschreckenden Bilder ihres Traumes noch einmal Revue passieren. Einige Elemente waren neu gewesen, aber erklärlich - und der Traum hatte ihr einen Gedanken offeriert, den sie zuvor in diesem Zusammenhang nicht hatte sehen wollen. Zu den neuen Freunden gab es vielleicht noch einen alten, den sie um Hilfe bitten konnte. Es gab viel vorzubereiten, noch mehr zu tun. Nachdenklich richtete sie den Blick an die Wand gegenüber und begann, den kommenden Diensttag zu planen, bevor sie wieder in den Schlaf versank, dieses Mal traumlos und sehr viel entspannter als zuvor....
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyFr Dez 12, 2014 5:40 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment_03

Der perfekte Moment: Rein in den Sumpf

Das Gesicht der jungen Frau war ebenmäßig, noch leicht von der Mutterschaft gerundet, und so schön, dass es Lienas bei längerem Hinsehen fast schmerzte. Es fiel ihr unendlich schwer, auf Elira nicht neidisch zu sein, weil das Schicksal sie mit einem so überreichlichen Genpool bedacht hatte - und gleichzeitig hatte ihre Schwägerin eine so freundliche, aufmerksame Art, dass jedes Gefühl von Neid spätestens dann verpuffte, wenn sie lächelte.
Wüsste sie es nicht besser, hätte Lienas vermutet, Elira besäße irgendeine Art von Machtfähigkeit, mit der sie die Umgebung und alle Personen in ihrem Umfeld manipulierte, um sympathisch und liebenswert zu wirken. Aber so musste sich der Lieutenant damit abfinden, dass ihre Schwägerin schlichtweg von Natur aus eine wundervolle Person war und sie trotz aller mit der Mutterschaft einher gehenden Hysterie nichts von ihrem einnehmenden Wesen verloren hatte.

Zumindest hatte sie Arric nach dem ersten Kennenlernen seiner damaligen Verlobten sehr gut verstehen können. Dass er sich diese Frau, und gerade diese gewählt hatte, trotz aller Schwierigkeiten, die wegen ihrer Familie noch mit einher kommen mochten. Als jüngste Tochter eines alten, wenngleich inzwischen recht unwichtigen alderaanischen Adelshauses lebte Elira dennoch in allen Traditionen ihrer Familie, und eine dieser Traditionen stellte Lienas derzeit vor eine unangenehme Entscheidung.
"Schau mal, er möchte Deinen Finger haben," sagte Elira und lächelte liebevoll auf den kleinen Olvan herunter, dessen winzige Fingerchen durch die Luft tasteten, seiner Tante entgegen. Lienas seufzte innerlich und streckte den rechten Zeigefinger zu ihrem Neffen aus, der prompt danach griff und ihn so fest hielt, als wolle er ihn nicht mehr hergeben.
"Die zupackende Art hat er von seinem Vater," bemerkte die Offizierin trocken und folgte dem Griff des kleinen Menschen, der nun damit begonnen hatte, an ihrem Finger zu lutschen.
"Die Augen auch." Eliras Stimme klang traurig, wie immer, wenn sich das Gespräch in Richtung von Arric van Arden wendete, doch versuchte sie, ihr Lächeln beizubehalten. Wie jede gute Offiziersfrau es tun würde. Wie es von jeder guten Offiziersfrau erwartet wurde.

Dennoch konnte sie nicht verbergen, dass in ihren Augen Tränen standen. Seufzend setzte sich Lienas neben ihre Schwägerin auf das weiche Sofa und legte einen Arm um ihre Schultern.
"Wir finden ihn, Elira, egal wie lange es dauert. Missed in action ist nicht killed in action, und solange sein Status nicht verändert wird, gibt es Hoffnung," sagte die Offizierin leise und bewegte ihren Finger auf und ab, was Olvan ein belustigtes Glucksen entlockte.
"Das sagst Du so leicht. Es ist nun schon so viele Wochen her und nichts hat sich getan. Noch nicht einmal ein Hinweis darauf, was mit ihm geschehen ist. Und Olvan hat seinen Vater bisher nur auf Bildern gesehen - Arric weiss ja nicht einmal, dass es den Kleinen gibt und dass alles gut gegangen ist!"
Der anklagende Ton in ihren Worten fuhr Lienas tief bis ins Mark hinein. Es war die Schuld des Ministeriums, dass es keine neuen Informationen gab, aber es war auch zu einem gewissen Teil ihre Schuld, weil sie noch nicht genug getan hatte, um sichere Hinweise zu finden. Du lässt Arric im Stich. Und Du lässt Elira und Olvan im Stich, sagte sie sich, und es war wie immer kein besonders angenehmer Gedanke.

"Elira ... bitte vertrau mir. Ich werde alles tun, was ich tun kann, um Olvan seinen Vater zurück zu bringen. Und Dir Deinen Mann." Fest blickte Lienas der jungen Mutter in die Augen, und glücklicherweise rettete der kleine Olvan die Situation vor allzu viel Gefühlsduselei, als er einmal laut und vernehmlich rülpste und dann zu wimmern begann.
"Kannst Du ihn eben halten? Ich hole ihm seinen Schnuller." Schon hatte Elira das Bündel in Lienas' Armen abgelegt, die mehr oder minder hilflos mit dem Baby sitzen blieb. Sie hatte zwar keine Berührungsängste mit Kleinkindern, aber ganz wohl war ihr in diesem Moment auch nicht. Er war so klein, so schutzbedürftig - und gegen die schlanke, schöne Elira kam sich Lienas ohnehin ungeschlacht und grob vor. Vermutlich hätte sich selbst ein galaktisches Supermodel gegen Eliras unbewusste Anmut hässlich gefühlt.
Langsam hob Lienas ihren Neffen an und wiegte ihn behutsam, während sein Wimmern leiser wurde. Dieses kleine Bündel Mensch ahnte nichts von dem, was um ihn herum vorging, und für einen Moment lang stellte sich Lienas vor, wie es wäre, ein solches Leben führen zu können. Ohne ihr Wissen, ohne die Dinge, die sie getan hatte, ohne den immerwährenden Krieg direkt im Nacken zu spüren.
Ein kleines Händchen griff nach dem Kragen ihrer Jacke und hielt sich daran fest, als Lienas begann, Olvans Rücken zu streicheln. Wie wäre es wohl, so zu leben wie Elira, im sicheren Schutzkokon ihrer adeligen Abkunft, mit genug Credits zur Hand, um bequem den Alltag zu fristen, nur auf die Sorge um Heim und Herd bedacht - und auf den ersten Sohn einer vermutlich größeren Nachkommenschaft, die nur noch gezeugt und geboren werden wollte?

"Er mag Dich wirklich," durchbrach die Stimme der Schwägerin Lienas' Gedanken. Sie stand mit dem Schnuller in der Hand neben dem Sofa und blickte auf die Offizierin herunter, die nun wohl das Bettchen des inzwischen still vor sich hin schlummernden Olvan ersetzte. In ihren Augen stand überdeutlich jene Frage, die Lienas auch nach mehr als einer Woche nicht beantwortet hatte.
"Er ist wunderbar, Elira. Das meine ich ernst. Ich könnte mir keinen besseren Neffen wünschen als ihn," sagte Lienas leise und zog die Decke ein bisschen weiter um den Körper des Babys. Die Wärme dieses kleinen Leibes sickerte selbst durch ihre Bikerjacke und fühlte sich seltsam angenehm, fast schon vertraut an. Langsam setzte sich die junge Mutter wieder auf das Sofa und blickte auf ihren schlafenden Sohn herunter.
Ihr weiches, warmes Lächeln trug so viel hingebungsvolle Liebe in sich, dass die Offizierin zur Seite blicken musste. Es war einer jener Momente, in denen sie zu ahnen begann, wie es Captain Stryder-Garrde wohl täglich erging. Wenn er auf seine Kinder ebenso blickte wie Elira auf ihren Sohn, was musste es erst für ein Gefühl sein, sie fern zu wissen, ohne Aussicht darauf, sie halten zu dürfen? Durfte man sich als imperialer Offizier überhaupt so angreifbar machen?

Sie schulden es Ihrem Bruder, hörte sie die Stimme von Colonel Sordan in ihrem Hinterkopf. Auch ihn hatte sie um Rat gefragt, ob sie die angetragene Vormundschaft übernehmen sollte. Eine weitere Verpflichtung unter so vielen, und eine unabsehbare zudem. Die ruhige und vor allem überlegte Art des Colonels hatte ihr sehr dabei geholfen, ihre Gedanken zu ordnen.
Der politische Sumpf auf Alderaan weckte nicht nur ein unbestimmtes Bauchgrummeln, sondern auch einen sehr klaren Fluchtreflex im Inneren der Offizierin. Sich sehenden Auges in eine Arena mit wildgewordenen Rancors zu begeben, war noch nie eine ihrer Vorlieben gewesen - außer mit überlegener Feuerkraft im Hintergrund.
Andererseits ... Olvan war ihr Neffe, der Sohn des Bruders, der ihrem Herzen immer am Nähesten von allen anderen Familienmitgliedern gestanden hatte und noch stand. Der Grund für eine Menge Extraarbeit in der Nacht, wenn der Stützpunkt still war und sie ihre weitreichenden Recherchen ungestört durchführen konnte.

Welche Entscheidung Captain Thrace treffen würde, lag auf der Hand. Er hätte sicherlich nicht so lange überlegt, sondern gleich der verwandtschaftlichen Bindung, der Verpflichtung und der Liebe zu den Geschwistern nachgegeben.
Vermutlich hätte sich die Frage, mit der sie sich nun noch immer herumschlug, für ihn gar nicht gestellt. Carsson Thrace war ein Mann, dessen Platz im Leben sehr klar definiert war, auch wenn es für ihn oft ein Platz zu sein schien, der ihm das Leben schwer machte. Manchmal hätte sie viel für diese Klarheit gegeben, für dieses sichere Sein inmitten so vieler Unsicherheiten. Ein Fels in allzu stürmischer See.

"Ich mache es ..." sagte sie schließlich und wurde mit einem erleichterten Aufatmen Eliras für ihre Worte belohnt. Die sonst um kein Wort verlegene Alderaanerin zog Lienas in eine feste Umarmung und weckte damit schließlich auch den kleinen Olvan auf, der sofort zu brabbeln begann.
Nachdem sie den Kleinen an seine Mutter zurückgereicht hatte, blickte Lienas Elira ernst an.
"Du wirst mir erklären müssen, wie man das alles richtig macht. Und sobald Arric zurück ist, bin ich aus der Sache heraus, verstanden? Ich springe nur für ihn ein, weil er gerade nicht kann - mehr nicht."
"Danke dafür ... Du glaubst nicht, wie viel mir das bedeutet," sagte Elira leise und strich ihrem Sohn durch das flaumige, helle Haar. Es verriet schon jetzt überdeutlich, welche Gene sich bei seiner Haarfarbe durchgesetzt haben mussten.
"Ich glaube eher, Du freust Dich auf den Moment, in dem ich zum ersten Mal in Gala-Uniform inmitten Deiner ganzen edlen Verwandtschaft stehe und ihnen ein paar Sprüche über Effizienz und Ordnung reindrücke," konterte Lienas trocken, jegliche Sentimentalität sofort verscheuchend. Als die beiden Frauen zu lachen begannen, krähte Olvan vergnügt mit. Ich finde Deinen Vater, und ich bringe ihn zu Dir zurück, versprach Lienas ihrem Neffen im Stillen. Und bisher hatte sie jedes Versprechen gehalten, das sie jemals jemandem gegeben hatte.
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyDo Dez 18, 2014 1:24 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment

Der perfekte Moment: Countdown

Fünfzehn Sekunden. Das Wasser prasselte auf ihren Kopf herunter, und Lieutenant Lienas van Arden schloss die Augen, ließ sich für lange Momente von der gleichförmigen Berührung der Wassertropfen einlullen. Ein beständiger, schmaler Strom glitt über ihre Stirn entlang das Gesicht hinab, berührte ihre Lippen wie die nachlässige Hand eines gelangweilten Liebhabers, tropfte über ihr Kinn tiefer. Sie saß in die Ecke der Dusche gekauert, einen Arm um die an den Körper gezogenen Beine gelegt. Dampfschwaden umwogten ihren nackten Körper, und es war still. Bis auf das Rauschen der Dusche, die sie auf unbestimmte Laufzeit programmiert hatte, gab es im Inneren des kleinen, zu ihrem Quartier gehörenden Raumes kein weiteres Geräusch.
Die Stille war das einzige, was sie im Augenblick ertragen konnte, wenn der Kopf zu voll war, um den Worten Raum zu geben, die darin kreisten. An jedem anderen Tag hätte sie wohl ein geheimes Gespräch mit einem Informanten unter dem laufenden Wasser gehalten, um einen Lauschangriff zu kontern, aber heute musste sie vor allem die Unruhe in ihrem Inneren zum Schweigen bringen. Fünfzehn Sekunden! Es war der pure Wahnwitz gewesen, wieder mal.

Wieder mal war die verdammte KI ihnen eine halbe Ewigkeit voraus gewesen, wieder einmal waren sie ausmanövriert worden, hatten nur ihr nacktes Leben und ein paar Informationen retten können. Hätte sie sich dagegen entschieden, Reyes und die drei anderen einzusetzen, hätte sie den knappen Ausgang der Sache vorausgeahnt?
Vermutlich nicht. Sie waren alle Soldaten, dafür waren sie ausgebildet. Und dennoch ... als sie Reyes vor einer Woche auf die Spur der KI gesetzt hatte, war sie nicht von einem schnellen Erfolg ausgegangen. Dafür war die KI bislang viel zu gewitzt vorgegangen. Sie hätte misstrauisch werden sollen, als Reyes einen potentiellen Ort gemeldet hatte, an dem sich der Hauptspeicher der KI befinden könnte. Eine verlassene Fabrikanlage auf Kaas sollte es sein, allerdings war sie zu gut gesichert, als dass ihr Adjutant hätte alleine vorrücken können.
Also hatte sich Lienas drei verlässliche Soldaten angefordert und in einer schnellen Kommandoaktion eingeflogen. Ein bisschen Geheimnistuerei, heroisch klingende Callsigns, Kampfausrüstung. Warum auch immer sich Reyes irgendwann mal 'Virus' ausgesucht hatte, es passte irgendwie. Während sie selbst auf der Phantom verblieben war, um das Team zur Not von außen zu unterstützen, waren die vier Soldaten in das Innere der Anlage vorgedrungen.

Als der erwartete Widerstand durch Absicherungen ausblieb, hätte sie misstrauisch werden sollen. Keine Wachdroiden, kein komplexes Sicherheitssystem. Auch sie hatte sich durch das leichte Vordringen in die Tiefen der Fabrikanlage täuschen lassen, der Gedanke daran, gegen die KI irgendeinen Erfolg zu erringen, war zu verlockend gewesen.
Und dann waren Blex, Limsharn, Brent und Reyes in die sauber gestellte Falle gelaufen - in einem Raum tief im Inneren des Gebäudes hatten sie ein Terminal entdeckt, in das sich Reyes eingeklinkt hatte. Die KI hatte dort gewartet, eine Nachricht hinterlassen, mit der die Soldaten verhöhnt wurden. Die Männer befanden sich plötzlich nicht nur in einem verschlossenen Raum - die Türen hatten sich automatisch verriegelt - sondern auch noch in einem Raum mit einem atomaren Sprengsatz und einem fünfminütigen, unweigerlich ablaufenden Countdown, der wieder nur durch ein vertraktes Rätsel aufgehalten werden konnte.
Der Sprechfunk verriet die wachsende Anspannung des Teams, die Gedanken an ein unmittelbar bevorstehendes Ende schwappten immer wieder mit den gesprochenen Worten mit. Und sie hatte nichts tun können, gar nichts, um ihnen irgendwie zu helfen. Selbst ein Bombardement des Gebäudes mit dem Schiff hätte ihnen nicht schnell genug den Weg freigesprengt. Sie vielleicht sogar noch mehr verschüttet.

Ihr Kopf war wie leergefegt gewesen, die Gedanken hatten sich um das Rätsel gedreht, die vielen verschiedenen Möglichkeiten waren wie verrückt hinter ihrer Stirn gekreist und doch hatte sie keinerlei guten Hinweis geben können. Limsharn hatte ihr die nötigen Daten zur Bombe geschickt, während die Zeit unweigerlich abgelaufen war. Leuchtziffern bewegten sich, und viel zu schnell war aus der Eins eine Null geworden, die letzte Minute angebrochen. Etwas in ihr verachtete sich noch immer für ihre halbe Lüge, für die Zuversicht, die sie den Männern vorgespielt hatte, um ihnen ein wenig Ruhe zu vermitteln, damit sie eine Lösung finden konnten.
Schweiß war auf ihre Stirn getreten, sie hatte die Finger um den Copilotensitz der Phantom gekrallt, als die letzten zwanzig Sekunden angebrochen waren. Der Radius für eine atomare Explosion war bekannt, das Schiff beschleunigte ungeheuer schnell, nur noch fünf Sekunden, dann hätte sie fort sein müssen, um das alles zu überleben. Als einzige zu überleben. Als die Leuchtziffern nur noch fünfzehn verbliebene Sekunden angezeigt hatten, war ihr Blick zum Piloten gedriftet, sie hatte den Mund geöffnet, um den entsprechenden Befehl zu geben - dann meldete sich das Team. Reyes' Geistesgegenwart war es zu verdanken, dass der Countdown gestoppt worden war.

Der Rest des Abends war für sie wie ein schlechter Traum verlaufen - sie hatten Daten gesichert, so viel an Wissen mitgenommen wie möglich, und Lienas hatte alle Informationen umgehend an die örtlichen Behörden weitergegeben. Dann der Rückflug, bei dem sie den blassen, sichtlich aufgewühlten Männern bei einem corellianischen Ale die Gelegenheit gegeben hatte, ihrem Unmut Luft zu machen. Blex war der Lauteste gewesen, aber sie vermutete, dass Limsharn der Wütendste von allen gewesen war. Reyes hatte geschwiegen, getrunken, nur ein paar Gedanken beigesteuert - eine neue Facette bei ihrem Adjutanten, der sich wohl zum ersten Mal mit einer Situation konfrontiert gesehen hatte, die er nicht mit Leichtigkeit hatte lösen können.
Und die ganze Zeit über hatte sie ihnen in die Augen geblickt, zugehört, Zuversicht und Ruhe auszustrahlen versucht, eben den Offizier gespielt, den sie nach einem solchen Einsatz gebraucht hatten. Jeder Blick war eine Lüge gewesen, jedes Wort Heuchelei. Vor ihr hatten vier Männer gesessen, die sie ohne ein Zögern im Inneren der Fabrik hätte krepieren lassen, um die Daten zu retten. Um den Auftrag so weit auszuführen wie möglich...

Ein Teil ihres Inneren hieß die Entscheidung nach wie vor gut - es war die einzig mögliche gewesen, die ein imperialer Offizier treffen durfte, um eine Chance zu erhalten, einen zukünftigen Erfolg zu erringen. Der andere Teil jedoch verband mit jedem dieser vier Männer etwas. Blex und seine frechen Aufkleber, sein loses Mundwerk, der trockene Humor, seine kreativen Flüche und die unkomplizierte Kameradschaft, die sie einfach so verband. Auch wenn er Offiziere eigentlich nicht mochte. Limsharn, mit dem sie das Training auf höchstem Niveau genoss, mit dem sie sich von Anfang an nach ein paar rauhen Witzchen gut verstanden hatte.
Brent, der sich zwar ultrakorrekt in ihrer Gegenwart verhielt, dem aber der Schalk im Nacken saß, selbst wenn er ihn gut verbarg. Und Reyes, ihr Adjutant, der vor allem die Herausforderung suchte und mit einer Leichtigkeit durch sein Leben strich, für die sie ihn still beneidete, weil sie diese längst verloren hatte. Wenigstens schien es ihr gelungen zu sein, die vier ein bisschen runterzuholen, die Frustration abzudämpfen, bevor sie nach Jaguada zurückgekehrt waren - und doch schmeckte die Erinnerung an diesen Abend ausgesprochen schal in ihrem Mund.

Daran hatte auch das lange Gespräch mit Captain Thrace nur wenig ändern können. Natürlich hatte er wissen wollen, was genau an diesem Abend geschehen war, und wollte die Lücken in ihrem Bericht gefüllt haben. Er hatte sie beruhigt, hatte Verständnis für ihre Gedanken gehabt und versucht, ihre Entscheidung nachzuvollziehen. Aber sie wusste genau, dass er sich anders entschieden hätte - er war anders gestrickt als sie, in so vielem ein absolutes Gegenteil.
Vielleicht konnte er sie deswegen so gut erden, die Stimmen für einige Stunden zum Verstummen bringen. Er verurteilte nicht, sondern nahm die Dinge, wie sie waren - und schließlich hatte der innere Druck nachgelassen, war für einen Abend verschwunden, hatte der Möglichkeit Raum gegeben, wieder mehr Mensch zu sein als Offizier. Selbst die neuen Babyfotos von Olvan hatte er sich ohne Klagen angesehen, auch wenn ihre Verwandtschaft ihn sicherlich irgendwann langweilen musste. Andere mochten seine ruhige Art vielleicht für langweilig halten, aber für Lienas war Carsson Thrace in den letzten Monaten ein willkommener Ruhepunkt geworden, zu dem sie immer wieder zurückdriftete.

Langsam lehnte sie sich mit dem Rücken gegen die kalten Fliesen und schloss die Augen, ließ das Wasser über sich schwappen, als könnte es sie ertrinken lassen. Sie reinigen von dem, was sie zwar nicht getan hatte, aber hatte tun wollen.
Die Stimmen waren zurückgekehrt, und noch immer flüsterten sie ihr ihre unwillkommenen Wahrheiten zu. Konnte man mit Menschen befreundet sein, deren Leben man ohne Zögern opfern würde, um ein größeres Ziel zu erreichen? Durfte man es? Oder wäre es besser, sich von ihnen fernzuhalten, um keine zu große Nähe entstehen zu lassen? Das ewige Dilemma der Offiziere. Man konnte nicht gleichzeitig Freund und Vorgesetzter sein - und an der Spitze war es stets einsam.
Als Agentin hatte ihr diese Einsamkeit nichts ausgemacht, sie hatte sich selbst genügt, ihren eigenen Anspruch erfüllt und so effizient wie möglich gehandelt. Sie hatte viele Erfolge ihr eigen nennen können, aber auch Misserfolge überstehen müssen. Und doch war es etwas ganz anderes gewesen als das Heute.

Es war früher so viel einfacher. Ein Satz nur, gesprochen von Captain Stryder-Garrde in einem ruhigen Augenblick, mit dem Geschmack von einem hervorragenden alderaanischen Whisky auf der Zunge. Ein Satz, der ihr verriet, dass auch ihr Vorgesetzter diese Bürde spürte und sie schultern musste, wenngleich sie vermutete, dass er es auf seine Art und Weise tat und sich diese von der Lienas' ebenso grundlegend unterschied wie die Art von Captain Thrace von der ihren. Als Agent hatte man ein klares Ziel und tausend Möglichkeiten, es zu erreichen. Als Offizier war alles so unglaublich viel komplexer und komplizierter. Viel zu viel Flimsikram, viel zu viel Unnötiges, das einen vom Eigentlichen abhielt.
Nur wenige Momente, in denen man sich jetzt noch lebendig fühlen durfte, wenn man den Geschmack der Gefahr erst einmal über Jahre hinweg überreichlich gekostet hatte. Einer der Gründe vermutlich, warum das Training mit Stryder-Garrde inzwischen deutlich den Charakter eines harten Wettbewerbs erreicht hatte und sie einmal mehr herausforderte. Inzwischen war es eindeutig mehr als die überaus günstige Gelegenheit, ihren Vorgesetzten ordentlich zu vermöbeln: es machte Spaß. Dass die erste Runde des Schleichtrainings an ihn gegangen war, hatte ihren Ehrgeiz nur noch mehr angestachelt. Am Ende war es unentschieden ausgegangen - die beste Ausgangsposition für das nächste Mal.

Den Kopf in den Nacken legend, ließ sie das Wasser direkt auf ihr Gesicht niederprasseln. Es wusch alle Hinweise darauf weg, dass sie nicht in jedem Augenblick hart und Herrin der Lage war, und dieses Mal brachte es ihr ein bisschen Frieden. Wieder tauchten die Gesichter von Reyes, Limsharn, Blex und Brent vor ihrem inneren Auge auf, bewegten sich, sie rief sich in Erinnerung, wie sich die vier bewegten, typische Gesten ausführten. Einer von Blex' deftigen Flüchen glitt am Rand ihrer Aufmerksamkeitssphäre entlang und ließ sie müde schmunzeln. Noch lebte er. Noch immer konnte Blex fluchen. Irgendwo einen seiner Aufkleber anbringen ...
Noch immer konnte Limsharn mit seiner Duragan Stahlträger umschießen, Reyes einen halb zweideutigen Witz reißen, Brent irgendwelche Nachrichten überbringen. Sie schuldete es den vieren, dass sie die verdammte KI endlich zu Fall brachten. Sie schuldeten es allen, die durch das wildgewordene Programm zu Tode gekommen waren. Fünfzehn Sekunden, die zwischen Leben und Tod entschieden hatten. Fünfzehn Sekunden, die das Maß endgültig voll machten.
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyDo Dez 25, 2014 8:43 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment_03

Der perfekte Moment: Viele kleine Boxen

Regen strömte die Fensterscheibe entlang hinab, und das nächtliche Kaas City zeigte seine lichterfüllte Silhouette. Umherfliegende Shuttles waren die einzigen hellen Punkte, die sich vor der bombastischen Kulisse bewegten und verrieten, dass die wichtigste Stadt des Sith-Imperiums von Leben erfüllt war. Lieutenant Lienas van Arden stand an einem raumhohen Fenster, zog abermals an der Zigarre, die sie locker mit der rechten Hand hielt, und blickte hinaus. Es war einer der wenigen Tage im Jahr, an denen sie vollständig in Zivil gekleidet war, und inzwischen war es ein sehr ungewohntes Gefühl.
Der klare, knappe Sitz ihrer Uniformjacke kleidete sie immer, und wenn sie die dunkelrote Offiziersjacke des Sturmregiments anzog, musste sie sich den ganzen Tag lang keine Gedanken machen, wie sie aussah. Es war von Vorteil, wenn einem Offizier seine Uniform stand, und sie nahm diesen Vorteil mit einer gewissen Zufriedenheit hin.

Umso deutlicher war der Unterschied zu den Tagen, die alleine dem zivilien Aspekt ihres Daseins gehörten. Sie trug den weiten, bequemen Pullover, den Elira ihr zum Lebensfest geschenkt hatte. Er war genau das, was sie für gewöhnlich nicht mochte: er war cremefarben, ließ die Schultern frei und er war flauschig. Und doch hatte sie ihn angezogen und sich für das Geschenk bedankt. Der Pullover war zudem ausgesprochen bequem.
Wenn es eine Konstante auf Dromund Kaas gab, war es der Regen. Neulich hatte sie die Frage beantworten müssen, ob ihr der Regen fehlte. Inzwischen tat er das nicht mehr, schon seit Jahren nicht mehr, aber er fühlte sich nach wie vor vertraut an. Es war dennoch eine Art Nach-Hause-Kommen, wenn sie den Raumhafen von Kaas verließ. Und jetzt hatte sie hier wieder Familie, die sie auch besuchen wollte. Eliras Einladung, gemeinsam mit ihr einige Tage während des Lebensfests zu verbringen, hatte sie erst nach längerem Überlegen angenommen. Auf dem Stützpunkt wusste man, wo sie sich befand, sie hatte ordnungsgemäß Urlaub genommen und war mit der Phantom geflogen, um schnell nach Jaguada zurückkehren zu können, wenn es nötig sein würde. Bislang jedoch schien es überall still, als würde sich auch die wildgewordene KI einige Festtage gönnen.

Deswegen war sie geflogen, hatte eine kurze Nachricht an den passenden Stellen hinterlassen. Bislang war es ein schöner Abend gewesen, mit alkoholfreiem Punsch, Obstkuchen nach einem alderaanischen Familienrezept und Gesprächen über die kleinen und großen Sorgen, die Elira mit dem kleinen Olvan hatte. Sie hatte ihren Neffen den halben Abend auf dem Arm gehabt und es fühlte sich gut an.
Er schlief inzwischen so ruhig bei ihr, dass es ihr fast das Herz zerriss, wenn er sich im Schlummer regte, die kleinen Händchen nach irgend etwas tasteten, das er nur im Schlaf sehen konnte. Wie konnte es einem so kleinen Wesen möglich sein, sie dermaßen stark zu beeinflussen? Er war nicht einmal ihr eigenes Kind. War es mit eigenen Kindern etwa noch schlimmer?
Dennoch war sie sich sicher, dass ihr Versprechen an ihn die richtige Entscheidung war. Einige Fäden hatte sie bereits gezogen. Die nächsten würden folgen, nach und nach. Es würde Geduld erfordern, und Hilfe, und wenn sie ersteres aufbringen konnte, aufbringen musste, war es erleichternd zu wissen, dass sie Hilfe erhalten würde, wenn sie danach fragte. Nur ein paar Worte würden genügen. Diejenigen, die sie fragen konnte, würden vermutlich nicht allzu viel wissen wollen, und einige hatten bereits zugesagt. Es war ihr wichtigstes Geschenk für dieses Lebensfest, das einzige, das sie wirklich gewollt hatte. Nun ja, der Pullover war auch nicht schlecht.

Sie ließ die Gedanken schweifen, zu all den kleinen Boxen, die an diesem Tag durch die duldsamen Droiden des Stützpunkts ausgeliefert wurden, pünktlich zum eigentlichen Festtag. So wenig sie normalerweise von Feierlichkeiten wie diesen hielt, so hatte sie doch in diesem Jahr das Bedürfnis gehabt, einigen anderen zu zeigen, dass sie ihr nicht egal waren.
Du gehst Bindungen ein, hatte sie sich mehr als einmal gesagt, aber dieses Mal hatte sie die Stimme so gut wie möglich überhört. Ab und an musste das Gefühl ihrer persönlichen Sicherheit und Distanz zu anderen für etwas Wichtigeres unterdrückt werden. Für ein Innehalten im rasend schnellen Voranschreiten der Ereignisse.

Und eine dieser Boxen war seit zwei Wochen unterwegs, an einen neutralen, gesicherten Ort geschickt, wo sie auf ihren Empfänger geduldig warten würde. Falls dieser überhaupt noch kommen würde, um diese Box zu finden, zu öffnen und sich über sein Geschenk zu freuen. Der Solanthe-Sektor war so nah und doch gleichzeitig so weit entfernt, dass sie wieder nur warten konnte.
Dem spärlichen Informationsfluss über gewisse Kampfhandlungen folgen und hoffen, dass alles so ausgehen würde, dass am Ende die Nachricht in einem unauffälligen Forum für Zigarrenliebhaber, die ihn vom Eingang einer neuen Botschaft an einem bestimmten Ort unterrichtete, nicht ungelesen irgendwann im Holonet erlöschen würde. Ein alter Freund, weit entfernt, auf der falschen Seite - und doch einer der wenigen Menschen, die ihr Leben am längsten begleitet hatten.
Bleib am Leben, dachte sie. Mehr wünschte sie ihm nicht, und es war der wichtigste Wunsch, den sie ihm zu geben hatte.

Genüsslich blies sie den Rauch in die Luft, folgte dem entstehenden Rauchring mit ihrem Blick und beobachtete, wie sich der Rauch in der klimatisierten Umgebung der eleganten Wohnung zerfaserte. Was würden wohl die Reaktionen sein, wenn die Empfänger ihre kleinen Boxen öffnen würden? Sie hatte sich bewusst einer direkten Beobachtung entzogen, aber neugierig war sie dennoch. Einen Vorteil hatte die ganze Sache jedoch: Wenn der Inhalt der Versandboxen nicht gefiel, dann würde sie es auch nicht mitbekommen.
Vielleicht wären die Empfänger auch höflich genug, Freude zu heucheln, während das dazugehörige Geschenk längst in irgendeinem Müllschlucker entsorgt war.

Wobei sie zumindest bei MSG Calvin Blex hoffte, dass ihm das sechseckige, dunkelgraue Etui gefallen würde, das sie extra für ihn hatte anfertigen lassen. Seine selbstgestalteten Aufkleber passten perfekt hinein - auch dafür hatte das Ansichtsexemplar getaugt, das nun auf ihrer Arbeitskonsole klebte.
Das Etui konnte an den Gürtel des Standard-Kampfanzugs geclipt werden, ideal dafür, mit Aufklebern bestückt, genau dann benutzt zu werden, wenn er irgendwem einen solchen verpassen wollte, ohne erst mühsam damit herum zu hantieren. Sie wusste, eigentlich hätte sie einen solchen Freizeitspaß nicht unterstützen sollen, aber sie mochte die Aufkleber. Und Blex würde wissen, wie es gemeint war.
Wie Colonel Keith Sordan sein Geschenk einlösen würde, würde ihr vielleicht auch etwas über ihn selbst verraten - und ein bisschen befriedigte Neugierde machte ihr das Schenken definitiv leichter. Seit sie beim Militärball gehört hatte, dass der Colonel gerne tanzte, war der Gedanke an ein Geschenk wie den kleinen Gutschein für einen Abend und zwei Personen in einem exclusiven Tanzcafé in Jaguada City samt Dinner und Getränken nicht aus ihrem Hinterkopf gewichen. Und er hatte sich diesen Gutschein in den letzten zwei Monaten verdient. Wen würde er wohl einladen? Sollte seine Wahl auf seine mehr als unwillige Tanzpartnerin vom Ball fallen, wäre es auf jeden Fall schon allein wegen des Gesichts der Chefärztin wert, sich am selben Abend in jenem Café aufzuhalten...

Das Geschenk für PFC Avanum Jiros zu finden war ihr leicht gefallen - er mochte guten Alkohol und gute Zigarren, und genau das hatte sie ihm zugedacht. Der corellianische Whisky in seiner Box war 18 Jahre alt und von einer seltenen, exclusiven Sorte, die man nur über viele Umwege erhielt. Dazu vier verschiedene Zigarren, eine jede ein Geschmackserlebnis für sich. Zigarren, die man rauchte, um sich vom Aroma forttragen zu lassen, nicht um zu rauchen.
Von vage süß bis sehr würzig hatte sie sehr sorgsam ausgewählt - ein Querschnitt des Genusses, der ihm zumindest für einige Zeit den Lebensstil gönnen würde, den er so sehr schätzte. Es würde ihr Spaß machen, ihn in ein paar Wochen zu fragen, welche Zigarre ihm am Besten geschmeckt hatte - und woran er beim Rauchen gedacht hatte.
Auch bei SSG Reynold Limsharn hatte sie nicht lange überlegen müssen. Nach einigen amüsanten Gerüchten aus dem Wachlokal, dass dort seit einigen Wochen bei Limsharns Dienst die Folgen einer Holonet-Serie mit Militärhintergrund laufen sollten, war sie neugierig geworden. Die Serie war wirklich nicht übel.
Inzwischen hatte sie die zweite Staffel begonnen - nächtliche Recherchen neigten eben dazu, zeitaufwendig zu sein - und es sich nicht nehmen lassen, eine Sonderedition von "Dropship" mit Hintergrundstories zu den Schauspielern, den Drehorten und den Charakteren aufzutreiben. Vier Stunden pures Bonusmaterial für echte Fans, zusätzlich zu einem Kurzfilm, der die explosive Affäre zwischen Corporal Donegall und Lieutenant Rivari näher beleuchtete. Vielleicht würde er ihr die Sonderedition irgendwann mal ausleihen.

Das Geschenk für SPC Kordath Reyes entstammte einem Momentgedanken, nicht der Planung - ein Wellness-Wochenende bei einer sehr exclusiven Örtlichkeit auf Nar Shadaa, die sich auch nicht dafür zu schade war, den Entspannungswilligen gewisse Dienstleistungen anzubieten, wenn sie gewünscht waren, oder aber die Gelegenheit gaben, andere Entspannungswillige diskret kennen zu lernen. Nach dem verheerenden Ausflug in die Fabrikanlage der wildgewordenen KI hatte der ansonsten immer so gut gelaunte junge Mann eine kleine Aufmunterung weidlich verdient. Und wer regelmäßig trainierte - seine muskulöse Gestalt verriet, dass er das tat - würde ausgiebige, kräftige Massagen und Körperpflege sicher zu schätzen wissen, selbst wenn es ihm im ersten Momend als weibisch erscheinen mochte.
Das Geschenk für SGT Saphire Morrison war noch nicht stofflich, aber es nahm Gestalt an. In der Box nur dadurch repräsentiert, dass sich darin ein Datapad mit der dienstlichen Anweisung befand, dem Sergeant eine neue personalisierte Waffe auszuhändigen, sobald diese auf dem Stützpunkt eingetroffen war.
Ihre vorherige hatte Morrison auf Kaas verloren, als die KI das Team auf der verdammten Brücke in die Luft zu sprengen versuchte, und Lienas wusste sehr gut, wie schmerzhaft es war, ein Werkzeug zu verlieren, an das man vielleicht schon über Jahre gewöhnt war. Es wäre ihr mit ihrem eigenen Scharfschützengewehr wohl nicht anders ergangen. Die neue Waffe entsprach in so gut wie allem der alten, mit einigen moderneren Modifikationen natürlich, denn die Technik hatte sich ein wenig weiterentwickelt. Vielleicht würde ihr diese neue Waffe den Wiedereinstieg in den Dienst nach ihrer Genesung erleichtern - es hatte ein bisschen Überzeugungskunst gekostet, das möglich zu machen und sie hatte es gerne getan.

Auch PFC Logan Saspirinowitsch würde eine solche Box vorfinden, wenngleich er sie vielleicht nicht erwartet hatte - aber in diesem Jahr ließ sie niemanden aus, der irgendwie eine Bedeutung für sie hatte. Ein volles Set Arbeitsgerätschaften für Techniker, vom Schraubenschlüssel über den Hydrospanner bis hin zu einem Technikteil, bei dem Lienas nicht einmal wusste, was man damit machte - aus bestem Durastahl gefertigt, mit Griffen aus schwarz gefärbtem Banthaleder, die weich und schmeichelnd in der Hand lagen. Dazu auf jedes Stück ein winziger Totenkopf eingeprägt, der Logans Tätowierung nachempfinden war. Etwas, das man wie ein Holocom jeden Tag in die Hand nahm und sich an der guten Verarbeitung und Qualität erfreuen konnte.
CPT Amon Stryder-Garrdes Geschenk war die doppeldeutige Gabe eines ehemaligen Agenten an einen ehemaligen Agenten, und sie war sich ziemlich sicher, dass er die Vielschichtigkeit erkennen würde. Alles andere hätte sie schwer enttäuscht ... bislang hatte sie ihn oft irgendwo hin treten wollen, am besten mit voller Kraft in seine verlängerte Rückseite, aber enttäuscht hatte er sie bislang noch nicht. Nicht einmal mit der Alderaan-Sache.
Das schlanke, perfekt ausbalancierte Stilett in der weichen Lederscheide war die geeignete Waffe, um sie im Stiefel zu verbergen oder sie an den Unterarm zu schnallen, um sich gegen einen Feind einen Vorteil zu verschaffen. Der Durastahl schimmerte bläulich, eine vollkommene Synthese zwischen tödlicher Schönheit und Funktionalität, ein effizientes Werkzeug für jemanden, der Effizienz über alles schätzte. Und der wusste, wie man eine solche Klinge zu führen hatte.

Das schwierigste Geschenk von allen war jenes für den anderen Captain - Carsson Thrace. Ihm eine besondere Sorte Caf zu schenken schien ihr unpassend, oder Zigarren, oder Whisky. Diese Dinge gehörten so offensichtlich zu seinem Alltag, dass es nichts aussergewöhnliches war. Er hatte so wenige eindeutige Gewohnheiten, dass es gleichzeitig einfach und doch unglaublich schwer war, etwas für ihn zu finden. Genügsame Menschen zu beschenken war für Lienas ein stiller Alptraum.
Darüber hatte sie etwa zwei Wochen nachdenken müssen, und noch immer war sie sich nicht sicher, ob er den Inhalt seiner Box mögen würde. Vermutlich war es das unpassendste Geschenk, das er jemals erhalten hatte, oder das langweiligste.
Sie hatte extra dafür eine größere Box bereitstellen lassen, denn die dunkelgraue, schlichte Decke, die sie so klein wie möglich gefaltet hatte, hätte in das andere Modell nicht hineingepasst. Die Decke war breit genug, um ein Doppelbett zu überspannen und noch genug Platz zu lassen, dass man bequem darunter liegen konnte - sauteure Thermofaser, die bei einem Temperaturspektrum von 5° unter Null bis 35° über Null ein angenehmes Schlafklima entstehen ließ. Nichts Besonderes, praktisch, ein Gegenstand des Alltags, den man nicht zwingend brauchte. Für gemütlichen, entspannten Schlaf - etwas, das einem Offizier mit einer Menge Gedanken im Kopf manchmal zu sehr fehlte.

Jeder Box - bis auf die eine, die das Feindgebiet längst erreicht hatte - war ein schlichter Flimsizettel beigelegt, auf dem sie handschriftlich etwas notiert hatte - nur drei Worte, bei jedem dieselben, gepaart mit dem Kürzel, das sie üblicherweise unter dienstliche Nachrichten setzte, wenn sie nicht die volle Unterschrift leisten musste: Danke für alles. - LvA
"Lienas, kommst Du? Der Film fängt an und Du wolltest ihn doch sehen ..." Die melodische Stimme ihrer Schwägerin riss sie aus ihren Gedanken und Lienas drückte das glühende Ende ihrer Zigarre im Aschenbecher auf dem kleinen Tisch neben ihr aus. Zeit, zu ihr zurückzukehren. In ein anderes Leben, in dem für einige Stunden, wenige Tage nur, die Waffen schwiegen.
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyFr Jan 02, 2015 5:44 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment_05

Der perfekte Moment: Ein scharfes Schwert

Der Thronsaal war prächtig gestaltet und bot dem umher schweifenden Blick von Lieutenant Lienas van Arden reichlich Gelegenheit, sich an einigen faszinierenden Details aufzuhalten. Wieder rief sie sich ins Gedächtnis, was sie über Haus Elentaar wusste - es war eines der älteren Adelshäuser von Alderaan, inzwischen allerdings relativ nahe davor, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Die einige Jahre zurückliegenden Kämpfe gegen einen Kilik-Schwarm, der sich auf dem Gebiet der Elentaars hatte niederlassen wollen, hatten das Haus letztendlich die politische Unabhängigkeit gekostet, da Count Orcin Elentaar schließlich Haus Thul um Hilfe hatte bitten müssen.
Inzwischen war die Kilik-Krise überwunden und dem gebirgsgeprägten Land von Haus Elentaar waren die Folgen dieser Zeit nicht mehr anzumerken, der Frieden war zurückgekehrt. Aber das zerrissene Innere des Hauses lag selbst jetzt noch offen dargeboten vor den Blicken aller, die klug genug waren, darauf zu achten.

Das Blitzen und Blinken konnte Lienas nicht täuschen. Die goldverzierten Stuckelemente an den Wänden und der Decke waren kunstvoll gearbeitet, ganz im Geiste dessen, wofür sich Haus Elentaar nun rühmte. Die Musik anlässlich der Erbfolgefeier klang erlesen, selbst für das Gehör einer Offizierin, für die derlei am besten sehr viel Rhythmus hatte und laut war. Baroness Carvalis, die älteste Tochter des Hauses, bot ein Violinestück dar, für das andere Leute eine Menge Credits in einem Konzertsaal bezahlen mussten, um es hören zu dürfen - und Lienas bekam den Musikgenuss nahezu kostenfrei. Aber nur nahezu.
Als das Musikstück endete und der Applaus der Anwesenden aufbrandete, straffte sich Lienas innerlich. Dem Ablaufplan nach würde nun der entscheidende Teil des Abends kommen, wegen dem sie hier herumstand, in Galauniform, mit einer peinlichen, dunkelblauen Schärpe auf der Schulter. Was sich wohl Avanum Jiros dachte? Der Private First Class stand unbeeindruckt hinter ihr, eine schweigende Säule der Zuversicht inmitten eines Raumes voller Ungewissheiten. Dass sie ihren Schüler mitgenommen hatte, basierte auf einer kühlen Kalkulation - und Instinkt.

Er war längst soweit, mehr als nur die Theorie zu lernen, es war an der Zeit, dass seine Übungen auch praktischer Natur wurden. Seine Beobachtungsgabe war vielversprechend, ebenso sein Instinkt. Da sie ihrem neuen, alderaanischen Familienanhang bis auf Elira ganz generell misstraute., war ein zusätzliches Augenpaar, das gänzlich unbeeindruckt beobachten konnte, eine wertvolle Ergänzung. Bislang war sein Benehmen tadellos gewesen, und die anwesenden Damen hatten den schmucken Soldaten in seiner Galauniform ebenfalls bemerkt.

Innerlich schloss sie eine Wette mit sich selbst ab, welche ihn am Ende des Abends wohl abschleppen würde und musste beim Gedanken daran, vermutlich Recht zu behalten, sachte schmunzeln. Dann lenkte Elira Lienas' Aufmerksamkeit auf sich, als sie mit dem kleinen Olvan auf den Armen zu ihr trat und ihr den Säugling behutsam übergab. Die Augen ihrer Schwägerin strahlten, und ihr Lächeln verriet nicht, dass ihr das Herz schwer sein musste angesichts dieses Momentes, an dem eigentlich ihr Ehemann Arric hätte anwesend sein sollen, den Platz seiner Schwester einnehmen.  
Es ist, wie es ist, dachte Lienas mit einem Anflug von Bitterkeit. Manches hatte man einfach nicht in der Hand, zumindest nicht so, wie man es sich vielleicht wünschte.

"Werte Angehörige des Hauses Elentaar, verehrte Repräsentanten des Sith-Imperiums, geschätzte Freunde und Verbündete seit so vielen Jahren!" Die Stimme von Count Orcin dröhnte mit Leichtigkeit durch den Raum, und wieder einmal musste Lienas feststellen, wie sehr er einer ausgewachsenen Nekarr-Wüstenkatze glich - bis auf die Zähne natürlich. Sein Haar wallte wie eine Mähne über seine Schultern, und auch mit seinen neunundfünfzig Jahren war der Adelige noch immer eine mehr als stattliche Erscheinung. Seine schöne und acht Jahre jüngere Ehefrau Isadora galant am Arm führend, zeigten beide Staatsroben in den Farben des Hauses - weiß, silber und dunkelblau.
"An diesem Abend habe ich Euch alle zu uns gebeten, um vor dem Angesicht derer, die unserem Haus die Treue halten, das jüngste Mitglied unserer Familie willkommen zu heissen und ihn offiziell in die Erbfolge mit aufzunehmen - Olvan van Arden-Elentaar, der erste Sohn meiner Tochter Amelira und ihres Gemahls Arric."
Höfliches Klatschen folgte, jedoch nicht zu laut, um den in seinen Decken eingewickelten Säugling nicht zu wecken. Wie es das Protokoll vorsah, hob Lienas den kleinen Olvan vorsichtig empor und zeigte ihn den anwesenden Gästen und Höflingen. Glücklicherweise schien ihr Neffe auch den festen Schlaf von seinem Vater geerbt zu haben, denn er regte sich nicht und schlummerte gemütlich in ihrem Arm weiter.
Nur die ausgesprochen saure Miene von Baron Ontaris, dem ältesten Sohn des Counts, passte nicht so recht zum feierlichen Anlass. Obwohl er bereits seit mehreren Jahren verheiratet war, hatte sich von seiner Seite noch kein Nachwuchs eingestellt. Nun bei der Einsetzung seines Neffen in die Erbfolge zusehen zu müssen, gefiel ihm ganz offensichtlich nicht.

"Da sein Vater jedoch im Krieg geblieben ist und wir nichts über seinen Verbleib wissen, sieht es unsere Tradition vor, dass er unter die Obhut eines Vormundes gestellt wird, damit dieser seine Interessen wahrt."
Gerade die älteren Anwesenden nickten deutlich, anscheinend war dieses Vorgehen nicht ungewöhnlich, oder entsprach zumindest dem, was man in einem solchen Fall üblicherweise tat. Nun trat Elira an die Seite von Lienas, eine reichverzierte samtene Schwertscheide samt Waffe darin in beiden Händen haltend.
"Es liegt bei der Mutter, sich für einen Vormund zu entscheiden, und so überlasse ich meiner Tochter, der Baroness Amelira van Arden-Elentaar, die Wahl." Dutzende Blicke richteten sich auf die hinreißend schöne junge Frau, die in diesem Moment lang wie die Verkörperung des Stolzes und des starken Willens einer sehr alten Familie wirkte. Ein sirrender Klang erfüllte die Luft, als Elira das Schwert aus der Scheide zog, eine sichtbar alte Waffe, die in hervorragend gepflegtem Zustand war. Sie reckte die gleißende Klinge im vielestaltigen Licht des Raumes empor und räusperte sich.

"Ich, Amelira, zweite Tochter des Hauses Elentaar, übergebe hiermit die Vormundschaft an die älteste Schwester meines Gemahles Arric, auf dass sie Schmerz, Furcht und Tod von meinem Sohn Arric fernhalten möge, von jetzt an bis zu jenem Zeitpunkt, an dem es mein Gemahl wieder selbst zu tun in der Lage ist. Dies ist mein Wille als die Frau, die dieses unschuldige Kind auf die Welt gebracht, gewiegt und genährt hat!"
Mit einer herrschaftlichen Geste überreichte sie die Waffe an Lienas, welche auf ein leichtes Kopfneigen Eliras hin vortrat, bis zum obersten Absatz jener Stufen, die zu den anwesenden Gästen hinab führten. Rauh lag der Griff der Waffe in der Hand der Offizierin. Dieser Teil des Schwertes bewies ihr sofort, dass es irgendwann einmal zum Kämpfen benutzt worden war. Ein rauher Griff erleichterte es, eine Klinge mit schwitzigen Händen zu führen.
Als Lienas das Schwert langsam wog, fühlte sie sofort, wie gut es ausbalanciert war. Es würde eine reine Freude sein, mit einer Waffe wie dieser zu kämpfen, zu fühlen, wie sie zum verlängerten, tödlichen Teil ihres Armes wurde. Aber heute musste sie damit etwas anderes tun. Auch sie hob die Waffe nun an, führte sie hoch empor, um zeremoniell ihre Bereitschaft anzuzeigen, den kleinen Olvan zu verteidigen.

"Ich, Lienas van Arden, Tante von Olvan van Arden-Elentaar, gelobe hiermit, sein Schwert, Schild und Lehrer zu sein, bis sein Vater Arric diesen Platz wieder einnehmen kann. Mein Leben für sein Leben, diese Klinge, um seinen Leib zu schützen!" Damit hatte sie dem Protokoll genüge getan, aber die Blicke der Anwesenden bewiesen ihr, dass sie noch nicht überzeugt waren. Das Schmierentheater auf Alderaan-Art hatte einfach nicht gut genug funktioniert. Ob es an den imperialen Uniformen lag, die Lienas und Avanum Jiros trugen?
Vielleicht lag es auch daran, dass Haus Elentaar nicht als besonders kriegerisch galt und seit Jahren schwach war, so schwach, dass es sich hinter den Rockschößen von Thul verbergen musste. Oder aber die exzentrische Art des Counts konnte die Zweifel nicht zerstreuen, dass die Zukunft des Hauses gesichert war - sie konnte es nicht sagen, dafür kannte sie diese Leute noch nicht gut genug. Aber sie konnte ein Zeichen setzen.
Kurz glitt Lienas' Blick über die Umgebung, dann ging sie, Olvan im Arm und das Schwert in der Hand, einige Schritte die Treppe hinab herunter. Die Gäste wichen zurück, einige blickten überrascht andere neugierig, als die imperiale Offizierin einen kleinen Holztisch ansteuerte, auf dem Schalen mit kandierten Früchten standen. Aber Lienas hatte überzuckertes Naschwerk ohnehin noch nie gemocht.

Sie gab dem Tischchen mit ihrem auf Hochglanz polierten schwarzen Stiefel einen ordentlichen Tritt in Richtung der Mitte des Raumes. Heftig schepperten die Schalen auf den Boden, das klebrige Zeug verteilte sich auf blankgewienertem Marmor. Nun war auch Olvan erwacht und krähte vergnügt aus dem Inneren der Decken heraus. Mit einem entschlossenen Lächeln auf den Lippen ließ Lienas das Schwert einmal um ihr Handgelenk wirbeln und rammte es mit Wucht in das Holz des Tischchens, sodass es dort stecken blieb und wie eine tödliche Warnung glänzte.
"Ich halte Furcht, Schmerz und Tod von meinem Neffen fern, und merken Sie sich eines: Wer ihm etwas antun will, muss erst einmal an mir vorbei!" Ihre Worte hallten durch den Raum, und mit einem Mal waren die Anwesenden vollkommen aufmerksam. Auch Elira blickte sie überrascht an, doch war es Count Orcin, der zu klatschen begann.
Nach und nach fielen alle anderen ein, bis sich schließlich das glucksende Jubeln des kleinen Olvan in den Applaus der Anwesenden mischte. Nun wirkten sie deutlich überzeugter ..

Mit einem Ruck zog Lienas die Klinge aus dem Tischchen und ließ sich von Elira die Schwertscheide an der Schärpe befestigen. Doch erst als sie die Klinge in die reich verzierte Scheide zurück schob, entspannte sich endlich auch der Gesichtsausdruck von Baron Ontaris. Später würde Lienas ihren Schüler fragen müssen, ob ihm auch dieses interessante Detail aufgefallen war - das bislang wichtigste des Abends.
"Wohlan, ein glückliches Haus, das von einem so scharfen Schwert beschützt wird .." erhob der Count wieder die Stimme und flocht in seine folgende Rede noch einige schmeichelhafte Plattitüden ein, welche die strahlende Zukunft seines Enkels in reichhaltigen Farben ausmalte. Und während sich die Zeremonie fortsetzte, hielt Lienas das kleine Bündel Mensch im Arm, die Gedanken weit fort in einem ganz anderen Teil der Galaxis. Dort hatte sich ein folgenschwerer Kampf zwischen einem imperialen und einem republikanischen Kampfschiff zugetragen, der vom Ministerium nach wie vor totgeschwiegen wurde ... und dort wäre sie tausendmal lieber gewesen als in einem prächtigen Thronsaal auf Alderaan, inmitten von distinguierten und prächtigen Gästen, für die das alles keinerlei Bedeutung hatte.
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyMi Jan 07, 2015 12:08 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment_06

Der perfekte Moment: Fragmente

Es wäre so leicht, den Helm zu schließen und alle anderen auszuschließen, die mit ihr auf diesem Schiff waren. Die Nervosität war greifbar. Dieser Einsatz war anders als die bisherigen, zumindest für Lieutenant Lienas van Arden. Die Soldaten wussten genau, dass es nun zu Ende gehen musste. Dass die Chancen schlecht standen, dass es ein Himmelfahrtskommando war. Und Lienas war sich ziemlich sicher, dass dieses Mal das Glück nicht auf ihrer Seite sein würde. Sie hatten drei Mal unter widrigen Umständen überlebt, sich retten können, ohne dass es eine größere Katastrophe gegeben hätte - ein viertes Mal erschien ihr mehr als unwahrscheinlich.
Sie ließ ihren Blick über die anderen Anwesenden schweifen, wohlvertraute Gesichter inzwischen. Längst musste sie im Funk keine Codenamen mehr hören, denn sie erkannte die meisten von ihnen am Klang ihrer Stimmen. Hörte, ab wann sich Furcht in diesen Klang mischte, ab wann es beginnende Panik war.
Auf solche Momente war sie vorbereitet worden, schon vor langer Zeit. In einem solchen Moment musste ein Offizier entschieden vorgehen, den Untergebenen ein Bollwerk sein, ein Vorbild - in einem solchen Moment durfte man als Offizier keine Angst zeigen, nur Ruhe. Ob es ihr beim letzten Einsatz ausreichend gelungen war? Sie hatten es ihr nicht gesagt, überhaupt war über diesen Einsatz auf Dromund Kaas nicht viel gesprochen worden.

Langsam ging sie ins Cockpit ihrer X-70 Phantom und nickte dem Piloten zu. Sie kannten sich schon lange, und sie vertraute ihm blind - Flight Officer Turin San war ein intelligenter, verschwiegener Mann, den sie vom Geheimdienst mitgebracht und auf die 'Arch of Tears' importiert hatte. Selbst hatte sie das Fliegen nie gelernt, es war für ihre Missionen nie notwendig gewesen - und in den letzten Wochen hatte sie trotz des ausdrücklichen Wunsches von Lord Tragos keine Zeit gefunden, mehr als die Theorie zu beginnen.
Schweigend ließ sie sich auf den Copilotensitz gleiten, der bei einem solchen Flug nie besetzt wurde. Ihr Blick verlor sich in der unendlichen Weite des Weltalls, hielt sich immer mal wieder an einem fernen Stern fest, dessen Namen sie nicht kannte - in Gedanken war sie auf der Star of Vengeance, dem Schiff des glücklosen Admiral Ashcroft.
Der durchgedrehten Killer-KI war es gelungen, sich auf dem Kampfschiff einzunisten und hatte es übernommen, der Admiral hatte nur mit Mühe sein Leben retten können und war nach Jaguada gekommen, um die dort stationierten Truppen zu einem Einsatz abzurufen. Zu einem mehr als beschissenen Einsatz, wenn man es ehrlich sagte. Lienas war ehrlich zu sich selbst, auch in dieser Sache. Die Chancen standen ziemlich schlecht. Und doch mussten sie es schaffen, sich auf das Schiff zu begeben und die KI ausser Gefecht setzen.

War sie schon bereit, loszulassen? Es gehörte zu ihrer Routine vor harten Einsätzen, zuerst die Briefe zu aktualisieren, die sie für ihre Familie und für die anderen Menschen, an denen ihr lag, bereit hielt.
Seit sich Colonel Sordan vor dem vorletzten Einsatz bereit erklärt hatte, ihre Briefe im Fall ihres Todes denjenigen zukommen zu lassen, für die sie bestimmt waren, war es leichter geworden. Der Blick des altgedienten Militärs hatte Bände gesprochen, als sie ihm die neueste Ausgabe ihrer Abschiedsbriefe überbracht hatte. Aber auch dieses Mal hatte er diese kommentarlos entgegen genommen und ihr einen erfolgreichen Einsatz gewünscht.
Mehr gab es nicht zu sagen, mehr würde es nie zu sagen geben. Er kannte die bisherigen Missionsberichte und wusste, was dem Team bevorstand. Die Chancen wurden nicht besser dadurch, dass man klagte oder sich darüber aufregte, dass man sich einem Feind stellen musste, der alle Trümpfe in seiner Hand hielt. Den Moment der Wut hatte sie längst hinter sich gebracht. Eiskalte, glühende Wut, die sie meistens damit bewältigte, dass sie so lange lief oder trainierte, bis ihr die Beine und Arme zitterten und die Energie verpufft war.
Dieses Mal hatte ein Action-Militärfilm den Dienst getan, den sie gemeinsam mit dem wohl ungewöhnlichsten Kandidaten für einen solchen Fall angesehen hatte.Gewaltige Explosionen und die heroischen Taten der fiktiven Soldaten auf dem Bildschirm hatten jedes tiefgreifendere Gespräch wirkungsvoll verhindert, und es war auch nicht nötig gewesen zu sprechen. Es hatte ausgereicht, dass sie verstanden worden war. Keine Raketen fangen diesmal.

Dann war der Moment der Angst gekommen, und auch dieser war vorübergedriftet, bestens verborgen in ihrem Inneren, abgelenkt durch ruhige Worte und einige geteilte Sandwiches, dazu hemmungsloses Vergessen. Und keine Fragen. Diese Art Fragen waren auch dieses Mal nicht gestellt worden, und sie hätte sie auch nicht beantworten können. Eine Nacht war vorübergehuscht, und als sie am Morgen vor dem Einsatz aufgestanden war, hatte sie es mit ruhigem Herzen tun können. Frei von Angst, frei von Bedauern.
Denn sie hatte gelebt, sie hatte ihr ganzes Leben lang so gut wie alles kosten dürfen, was sie hatte kosten wollen. Sicher, es mochte einige Dinge geben, die sie bedauerte, die nicht so hatten sein können, wie sie es sich gewünscht hätte. Und es gab Fehler, einige gravierende Fehler, deren Folgen sie immer begleiten würden - wie so mancher Infanterist scherzhaft sagte, gab es eben keinen Frontalangriff ohne Kollateralschäden. Aber sie hatte gelebt.

Während sie hinter sich die Fragmente einer Unterhaltung zwischen Limsharn und Blex hörte - beide klangen nach wie vor genau so unbegeistert wie schon bei der Einsatzbesprechung - atmete sie tief durch. Die Deckpläne der Star of Vengeance waren ihr vertraut, die Ziele ebenso. Sie hatten sich bestmöglich vorbereitet, der KI einen Schlag zu versetzen, und sie idealerweise auszuschalten.
Ein Programm wie dieses durfte nicht überleben - auch wenn der Gedanke seltsam war, ihm eine Art von Leben zuzugedenken. Ein Programm konnte nicht leben, es dachte nicht, es berechnete. Es hatte keine persönlichen Motive, konnte keinen Hass entwickeln oder Liebe. Es verabscheute nicht. Es war und blieb einfach so effizient wie möglich, und diese Effizienz hatte ihnen schon so manche unangenehme Überraschung beschert.
Und es hinterließ einen unangenehmen Nachgeschmack. Die KI simulierte maximale Effizienz, eine Eigenschaft, der sich die meisten Imperialen auf die Fahnen geschrieben hatten. Wenn so maximale Effizienz aussah, dieses bedenkenlose Ausschalten von Leben im rauhen Dutzend, dann konnte man diese nur mit einem wirklich eisigen Herzen anstreben. Effizienz war wichtig, aber nicht um jeden Preis. Lienas blinzelte, erinnerte sich.

Kühle, frisch schmeckende Gebirgsluft, der kleine Wander- und Kletterausflug mit PFC Jiros nach dem Erbfolgeerhebungsabend.  Die Luft auf Alderaan schmeckte ungleich würziger als anderswo. Sie hatten das Land der Elentaars angesehen, einige moderate Felsen bezwungen und geredet - über das letzte halbe Jahr, seine Ausbildung. Über das, was er in seiner Zukunft noch machen konnte, was noch zu lernen vor ihm lag. Er hatte sich wirklich gut entwickelt, auch wenn er manchmal noch zu viel auf einmal wollte. Zu sehr von sich selbst überzeugt war, wenn er vorsichtiger sein müsste. Aber das würde ihn die Erfahrung noch lehren. Ja, sie war stolz darauf, wie er sich bislang entwickelt hatte, auf seine Leichtigkeit, seinen sich entwickelnden Instinkt - aber sie würde es ihm nicht zu viel zeigen. Noch mehr Eitelkeit würde ihm wirklich nicht guttun.
Und es hatte gut getan, mal wieder rauszukommen, ein kurzes Durchatmen in einem straffen Terminkalender, der eine Menge Aufgaben bereit hielt. Seltsamerweise hatte sie die verdammten Alderaaner verstehen können, die sich so sehr an ihr Land klammerten. Die keinen Zoll davon preisgeben wollten. Es war rauh und schön und wild, ein seltsames Gefühl von Vertrautheit. Der Gedanke, dass Olvan dieses noch in so vielem ungezähmte Land vielleicht irgendwann besitzen würde, war seltsam schön gewesen.

Dagegen der Gestank von Nar Shaddaa. Blinkende, überbordende Reklame, und ein stilles Hotelzimmer, in dem man nicht nach Namen oder Herkunft gefragt wurde. Das letzte Treffen war fast ein Jahr her, und im Grunde hatte er sich kaum verändert - die Zeit schien bei ihrem ältesten Kontakt still zu stehen. Sicher, ein paar kleine Fältchen gab es. Seine Gesichtszüge waren über die Jahre hinweg klarer definiert worden, er hatte ein wenig an Masse zugelegt. Aber das Lächeln war dasselbe geblieben, der freundliche Ausdruck der Augen. Seine fürsorgliche Art.
Eigentlich hätte sie ihn hassen sollen, weil er zur feindlichen Fraktion zählte, weil auch sein Alltag aus Krieg bestand. Aber seit jenen Tagen unter den Trümmern war dieser Teil einfach ausgeschaltet. Sieben Jahre waren seitdem vergangen, und ihre Wege hatten sich immer wieder gekreuzt. Dieses Mal hatte sie ihn um Hilfe gebeten. Wenn einer herausfinden konnte, ob und wo Arric in Gefangenschaft war, dann war er es. Er hatte die nötigen Freigaben, und er verstand, warum sie suchte. Kein Hinterfragen, keine Erklärungen. Wieder Verständnis und Stille.
Es war illegal, und allein diese Stunden in einem namenlosen Hotelzimmer verstießen schon gegen ein Dutzend Vorschriften auf beiden Seiten. Wenn man es genau betrachtete, war es Verrat. Und doch hätte sie nicht anders handeln können. Es ging um ihren Bruder. Um ein bisschen verbliebene Menschlichkeit im unmenschlichen Alltag des Krieges. Um tiefe Verbundenheit, die nicht nach Fraktionen fragte. Zwei Leben in einer unendlichen Menge, die sich durch Zufall einst berührt hatten. Ein unverhofftes Geschenk, das sie zu schätzen gelernt hatte.

Der Lebensfestabend auf dem Stützpunkt war ein absoluter Kontrast zur kühlen Nüchternheit des Einsatzes gewesen. Blinkende Holobäume, mit roten und grünen Kugeln geschmückte Wände und Lampen. Lieutenant Hawkwood hatte sogar Holoschnee projizieren lassen, ein dermaßen überkitschtes Gesamtbild, das Lienas im Grunde innerlich schon beim Betreten des Raumes hatte flüchten wollen. Ihr Geschenk für PFC Saspirinowitsch, der ihr zugelost worden war, einfach auf den Tisch werfen und sich dann mit dienstlichen Pflichten verabschieden.
Es war eben genau die Art gezwungener Fröhlichkeit, mit der sie nichts anfangen konnte. Weil sie Hunger gehabt hatte, war sie geblieben, und der Abend war dann doch ganz nett geworden. Die selbst gekochten Speisen der anderen hatten sich als erfreulich essbar erwiesen, auch wenn für die meisten der knackig scharf gewürzte Flatterwedler von Staff Sergeant Limsharn wohl zuviel des Guten gewesen war. Lienas' alderaanischer Apfelkuchen hingegen war zu einer Vollkatastrophe geworden.
Was bei Elira einige Tage zuvor so leicht und fluffig ausgesehen hatte, war in so unglaublich vielen Variationen schief gegangen, dass sie es nicht mehr zählen konnte. Fürs Backen und Kochen war bei ihr wohl einfach keinerlei Talent vorhanden. Selbst die Teigfertigmischung, ihr Plan B, war ihr angebrannt. Zumindest hatten die Äpfel auf dem Kuchen ganz gut geschmeckt ...

Das Geschenk von Lieutenant Hawkwood lagerte noch immer in einer Schublade von Lienas' Schreibtisch. Ein Holofilm über einen Mann, der seine Credits als Stripper verdiente und schließlich dem ruhmreichen Weg als imperialer Soldat einschlug, mit vielen halbnackten Männern, Schweiß und Uniformen. Vermutlich würde sie ihn gemeinsam mit anderen weiblichen Soldaten anschauen - wenn sie alle diesen Tag überlebten. Eine giggelnde Weiberrunde, die sich an nackten, knackigen Hintern erfreuen würde - in sofern war es ein perfektes Geschenk gewesen. Auch der Muffin mit Whiskygeschmack hatte sehr gut geschmeckt, wie so ziemlich alles, was Lieutenant Hawkwood backte. Dafür hatte die mollige Verwaltungsoffizierin wirklich eine große Begabung.
Ein klein bisschen heile Welt. Hawkwood wirkte immer, als gäbe es keinen Krieg. Keine blutigen Kämpfe, keine Verletzungen. Als könnte nichts Schlimmes passieren. Als müsste man keine Angst haben. Sie lächelte immer. Vielleicht war es ein noch größeres Talent, so unschuldig zu bleiben im Angesicht bevorstehender Schlachten. Dennoch beneidete Lienas den Lieutenant nicht darum. Klarheit war ihr lieber. Und die Seelenruhe, die durch Klarheit kam. Ein neues Versprechen hatte sie vor dem Aufbruch gegeben, und eines erhalten. Das machte es um so vieles leichter.
Sie hatte gelebt. Sie wurde respektiert, geschätzt, gemocht, geliebt. Es war im Grunde alles so einfach, so viel Klarheit. Frieden.

"Sir, wir nähern uns den Zielkoordinaten," meldete San und nickte Lienas zu. Seine Stimme klang vollkommen ruhig, wie immer, wenn der Einsatz unmittelbar bevorstand. Sie nickte ihm lächelnd zu und schob sich aus dem Sitz empor, um nach den beiden Captains zu suchen - sie würden den Männern ein letztes Mal Mut zusprechen, wie man es eben als Offizier so tat. Lienas machte es sich leichter.
"Herrschaften, ein wunderbarer Tag, um einer verdammten KI in den Arsch zu treten!"
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyDo Jan 15, 2015 2:37 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment_06

Der perfekte Moment: Untergetaucht

Die Klinge in Captain Stryder-Garrdes Hand schnitt durch den Kopf des KI-Avatars wie durch Butter. Ungläubig beobachteten die Soldaten, wie der Angriff dadurch ins Leere lief, dass sich der Kopf der Wesenheit einfach wieder zusammensetzte, als sei absolut nichts von Belang geschehen. Schüsse dröhnten durch den Zentralcomputerraum der 'Star of Vengeance. Jeder einzelne prallte am Körperschild der Wesenheit ab, der sich wie ein Mosaik aus winzigsten Teilen stets um den Leib des Avatars bildete. Einzig Nahkampfangriffe schienen eine Möglichkeit zu bieten, die Wesenheit abzulenken - deswegen ließ Lieutenant Lienas van Arden ihr personalisiertes Gewehr sinken und griff zu den am Gürtel befestigten Messerscheiden.
Reyes holte neben ihr auf und versuchte es mit aufgesetzten Blasterschüssen. Stryder-Garrde flog durch die Luft und prallte gegen eine der Wände, dann richtete sich ihr Fokus gänzlich auf den Gegner. Es gab nichts, mit dem sie ihm wirklich beikommen konnten - EMP-Geschosse, Blasterschüsse, Messer, Granaten - und die Wesenheit hatte einen Schlag, der einem ohne den Schutz der Kampfanzüge ohne Mühe die Rippen brechen konnte. Dazu seine Waffe eines fremdartigen Bautyps, deren Durchschlagkraft nicht bekannt war.

Der Schmerz explodierte wie ein rötliches Feuer in ihrer Brust, strahlte in den Rücken ab, als sie mit voller Wucht gegen die Wand hinter sich krachte. Selbst ihre bewährte Rüstung konnte ihren Flug nicht genug abdämpfen, nicht die inzwischen deaktivierte Schwerkraft. Das waren mindestens zwei Rippen, realisierte Lienas stumm, kniff die Augen zusammen, überprüfte alle anderen Teile des Körpers, wie es ihre Gewohnheit war. Sie konnte wieder aufstehen, griff ihr verbliebenes Messer fester. Im Hintergrund trieb Stryder-Garrde vorbei, machte sich mit Sprengstoff auf, um einen Weg zum Computerkern freizumachen. Sie mussten den Avatar ablenken, so lange es nur möglich war, um ihm Handlungsspielraum zu geben.
Also zurück zum Gegner. Reyes hatte sich in den Kampf gestürzt, als sie an die Wand gekracht war, doch kam ihn die Entscheidung teuer zu stehen. Nun galt die ganze Aufmerksamkeit der personifizierten KI ihm und alleine ihm - griff nach den Handgelenken des Specialist und hielt ihn fest, als wollte sie ihm durch pure Gewalt alle Knochen im Leib zu brechen. Nicht einmal ein Schulterstoß konnte den Avatar erschüttern, sie hörte die Waffe der KI fauchen und Reyes wurde zurückgeschleudert. Kam er wieder hoch? Wie lange würde es dauern? Mit dem Messer lenkte sie den Fokus des Gegners wieder auf sich, wich einmal aus, doch das zweite Mal gelang es ihr nicht mehr.

Die geballte Faust des Avatars durchschlug ihren Helm mit einer Wucht, dass sie das Knacken durch Mark und Bein fühlen konnte, als ihr Nasenrücken brach. Zischend entwich die Luft aus ihrem Kampfanzug und es dauerte lange Sekunden, bis sie sich an die Panzertape-Patches erinnerte, die sie für solche Zwecke in einer Seitentasche ihrer Ausrüstung bei sich trug.
Metallisch schmeckte sie das Blut auf der Zunge, so vertraut und verhasst zugleich. Wieder schmerzte ihr Rücken, nun gepaart mit der Lohe im Gesicht. Schemenhaft sah sie den  Avatar zu Reyes zurückkehren, der es mit einem letzten Schuss aus beiden Blastern versuchte, der wirkungslos verpuffte.

Nicht einmal der Betäubungsschuss aus Lienas' Handblaster konnte die KI aufhalten, die fremdartige Waffe erwischte Reyes frontal auf der Brust und warf ihn zu Boden. Er regte sich nicht mehr, doch dafür war keine Zeit. Nur noch einer im Nahkampf, und Stryder-Garrde war noch nicht bereit. Es blieb nicht einmal mehr Zeit dafür, Angst zu haben, es gab nur noch den Gegner, diese Personifikation, ihre Messer, ihre Arme, die Kraft, die sie noch zur Verfügung hatte, allem Schmerz in ihrer Brust zum Trotz.
Sie durfte nicht aufgeben. Aufgeben war keine Option. Die Klinge in die Nierengegend der Personifikation rammend, wusste sie genau, dass es nichts bringen würde - aber der Gegner wandte sich ihr zu, und darauf kam es an. Nimm mich! Hier bin ich! Greif mich an!

Das Flackern ihres Helm-HUDs zeigte an, dass das zweite Team zu ihnen aufschloss, blinkende Punkte auf der projezierten Umgebungskarte - die Zeit hatte gereicht, Verstärkung kam. Wieder zurück zum Gegner, sie konnte Thrace erkennen, wie er sich auf den Avatar stürzte, um ihr zu Hilfe zu kommen - und auch er fiel. Das Krachen hätte laut sein müssen, ihr Kopf dichtete es einfach hinzu, als sein Körper mit der Wand kollidierte. Stille im internen Comkanal, war er auch bewusstlos? Jetzt kehrte die Angst zurück, für einen furchtbar langen Augenblick. Limsharn übernahm den Kampf, und sie konnte nicht anders, sie musste nachsehen, ob Thrace noch lebte. Verschwendete Sekunden, und gleichzeitig doch nicht. Wage es nicht, jetzt zu sterben.
Erst als er sich regte, konnte sie wieder zurück in den Kampf, den Blick auf den Avatar richtend. Eine Explosion - sie hatten Stryder-Garrde genug Zeit erkauft - der Weg zum Kern war offen. Com-Kommunikation mit der 'Corona', welche die 'Star of Vengeance' zu bombardieren begann. Die Bilder bewegten sich schneller vor ihrem Auge, die explodierende 'Star of Vengeance', eine Kugel, die aus zwei Captains und einem Lieutenant bestand, wurde in den Weltraum gesaugt, neue Bilder blitzten stroboskopartig auf, verschwanden wieder, dann ein lautes Poltern ...

Der leere Cafbecher hatte unschöne Bekanntschaft mit dem Boden gemacht, als Lienas langsam den Kopf vom Schreibtisch erhob. Einige leere Dosen mit irgendeinem Energydrink lagen in Griffreichweite, das Büro roch irgendwie abgestanden. Blinzelnd schob sie sich in die Senkrechte und tastete ihre Wange entlang, auf der sie den Abdruck der Dinge auf ihrer Tischplatte fühlen konnte. Wie lange hatten sie am Abend zuvor gemacht? Der Morgen hatte schon gedämmert, soviel wusste sie noch. Ihr Kopf schmerzte von der langen Recherchearbeit, die sie mit ihrem Vorgesetzten gemeinsam geleistet hatte.
Eigentlich hatte der Abend zuvor harmlos begonnen - mit einer Nachbesprechung der Ereignisse der letzten Zeit, bei der sie ihm auch sein Verhalten beim letzten Einsatz vor Augen geführt hatte. Er schein es nach wie vor nicht zu verstehen, dass es auch auf sein Leben ankam. Dass man es nicht unnötig riskieren musste. Dass man sich zudem nicht wie ein Eisklotz aufführen musste, wenn einen Dinge störten. Gesellschaftliche Normen!
Aber bevor sie diese Thematik hatten vertiefen können, war der Holoanruf seiner Frau von Alderaan gekommen - die schwangere Sith hatte erschreckendes zu berichten, über den anscheinend wahnsinnig gewordenen Darth Aroval, der sich eine Billion Credits ergaunert hatte und nun versuchte, die Galaxis in Brand zu setzen. Beginnend auf Alderaan. Und sie hatten getan, was imperiale Offiziere zu tun hatten - Hypothesen erörtert. Versucht, Ansatzpunkte zu finden, versucht, in alle möglichen Richtungen zu denken. Mit einer Billion Credits konnte man eine Menge Unsinn anstellen.

Seufzend rappelte sie sich auf und schüttelte die verschiedenen Dosen prüfend. In einer waren tatsächlich noch ein paar Schluck der eklig-süßen Flüssigkeit, inzwischen total abgestanden - aber sie zwang sich das Zeug herunter. Früher hatte sie viel schlimmeres getrunken, wenn es nötig war. Für einige Momente lang wünschte sie sich in den Kolto-Tank zurück. Reyes hatte es gut, der schwebte schon seit einigen Tagen darin und konnte sich gründlich erholen.
Täglich ging sie dort vorbei und las ihm etwas vor, um ihn ein wenig abzulenken. Im Tank war es die meiste Zeit langweilig, und sie wusste, dass Kontakt mit der Umgebung helfen konnte, dass man zu sich zurück fand. Sie nahm sich auch genug Raum, um Captain Thrace regelmäßig zu besuchen und sich zu vergewissern, dass er nicht zu viele Akten bearbeitete.
Bis auf den einen Tag, an dem sie selbst im Tank gelandet war. Nach der tödlich langweiligen Truppenunterhaltung durch einen absolut unlustigen Comedian und eine Tänzerin, die zwar Rhythmusgefühl besaß, aber in etwa so viel Erotik ausstrahlte wie eine Schale Brei aus der Truppenküche, war der Abend unerwartet viel spannender geworden.
Der Comedian hatte sich als Jedi-Infiltrator entpuppt, der versucht hatte, über einen Techniker des Stützpunktes an die Systeme zu kommen - bei der wegen der terroristischen Akte auf Jaguada deutlich angehobenen Alarmstufe auf dem Stützpunkt keine gute Idee. Natürlich war er verhaftet worden, und die Sith hatten sich seiner und der Tänzerin angenommen.

Am Tag darauf hatten der Captain und Lienas prompt einen ordentlichen Anschiss von Lord Disicio erhalten, der sichtlich ungehalten nach dem gefangenen SID-Agenten fragte, der nach wie vor auf der 'Arch of Tears' gelagert wurde und bereits vor Wochen verhört worden war. Anscheinend war dieser Istariel Solius der Grund für den Besuch des Jedi gewesen. Eine Verbindung, die sich erst nachträglich überhaupt ergeben hatte, schließlich war Solius niemals auf Jaguada angeliefert worden und offensichtliche Verbindungen zu den Jedi waren zuvor nicht klar gewesen.
Nach dem Anschiss hatten sie sich gen der Arrestzellen begeben, um die Tänzerin für den Abtransport vorzubereiten - genau zu diesem Augenblick hatte wohl der Jedi auszubrechen versucht. Ein verwirrter, angsterfüllter Soldat mit einer scharfen, ungesicherten Granate am Gürtel war den beiden Offizieren entgegen gerannt, Lienas hatte instinktiv gehandelt und ihren Vorgesetzten gekonnt zur Seite getackelt.
Die Landung auf dem Boden hatte allerdings ihre noch vom letzten Einsatz angeknacksten Rippen gebrochen, und dieses Mal war Dr. Va'Tharr hart geblieben. Mehrere Stunden Tank richteten dann auch die gebrochene Nase - wenigstens war dieses kosmetische Problem damit auch gelöst worden. Man musste wohl in allen unschönen Ereignissen auch das Gute sehen. Keine zwei bis drei Wochen mit ständigem Schmerz an den Rippen war die paar Stunden schwimmen in Koltosuppe definitiv wert.

Seufzend strubbelte sich die Offizierin durch das kurze, blonde Haar und kämmte es wieder zurecht - für einen solchen Fall hatte sie immer einen kleinen Kamm in der Innentasche ihrer Uniformjacke. Dennoch würde sie jetzt erstmal eine Dusche brauchen, bevor sie in Richtung Dienst gehen konnte. Und ein Frühstück mit mindestens zwei Sandwiches und einem sehr, sehr großen Caf, um den Geschmack nach abgestandenem Energydrink aus dem Mund zu bekommen. An Schlaf war angesichts der neuen Hiobsbotschaften ohnehin nicht zu denken. Es war nicht der erste Tag, den sie mit nur einer oder zwei Stunden Schlaf zuvor durchstand.
Reyes hatte es wirklich gut. Untergetaucht in ein paar Schichten dämpfendes Kolto. Einfach einige Tage gar nichts, das geschah, die Welt drehte sich weiter. Aber diesen Gefallen tat einem die Galaxis nur selten. Und der Krieg wartete ohnehin nicht ...
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptyDo Jan 22, 2015 3:07 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment

Der perfekte Moment: Nachwehen

Sie mochte den Moment, in dem ihr Körper schmerzte, die Muskeln zu zittern begannen, weil sie den Moment erreicht hatte, in dem sie die Grenze ihrer Kräfte erkannte. Es hieß auch, dass sie für diesen Tag genug trainiert hatte, das wohlige Summen ihres aufgeheizten Körpers genießen konnte, während sie sich entspannte. Momentan durften die Soldaten zwar wegen des allgemeinen Alarmzustandes nicht ausserhalb des Forts alleine unterwegs sein, aber genug Runden im Areal des Forts selbst erreichten denselben Zweck.
Gemächlich lehnte sich Lieutenant Lienas van Arden an einen Felsen in der Nähe, fühlte den kalten Stein durch das Trainingssweatshirt an ihrem Rücken und ließ den Atem kontrolliert durch ihre Lunge strömen. Die kalte Luft schmeckte hart im Inneren ihres Leibes, aber auch diese Kälte begrüßte sie. Es waren Augenblicke der Klarheit, die sie sich so verschaffte, wenn die Geschwindigkeit der Welt um sie herum sich verlangsamte und sich ihre Gedanken auf die wichtigen Dinge fokussieren konnten.

Inzwischen lag der Einsatz gegen die KI zwei Wochen zurück, aber das dumpfe Gefühl, dass all das noch längst nicht vorüber war. Jene Logaufzeichnung, welche die zurückgelassenen Beobachtungsdrohnen aufgefangen und weitergegeben hatten, sprach von insgesamt fünf Fragmenten, von denen sie genau eines in Form der KI gefunden hatten. Colonel Keeler, von der die Aufzeichnung stammte, hatte Wichtiges bei ihrem Verhör verschwiegen - und ließ die Offiziere mit dem unangenehmen Wissen zurück, dass im Dunkel weitaus mehr lauerte, als sie jemals sehen wollten.
Auch Captain Stryder-Garrde war von dieser Entwicklung wenig begeistert. Sie würden herausfinden müssen, von welchem Mond Keeler bei ihrer Aufzeichnung gesprochen hatte. Dort sollten die Artefakte gelagert sein, von denen eines zu der Katastrophe mit der KI geführt hatte. Noch musste Lienas strikte Geheimhaltung wahren, nur Colonel Sordan sollte von dieser reizenden Aussicht erfahren - einen wirklichen Plan hatte jedoch auch der Captain nicht. Wie sprengte man einen Mond? Waren die Artefakte überhaupt noch dort? Würde man sie bergen können, ohne sich in Gefahr zu bringen, von diesen absorbiert zu werden? Was, wenn sie noch schlimmere Fähigkeiten besaßen als jenes, welches die KI beherbergt hatte? Konnte man diese Artefakte irgendwie zerstören? Oder hatte sie längst irgendwer aufgeklaubt? Zu viele offene Fragen, und kaum Antworten. Es schmeckte ihr ganz und gar nicht, aber dies war eines der Probleme, das warten musste.

Wenigstens hatte sich das Date nicht zu einem Problem entwickelt - jenes Date, für das sie vor mehr als vier Monaten über zehntausend Credits hingelegt hatte und nun, nachdem akute Gefahren endlich beseitigt waren und weder sie noch Captain Thrace wegen einer Verletzung ausfielen, hatte stattfinden dürfen.
Lienas hatte lange darüber nachgedacht, was ihm wohl gefallen könnte, wenn er sie schon auf ein sehr klassisches Date ausführte. So vermutete sie einen konservativen Geschmack und hatte sich deswegen bei einem Designer ein passendes Kleid ausgeliehen - allein die Miete für dieses Kleid kostete schon mehr, als andere für ihre Abendgarderobe ausgaben, aber es war die Sache wert gewesen.
Ein Traum in gebrochenem Weiß, der sich eng an den Körper schmiegte und eine sanfte Hülle bot, welche ihre Vorzüge höchst angenehm betonte. Schulterfrei, ein Stück, zu dem man lange Handschuhe trug, mit einem sehr langen Rock und einer dezenten Schleppe, die vom Knie an bis zum Boden mit glitzernden Applikationen besetzt war und bei jeder Bewegung wirkten, als schritte man durch spritzende Gischt an einem Strand. Dem Captain hatte zwar nicht der Mund offen gestanden, aber seine Reaktion war nahe daran gewesen - sie hatte richtig gewählt. Was machte es schon, dass sie bei fast jedem Schritt das Gefühl hatte, über den Saum stolpern zu müssen oder es sich beim Essen unwiederbringlich zu beflecken?

Eigentlich waren solche Dates nicht ihr Ding. Gemeinsam essen, ein Tanz, ein wenig flanieren - das waren Sachen, die sie für gewöhnlich langweilten, wenn sie es irgendwie durchstehen musste. Aber an diesem Abend war die Zeit wie im Flug vergangen. Alle seine Befürchtungen, sie könnte mit seinen Tanzkünsten nicht zufrieden sein, waren unnötig. Sicher, es gab bessere Tänzer als den Captain, er dachte einfach viel zu viel an seine Füße und ließ zu wenig innerlich los, aber er hatte sich sehr bemüht und sie sicher über die Tanzfläche geführt. Nach einer Weile hatte er seine Füße vergessen und sich der Musik überlassen, ganz wie es sein sollte. Dazu ein ausgezeichnetes Essen und ein noch besseres Gespräch, das sich nicht mit Nichtigkeiten aufgehalten hatte.
Vielleicht war es gerade wegen des Kontrastes zu den letzten, ziemlich aufreibenden Wochen so angenehm gewesen. Sie hatten an diesem Abend nicht einmal den üblichen Whisky getrunken, sondern Wein, wie ein normales, gesellschaftstaugliches Paar. Eben ein in seiner Galauniform überaus schmuck aussehender Offizier und seine Dame. Hätte irgendwer auf dem Stützpunkt Lienas in diesem Kleid gesehen, hätte er wohl vermutet, es handle sich um eine optische Täuschung. Oder um einen sehr verrückten Traum. Und es hatte ihr seltsamerweise Spaß gemacht, sich nach allen Regeln der Kunst aufzutakeln, inclusive den dezenten, ebenso geliehenen Brilliantohrsteckern. War diese Seite von ihr eine reine Verkleidung, oder gab es doch einen Teil von ihr, der an solchem Gefallen fand?
Ein paar Stunden abtauchen in eine andere Art Leben. In eine andere Wirklichkeit, in der Krieg und Tod für einige Momente lang schwiegen. Vielleicht war es das, was Lieutenant Hawkwood stets zu finden versuchte - eine andere Realität, in der das Leben nicht so ernst sein würde. Es war dem Captain gelungen, ihr einen einzigartigen Abend zu bereiten. Einer jener Abende, von denen man in dunkleren Stunden zehren konnte.

Lienas seufzte wehmütig und strich sich mit einer Hand das kurze Haar zurück, stieß sich von dem Felsen ab und atmete tief durch. Ihre Glieder fühlten sich angenehm warm an, und sie lief geschmeidig die große Paradestraße entlang. Noch eine Runde, bevor es wieder zurück an den Schreibtisch gehen würde, der auf sie wie ein verschmähter, aber noch immer penetranter Liebhaber wartete. Geduldig, mit dem bitteren Wissen, dass sie sich ihm würde widmen müssen, auch wenn ihre Lust darauf nicht allzu groß war.
Und es gab ja auch noch einiges zu organisieren. Dass sich Captain Stryder-Garrde tatsächlich dazu bereit erklärt hatte, Haus Elentaar mit überschüssigen Gütern des Sturmregiments zu unterstützen, war für Lienas noch immer überraschend genug. Nach den verhängnisvollen Anschlägen auf die Hauptstadt der Cenan-Provinz auf Alderaan hatten tausende Bürger ihr Heil in der Flucht gesucht und waren in die angrenzenden Provinzen geströmt.

Und da eine der beiden Provinzen, die von den Flüchtlingen als sicheres Ziel auserkoren worden waren, die Heimatprovinz von Haus Elentaar war, erstickte jenes gerade in der Notwendigkeit, zu viele zusätzliche Mäuler stopfen und diese Menschen unterbringen zu müssen, dem harschen Winter im Norden Alderaans zum Trotz. Sicher wurden von einigen anderen alderaanischen Aldeshäusern Hilfsgüter geschickt, doch mehr davon war immer eine gute Sache. Zudem würde es dem Imperium sicherlich einige positive Punkte bringen, wenn man mit einem humanitären Einsatz verknüpft wurde.
Also hatte sie den vorherigen Abend gemeinsam mit Stryder-Garrde Inventarlisten gewälzt und überlegt, was von den zur Ausmusterung vorgesehenen Dingen den Flüchtlingen zugute kommen konnte. Dazu reichlich viele Überlegungen zur aktuellen Lage auf Alderaan, die sich durch die Angriffe auf Cenan verschärft hatte - es roch nach weiterem Ärger. Wenn wirklich ein abtrünniger Darth mit Gottkomplex für diese Kämpfe verantwortlich war, standen ihnen sicherlich noch mehr Probleme ins Haus. Glücklicherweise hatte sich auch die 181. angeschlossen und stellte Thermozelte und die Einrichtung für ein Notlazarett leihweise zur Verfügung - Captain Thrace war wenig begeistert gewesen, hatte sich aber breitschlagen lassen. Fehlte nur noch Colonel Sordan. Vielleicht hatte auch die 193. ein paar Dinge übrig, die nutzbringend verwenden lassen würden.

Dieses Herumsitzen tötet irgendwie den den Geist... schlimmer als ein Granatfeuer. Es erging Stryder-Garrde offensichtlich ähnlich wie Lienas, eine gewisse innere Rastlosigkeit blieb trotz einer hohen Arbeitsbelastung mit den beiden F - Formalia und Flimsikram. Wer einmal das Leben eines Agenten geführt hatte, auf dem stetig schmalen Grad zwischen Tod und Gefahr, ging entweder darin unter oder überlebte und wurde davon für immer geprägt. Also suchte man sich Ablenkung, eine Aufgabe, eine neue Herausforderung.
Herausforderungen wie den Tandemflug mit einem Erkundungs-Drachen, den sie PFC Jiros gegönnt hatte, um zu erkunden, ob er auch in der Luft noch starke Nerven behielt. Gehofft hatte sie ja, dass es ihm gefallen würde. Gefürchtet, dass er ihr in den Nacken kotzen würde, weil er als Passagier über ihr in das Gurtzeug geschnall gewesen war. Sein lautes Jubeln, als sie nach dem Rampenstart in die Luft katapultiert worden waren und die Tragflächen sie im blauen Himmel Jaguadas behalten hatte, sprach eine deutliche Sprache. Er hatte Feuer fürs Fliegen gefangen, und sie war bei einem stillen Lächeln geblieben. Wenn seine Ausbildung endete, würde er zumindest auf einige aussergewöhnliche Ereignisse zurückblicken können und hätte vieles kennengelernt. Nicht die wirkliche Gefahr eines Agentenlebens gekostet, aber doch einen Hauch davon greifen dürfen. Ob sie wohl Staff Sergeant Limsharn dazu überreden könnte, Jiros auf einen Orbitalsprung mitzunehmen?

Vielleicht auch deswegen Alderaan. Weil es dort genug Abwechslung gab, selbst wenn sie die meiste Zeit über anstrengend und belastend war. Und doch, es war Abwechslung. Ihre Gedanken schweiften zu jenem kleinen Dörfchen im Gebirge der Taar-Provinz, das ihr der Count als Lehen überlassen hatte. Als Vormund ihres Neffen stand ihr eine Apanage zu - die Bedeutung dieses Wortes hatte sie erst in einem Adelshandbuch nachschlagen müssen - und diese bestand aus einem leihweise überantworteten Lehen: Das Dorf Tural nahe einer Edelsteinmine.
Schneebedeckte Gipfel in der Nähe, Gebirgswiesen und viel klare, kalte Luft. Seltsamerweise gefiel ihr der Gedanke an dieses wilde, ungezähmte Land. Die harsche Witterung, die einem nichts schenkte. Irgendwann, in einem anderen Leben, würde sie dort vielleicht Urlaub machen. Und wieder so tun, als gäbe es keinen Krieg und keine durchgedrehten Darths, welche die Welt brennen sehen wollten...
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BeitragThema: Re: Der perfekte Moment   Der perfekte Moment EmptySa Jan 31, 2015 6:10 pm

Der perfekte Moment Der_perfekte_moment

Der perfekte Moment: Erstens kommt es anders

Die Faust von Count Orcin Elentaar knallte mit voller Wucht auf den Tisch herunter und ließ das Holobild der schlanken Frau in Uniform, die dem Gespräch zwischen ihm und seinem Erben aus der Ferne begleitete, einige Male nervös flackern.
"Du weisst doch, dass wir uns keine wirkliche Streitmacht mehr leisten können - warum also drängst Du immer und immer wieder darauf, dass wir Söldner anheuern?" Schnaubend betrachtete der alderaanische Adelige seinen einzigen Sohn, der die stolze Haltung seines Vaters unbewusst kopierte. Mit verschränkten Armen stand Baron Ontaris neben dem Holoprojektor und starrte seinen Vater nicht minder aufgebracht an.
"Weil dieser Brief nur eines bedeuten kann: Dass dieser Darth demnächst mit seinen Truppen vor unserer Tür stehen wird. Bist Du zu blind, um das zu erkennen, oder willst Du es in Deinem verdammten Adelsdünkel nicht sehen?"
"Dass er sich mit einer so brisanten Nachricht bei uns meldet, kann doch auch bedeuten, dass er versucht, Haus Andayen eine Schlappe beizubringen - und mit Andayen verbindet uns nicht viel, das weisst Du. Als wir unter den Angriffen der Kiliks leiden mussten, waren es Haus Thul und seine Verbündeten, die uns zu Hilfe kamen, nicht Organa und Andayen in Organas Windschatten." Orcin starrte lange auf die beiden Briefe herab, welche vor ihm auf der Tischplatte lagen. Dass sich der Darth, den Sheysa Garrde für die Angriffe auf die Heros-Provinz verantwortlich machte, bei Haus Elentaar meldete und eine hochbrisante Information weitergab, war sehr ungewöhnlich.

"Egal, ob es nun der Wahrheit entspricht, dass Haus Andayen versucht, auf Kosten Eures Hauses sein Gebiet zu erweitern, indem es den Darth und seine Truppen zu euch schickt - es dürfte doch klar sein, dass er damit Unfrieden stiftet. Und Euch so oder so Ärger bevorsteht, egal ob nun von Andayen oder dem Darth. Euer Haus hat kaum Truppen, ein echtes Flüchtlingsproblem und besitzt reiche Edelsteinminen. Das ist eine Einladung, meine Herren." Die kühle Stimme aus der Ferne ließ die beiden alderaanischen Adeligen zur Besinnung kommen, beider Blick richtete sich auf die Hologestalt in imperialer Uniform.
"Wir können nicht gegen eine Streitmacht bestehen, und genau deswegen will ich Söldner anwerben. Sie sollen ja nicht ewig für uns arbeiten," sagte Ontaris schnell und rief an einem Holoschirm neben dem Tisch eine Datentabelle auf. "Sondern nur in diesem Moment zeigen, dass wir uns wehren werden, dass wir niemandem wie eine reife Frucht in den Schoß fallen."
"Und wir riskieren dabei die Leben aller, die sich zu uns geflüchtet haben - und aller anderen, die uns seit Jahren treu sind," gab der Count düster zu bedenken. "Je mehr wir uns wehren werden, desto blutiger wird ein Krieg sein. Noch sind die Bürger einigermaßen sicher, auch wenn sie es nicht bequem haben. Wir sind für sie verantwortlich, Ontaris."

"Diese Flüchtlinge sind nicht unsere Bürger, Vater. Wir können uns nicht um jeden kümmern, der -"
"Genug! Wo ist der Sohn geblieben, der mich einmal stolz gemacht hat? Irgendwann wirst Du mich beerben, und dann wirst Du Entscheidungen wie diese treffen, für Menschen, die auf Dich vertrauen!"
Wieder starrten sich Vater und Sohn an, wieder kehrte unangenehme Stille ein, die sich wie eine eisige Decke auf die beiden Männer absenkte. Ein unangenehm schrilles Twiepsignal durchschnitt die Stille des elentaar'schen Holo-Konferenzraumes und die imperiale Offizierin blickte auf ihren Handcomp.
"Entschuldigen Sie mich. Ich habe nun einen dienstlichen Termin, dem ich mich widmen muss." Es gab noch einige Abschiedsworte, sehr höfliche Abschiedsworte, jedoch war klar, dass die beiden Männer sofort weiter streiten würden, wenn sich Lienas van Arden aus dem Gespräch ausgeklinkt hatte. Sie konnte und wollte daran auch nicht viel ändern, sondern trat von ihrem Hologerät zurück und deaktivierte es mit einem Seufzen.
Für sie hatten sich die beiden Briefe vor allem auf eine einzige Art und Weise gelesen: Als die höfliche Vorankündigung eines baldigen Angriffs. Würde sie sich täuschen, hätte Elentaar nichts verloren, aber sie glaubte nicht daran. Wenigstens war für den weiteren Verbleib der brisanten Briefe gesorgt, und sie musste sich auch nicht darum kümmern, was man dem Darth antwortete. Sie hatte beiden Adeligen ihre Empfehlungen genannt, handeln mussten der Count und sein Sohn selbst. Wenigstens war ihr Neffe in Sicherheit - die imperiale Hauptwelt anzugreifen würde sich der Darth nicht wagen; dennoch konnte es nicht schaden, sich um etwas mehr Sicherheit für Olvan zu kümmern. Hätte sie vor einigen Wochen geahnt, was ihr bevorstand, hätte sie abgelehnt. Vermutlich.

Wieder seufzend ließ sie sich auf dem Sofa in ihrem Büro nieder und streckte die Beine aus. Nicht, dass jetzt ein dringender Termin gewartet hätte. Es war nicht das erste unerfreuliche Gespräch mit dem Count und dem Baron gewesen, und sie hatte sich das piepsende Com als Sicherheitsnetz gegen akute Anfälle von Ungeduld mit den beiden Adeligen eingerichtet. Es half schließlich nichts, ihre angeheiratete Verwandtschaft anzubrüllen, selbst wenn sie es noch so sehr verdient hatte. An Gesprächen wie dem vorangegangenen merkte man, dass beide keine Soldaten waren, egal wie sehr sich Ontaris sich mit maskulinem Militarismus umgab.
Überhaupt waren die letzten Tage voller unschöner Nachrichten gewesen, ganz abseits von der Krise auf Alderaan. Es hatte harmlos begonnen, mit einem Streit zwischen ihr und Master Sergeant Blex nach dem letzten Gefechtstraining. Trotz des erfreulichen Verlaufes - Master Sergeant Kreldo hatte alles sehr gut organisiert und die Soldaten nach allen Regeln der Kunst gescheucht und getriezt - hatte sich im Gespräch zwischen Lienas, Captain Thrace und Blex danach offenbart, dass Blex der Ansicht war, die Unteroffiziere hätten in den letzten Monaten zu wenig Gelegenheit gehabt, im Einsatz ihre Arbeit zu machen.

Als ob es sich die Offiziere ausgesucht hätten, welche Funktion sie in der Angelegenheit um die wildgewordene KI hätten übernehmen wollen. Als ob sich irgendwer irgend etwas hatte aussuchen können. Blex war irgendwann schnaubend gegangen, während der Captain ob der gekippten Stimmung verwirrt gewesen war. Eine Sache, die sie wohl noch in Ordnung würde bringen müssen, bevor die nächsten Trainings anstanden. Sie war zu wütend allgemein auf die ganze Situation, und das machte ihr eine nichtemotionale Reaktion ungemein schwer. Wenigstens hatte Colonel Sordan alle Neuigkeiten der letzten Zeit ruhig aufgenommen, aber der alte Offizier hatte genug Erfahrung, die Dinge einfach auf sich zukommen zu lassen. Er beschäftigte sich mit einem Problem erst, wenn es direkt anstand - vermutlich die beste Idee, mit all diesen unschönen Entwickluingen klarzukommen. Wenn es ihr doch nur bei Sergeant Morrison auch gelingen würde, entspannt zu bleiben.
Aber sie schaffte es nicht. Der bevorstehende Abschied durch den Wunsch nach Versetzung des Sergeants schmerzte. Sie hatte sich bemüht, einen Führungslehrgang für Morrison bei Captain Stryder-Garrde durchzusetzen, hatte sowohl Staff Sergeant Limsharn als auch Master Sergeant Blex als praktische Unterstützer gewinnen wollen, und nun war alles umsonst. Morrison hatte sich dafür entschieden, ihre Karriere abseits des Regiments fortzusetzen und wollte künftig ausbilden. Nicht, dass sie diese Entscheidung nicht verstanden hätte. Lienas verstand diese Entscheidung sogar sehr gut. Das änderte jedoch nichts daran, dass Morrison eine Lücke reißen würde, mit ihrer stillen, freundlichen und loyalen Art. Sie würde fehlen. Und noch immer lag das Pad mit dem Versetzungswunsch wie ein dicker Klotz auf Lienas' Schreibtisch.

Seufzend berührte Lienas mit der behandschuhten Linken ihre Stirn und versuchte die Gedanken zu vertreiben, die sich seit dem Gespräch mit Dr. Crawford immerzu aufdrängten. Er hatte eine ganze Weile auf Kaas geforscht, sodass dem Regen-Date kein weiteres gefolgt war. Man hatte sich etwas aus den Augen verloren, doch als er plötzlich im Fort vor ihr gestanden hatte, mit demselben charmanten Lächeln und denselben lockeren Sprüchen auf den Lippen, schien es, als wären die Monate nur wenige Tage gewesen.
Sie hatte sich gefreut, ihn wiederzusehen, sie hatten sich über Vergangenes ausgetauscht - doch dann hatte sie etwas entdeckt, was er zu verstecken versuchte: Das Zittern einer Hand. Eine Frage führte zum anderen, und schlussendlich musste er zugeben, dass seine Zeit ablief, schneller und dramatischer, als man es bei einem normalen Soldaten vermuten konnte. Es war schon eine bittere Ironie des Schicksals, als Arzt schwer krank zu sein. Vor allem so krank zu sein, dass es vermutlich nicht durch einen Eingriff gerichtet werden konnte. In diesen Momenten hatte sie bemerkt, dass sie ihn mochte, auch wenn sie sich bislang nicht wirklich kennengelernt hatten.

Du lässt Dich nieder, sagte sie sich erneut und lehnte den Kopf gegen die Lehne des Sofas, die Augen schließend. Und doch ... manchmal musste man Bindungen eingehen, um zu wissen, wofür man kämpfte, um den Wert dessen bemessen zu können, was verloren gehen würde, wenn man nichts tat.
Wie immer war es Captain Thrace gewesen, dessen Worte sie zur Ruhe gebracht hatten. Wie auch immer es ihm gelang, ein so gelassener Gegenpol zu sein, er war sehr gut darin. Manchmal waren ein vorbei gebrachtes Sandwich samt Gespräch das Beste für eine Zeit, in der die Gedanken einfach nur wild kreisten. Und Verständnis, das nicht nach Gründen fragte. Das stille Wissen, dass jemand sich Gedanken machte, auch wenn man nicht von selbst damit ankam. Damit würde auch vieles anderes zu überstehen sein. Loyalität. Nein, mehr als das.
Hoffentlich auch das in der kommenden Woche anstehende Gespräch mit den beiden Vertretern einer imperialen Sondereinheit, die mehr zu einer republikanischen Spezialtruppe wissen wollten, mit der sowohl das Sturmregiment als auch die 181. bereits mehrfach zu tun gehabt hatten. Hoffentlich würde es ihr gelingen, eine unbeteiligte Miene zu machen, wenn die Fragen intensiver wurden. Denn manches Wissen musste sorgsam unter Verschluss gehalten werden, wenn es sich nicht zu einer höchst toxischen Bombe entwickeln sollte. Loyalität.
Sie zog die Decke auf dem Sofa über ihre Knie und verlor sich einige Zeit lang in ihren Gedanken, versuchend, ihren Kopf von all den Möglichkeiten zu leeren, die seit Tagen darin kreisten. Es kam doch erstens immer anders, als man zweitens dachte.
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